Madonna, ein Blonder!
alleine zurück.
Dieses Ciao von Elisa: Irgendwie hatte es einen so entschiedenen Klang wie das Grazie des Taxifahrers und das Prego auf dem Polizeirevier.
Auf dem Nachhauseweg fühle ich mich auf meinem Fahrrad nicht mehr wie ein Superheld, sondern wie ein komischer Kauz. Nicht allein, sondern einsam. Um mich zu berieseln, zappe ich mich zu Hause durchs italienische Abendprogramm, doch all die Spielshows oder Galas mit lachenden, tanzenden oder singenden Menschen ziehen mich eher noch weiter runter. Nur bei der Isola dei Famosi ist die Stimmung ähnlich gedrückt wie bei mir: Das Verhältnis zwischen den hoffnungsfroh turtelnden C-Pro mis Marco und Eleonora hat sich nämlich abgekühlt. » Ecco!«, sagt der Liebesexperte, der zuletzt ja prophezeit hatte, er sehe wenig Chancen für amore zwischen Marco und Eleonora, und nickt befriedigt: » Habe ich es doch gesagt.« Auch von den Zuschauern sind heute viel weniger der Meinung, dass Marco und Eleonora zusammenfinden werden.
All’attacco! Erkundungen im Viertel
Endlich der erste Samstag! Der fünfte Tag in Rom. Unter der Tür liegt der Prospekt eines Supermarkts, bei dem irisches Guinness-Bier im Angebot ist. Meine lieben Nachbarn, die Lovellos, haben mit Filzstift » Viele Grüße!« danebengeschrieben. Was wird da noch alles kommen? Werden sie mich irgendwann mit einem Frühstück aus Baked Beans und Wurst überraschen, in der Annahme, ich würde das Frühstück aus meiner vermeintlichen Heimat England vermissen?
Als ich ins » Papagallo« komme, steht ein Fremder hinter der Bar. Dann sehe ich, dass es zwar Dino ist, aber ein völlig veränderter. Mir verschlägt es die Sprache, ich starre ihn an.
Dino trägt jetzt eine Kurzhaarfrisur, wobei » Frisur« ein großes Wort ist. Die Haare sind einfach weg, abrasiert bis auf einen Millimeter. Nur ein feiner Flaum bedeckt noch die Kopfhaut. Irgendwie erinnert es mich an die Oberfläche einer Kiwi, von der Farbe einmal abgesehen. Jedenfalls ist jede Ähnlichkeit mit Sean Connery dahin. Eher sieht er jetzt aus wie der glatzköpfige New Yorker Polizist Kojak in der Siebzigerjahre-Fernsehserie Kojak – Einsatz in Manhattan .
Ich kann mein Entsetzen nur schwer kaschieren. » Was ist passiert?« Ich nicke in Richtung Haare beziehungsweise dahin, wo mal welche waren.
Dino ist bester Laune. Meinen erschrockenen Ton in der Stimme hat er wohl überhört. » Was passiert ist? Ich war beim Friseur. Gefällt’s dir nicht?«
Er dreht sich um und haut mit drei kräftigen Schlägen den Kaffeesatz aus dem Sieb, um es frisch zu füllen. » Vor allem für den Sommer sind kurze Haare praktisch. Und ich muss nur alle drei Monate zum Nachschneiden.« Wohl eher zum Rasieren, denke ich, verzichte aber auf weitere Kommentare. Dass er jetzt so sympathisch aussieht wie ein uralter Oberkommandierender der Streitkräfte in einer stalinistischen Militärdiktatur kann ich ihm ohnehin nicht gut sagen.
Jedenfalls nehme ich mir vor, nie in Rom zum Friseur zu gehen.
Ganz bestimmt nicht.
Ein paar Minuten später ist mein Vorsatz schon hinfällig. Als ich mich nach Cappuccino und Tramezzino auf den Heimweg mache, rast ein Moped mit dem Motorengeräusch eines Panzers an mir vorbei– es sind die Jungs mit dem zweckfreien » Helm« vom ersten Tag. Wieder winken sie mir und rufen: » Oohu, biondo! «
Vielleicht sollte ich doch mal zum Friseur. Ich mache kehrt und gehe zu Dino zurück.
» Wie heißt denn dein Friseur«, frage ich vorsichtig. Ich will zwar keine Kiwifrisur, aber mein gelocktes Sommerblond muss weg.
» Geh zu Toni oben in der Straße«, rät Dino, » er ist der beste in ganz Rom.«
Ja, ganz bestimmt, Dino.
Doch Dino beharrt darauf und trägt mir auf, Toni von ihm zu grüßen, dann bekäme ich einen sconto, einen Preisnachlass. » Geht ganz automatisch in Rom!« Man müsse nur mit den Leuten reden, zum Beispiel über die Kinder oder Fußball, ein paar Scherze machen, schon sei ein persönliches Verhältnis da, und den Rabatt habe man in der Tasche.
Und falls ich trotzdem keinen bekomme, will ich wissen. Dann soll ich einfach nach einem piccolo sconto fragen.Alles kein Problem, meint Dino.
» Probier’s mal aus.«
Na gut, einkaufen muss ich ohnehin.
Als Erstes gehe ich zum Supermarkt um die Ecke, der » PAM « heißt, aber wegen des fehlenden Vokals » Pam-e« genannt wird. Drinnen läuft auf voller Lautstärke ein Radiosender, der den Zuhörern in zahlreichen Jingles eintrichtert, » Roma Radio« zu heißen: Ein Fanradio des
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