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Madonna, ein Blonder!

Madonna, ein Blonder!

Titel: Madonna, ein Blonder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Zöller
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Büro fahren? Ich habe einen Freund in München, der morgens mit dem Rennrad zur Arbeit fährt, dort duscht und sich in den Anzug wirft.«
    Dino schaut mich lange an, dann beginnen seine Schultern zu beben, und er lacht los. » Mit dem Fahrrad ins Büro und dort duschen?«
    Er wendet sich zu den anderen Gästen am Tresen, zeigt auf mich und schüttelt den Kopf: Er sagt, ich sei » simpatico«, aber » matto«, verrückt.
    Zustimmendes Murmeln von allen Seiten für Dino und für mich verständnisloses Kopfschütteln.
    Nur Giuliano, Dinos Assistent, lacht nicht, wirkt etwas zerknirscht und winkt mich schließlich zu sich.
    » Sei nicht beleidigt«, sagt er und nickt in Richtung meines Fahrrads: » Es ist toll, dass du das machst. Ich habe kürzlich einen Film über Gandhi gesehen, einer muss anfangen. Nur dann ändert sich die Welt. Nur dann kann man etwas bewegen.« Er gibt mir einen Klaps auf die Schulter: » Wirklich, du bist großartig, eine sehr außergewöhnliche Person.«
    » Aber Giuliano, ich fahre doch nur Fahrrad.«
    Der Junge lässt sich nicht beirren: » Nein wirklich, das ist großartig.«
    Nachdem ich das » Papagallo« verlassen habe, steige ich mit einem ganz neuen Gefühl auf mein Fahrrad. Ich bin jetzt ein Superheld.
    Ich bin gerade in voller Fahrt auf dem Weg zum Auslandspresseverband, da klingelt das Telefon.
    » Pronto?«
    » Ah, hallo!«
    Mein Chefredakteur in Deutschland. Ich mache eine Vollbremsung, das Auto hinter mir bremst scharf, fährt um mich herum, und der Fahrer ruft mir ein unfreundliches » Cazzo!« nach. Als Fahrradfahrer in Rom steht man offenbar auf einer Stufe mit Tauben– man setzt voraus, dass sie schon Platz machen und wegflattern, wenn man auf sie zurast.
    » Hallo?«
    Er ist noch dran. » Na, ich wollte nur sagen: Gewöhnen Sie sich ein paar Tage ein. Montag geht’s los! 1. Juni! Hätte gern ein paar Themenvorschläge von Ihnen.«
    Heute ist Freitag, also habe ich noch ein paar Tage Zeit. Am Schluss fragt er: » Wie ist eigentlich das Wetter bei Ihnen? Sitzen Sie schon wieder in der Sonne?« Wartet er auf ein » Ja klar! Danke für den Traumjob«?
    Doch damit wollen wir erst gar nicht anfangen, dass ich der Cappuccino-Dolce-Vita-Hängematten-Dachterrassen-Korrespondent bin. » Es ist kalt und regnet«, sage ich humorlos. Dann schwinge ich mich wieder auf mein Rad und lasse mich hinunterrollen, durch die schon am Morgen schwüle Luft ins heiße Rom.
    In den folgenden Stunden arbeite ich aktiv an meinem Status des Sonderlings, denn meine Fahrradtour durch Rom findet unter großer Anteilnahme der Bevölkerung statt– in Rom Fahrrad zu fahren ist in etwa so, als ob man in Deutschland Einrad fährt oder mitten im Sommer im Clownkostüm durch die Stadt läuft.
    Und dazu noch als Blonder! Sachen gibt’s!
    Zehn Autos hupen mich an, fünfmal ruft mir jemand » Oohu!« oder auch » Oohu, biondo! « hinterher. Eine Frau feuert mich aus einem Auto heraus an: » Dai, forza«, was so viel bedeutet wie » Komm schon, streng dich an!«. Oder als würde man einen völlig entkräfteten Marathonläufer mit » Hopp, hopp, hopp« antreiben. Zweimal sehe ich einen erhobenen Daumen– das waren wohl Leute di sinistra, also Wähler linker Parteien, die Fahrradfahren wie Dino als politisches Bekenntnis werten.
    Ich bin gut zwei Stunden unterwegs: Erst über den Corso Vittorio Emanuele in die Stadt und einmal um die Piazza Venezia zum Auslandspresseverband, wo ich einen Mitgliedsantrag unterschreibe; dann die Via del Corso hoch zur Piazza del Popolo, den Tiber runter, zum Vatikan und nach Hause. Unterwegs, ich zähle mit, sehe ich ganze sieben andere Fahrradfahrer. Wer in Deutschland radelt, dem fallen andere Fahrradfahrer gar nicht auf. Mir hingegen geht es genau andersherum: Ach, schau an!, denkt man hier, wenn man eins sieht. Ein Fahrrad! Und dahinten doch tatsächlich noch eines!
    Als ich mich ziemlich geschafft die letzten Meter nach Hause kämpfe– ich wohne ja auf dem Hügel hinter dem Vatikan– kommen mir auf dem Bürgersteig meine lieben Nachbarn, Signor und Signora Lovello, entgegen. An der Leine ihr Riesendackel Bacione.
    Der Mann zeigt auf mich, sie tuscheln, die Frau nickt strahlend.
    Auch Bacione hat mich gesehen.
    Jetzt küsst er mich bestimmt gleich wieder, denke ich. Doch stattdessen flippt er aus und bellt, als wolle er mich fressen, mit Haut und Haar.
    Spinnt der Dackel jetzt komplett?
    Signora Lovello hilft ihrem Mann dabei, den Hund festzuhalten. Bacione stellt sich auf die

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