Madonna, ein Blonder!
Hinterbeine und droht mir mit den Vorderpfoten. Hätte ich gar nicht gedacht, dass er auch so was draufhat.
Das sieht nicht nach einem neuerlichen Kussversuch aus. Ich gleite auf den Gepäckträger des Fahrrads, heb e de monstrativ das Vorderrad hoch und ducke mich weg.
Bacione langt mit einer Pfote nach meinem Vorderra d. E s dreht sich. Die Bewegung macht ihn noch aggressiver.
Meine Nachbarn halten den Hund fest, während ich wie verrückt klingle und, immer noch mit erhobenem Vorderrad, etwas zurückweiche. Signor Lovello zerrt Bacione auf die Straße, seine Frau redet beruhigend auf ihn ein. Sicherheitshalber umklammern sie aber den Hund mit beiden Händen.
Endlich kommen wir dazu, einander überhaupt buona sera zu wünschen. Was denn mit dem Hund los sei, frage ich erstaunt.
Die Lovellos drucksen herum. » Eeeh!« Signor Lovello ringt nach Worten. » Eeeh, Bacione hat noch nie ein Fahrrad gesehen! Eeeh!«
Bacione hat noch nie ein Fahhrad gesehen?
Ich denke an die Hunde in meinem Münchner Stadtviertel, die zum Teil von ihren Herrchen in Fahrradkörben transportiert werden.
» Wie alt ist denn der Hund?«
» Drei Jahre«, sagt Signora Lovello. Und auf meinen Blick hin: » Eeeh, Fahrräder sind in Rom ja nicht gerade etwas Alltägliches.«
Da hat sie zweifellos recht.
Nach zwei Stunden Entspannung auf der eigentlich ungeeigneten harten Couch wird es mir langweilig, und ich beschließe, mich noch einmal aufs Fahrrad zu setzen und zu einem Kino zu fahren, das ich auf meiner morgendlichen Tour entdeckt habe und in dem ein Film läuft, der in der ganzen Stadt vollmundig als » romantisches Highlight des Jahres« beworben wird. Sein Titel ist entsprechend: Scusa, ma ti voglio sposare (Entschuldige, ich will dich heiraten). Vielleicht eher ein Frauen- und Pärchenfilm, aber so wie ich mir die Isola dei Famosi zugemutet habe, um auch diese Seite Italiens kennenzulernen, so muss ich auch die italienischen Kinostars kennenlernen.
Ich komme ganz gemütlich zur angegebenen Zeit in den Kinosaal– natürlich als einziger Blonder– und richte mich auf mindestens eine halbe Stunde gute Unterhaltung durch italienische Werbung ein. Nichts, keine Kinowerbung. Schade, denn eigentlich mag ich die, und so vergebe ich einen Minuspunkt. Und einen zweiten dafür, dass der Saal einen Mittelgang hat– da, wo normalerweise die besten Plätze sind. Spinnen die Römer?
Wie auch immer, der Film beginnt. Es wird gestritten, geküsst, geliebt, gestritten, geküsst, geliebt, dann ist plötzlich Ende, obwohl es noch kein Happy End gab. Die Leinwand wird schwarz. Es erscheint ein weißer, leicht flimmernder Schriftzug Intervallo!, und von der Seite betritt eine Eisverkäuferin den Saal.
Pause? Im Kino?
Ich frage meinen Sitznachbarn: » Ist das immer so? Pause?«
Er hebt das Kinn, schaut mich verdutzt an, und macht » Eeeh, certo .« Na klar!
Jetzt bin ich mir sicher: Ja, die Römer spinnen wirklich. Obwohl es technisch nicht mehr nötig ist, gibt es in italienischen Kinos, egal wie lang der Film ist, immer noch eine Pause.
Nach dem Eisintermezzound weiteren 45 Minuten hat der Film seinen Titel gerechtfertigt: Das hübsche junge Pärchen ist nach allerlei Knutscherei und Drama endlich glücklich verheiratet.
Die Zuschauer drängen nach draußen, von hinten höre ich ein » Martin!«. Kann ich damit gemeint sein?
Ich drehe mich um. Es ist Elisa! Das ist ja mal eine Überraschung. Sie sieht entzückend aus, trägt ein schwarzes Oberteil mit goldenen griechischen Schriftzeichen, die dicken schwarzen Haare sind zu einem kessen Pferdeschwanz gebunden.
Elisa ist mit zwei Freunden da. » Das ist Martin, wie man sieht«, sie deutet auf meine Haare, » ein Deutscher. Das sind Mirco und Sarah.« Wir geben uns die Hand. Elisa schaut sich suchend um.
Ich folge ihrem Blick. » Was ist?« Die schiebende Masse drückt uns weiter Richtung Ausgang.
Elisa sieht mich fragend an. » Du warst… alleine im Kino?«
Ich nicke. Gerade als ich ihr erklären will, dass es Dinge gibt, die in der einen Kultur befremdlich wirken, obwohl sie in einer anderen völlig normal sind– wie etwa das bei den Ureinwohnern Neuseelands übliche Nasereiben–, und dass es überdies ganz schön sei, alleine im Kino zu sein, da klingelt Elisas Handy.
Sie geht ran, winkt mir zu und formt mit den Lippen ein Ciao. Draußen vor dem Kino wendet sie sich telefonierend und gestikulierend nach links, Mirco und Sarah, die hinter ihr hergehen, folgen ihr, und ich bleibe
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