Madonna, ein Blonder!
selbst«, gibt Dino patzig zurück.
Jetzt zieht Lara einen engeren Kreis, kratzt schließlich die Erde auf.
» Was gefunden?«, fragt Dino. » Was gefunden?«
Lara kratzt wieder, setzt sich hin und bellt einmal. Woraufhin Dino eine schmale Schaufel in den Boden sticht und die Erde aushebt. Ich spähe über seinen Rücken hinweg, sehe, wie er das Erdreich vorsichtig untersucht, daran riecht, die Probe beiseitelegt. Er sticht noch einmal mit der spitzen Schaufel in den Boden, riecht und betastet.
» Ecco!« Er richtet sich auf, dreht sich zu mir und lässt einen daumennagelgroßen Minitrüffel in meine Hand fallen. Ein erdiger, unverkennbarer Geruch steigt davon auf.
Lara bekommt zur Belohnung einen Hundekeks– ich darf ihn ihr geben, und sie schleckt ihn mir aus der Hand.
Allmählich gefällt mir unsere verschworene Männergemeinschaft. So ähnlich müssen sich die alten Goldgräber gefühlt haben. Wie im Rausch.
Wir sind schon lange hinter Lara hergelaufen, als Dino eine Pause ankündigt. Die Hündin dürfe nicht überanstrengt werden, vor allem ihre Nase nicht.
Pause klingt gut.
Wir setzen uns auf einen umgestürzten Baumstamm, Dino öffnet seinen olivgrünen Rucksack, nimmt eine duftende Salami heraus, einen harten Käse mit schwarzer Rinde, eine Flasche Wein, ein Viertel von einem Brotlaib. Vor uns liegen die Berge der Abruzzen. Ich bin glücklich. Es ist früher Nachmittag, ich bin leicht angetrunken und unglaublich stolz. Als wir Stunden später, nach fünf weiteren Trüffeln, zwei davon groß wie Tischtennisbälle, wieder nach Angolorotondo zurückkehren, fahren wir von der falschen Seite ins Dorf, um unsere Spuren zu verwischen. Niemand darf schließlich wissen, wo wir so erfolgreich Trüffel gesucht haben.
» Eh certo« , na sicher, sage ich. Die Geheimnistuerei in Trüffelsuchkreisen ist mir schon in Fleisch und Blut übergegangen.
Als wir das gemauerte, uralte Ferienhaus der Bianchis betreten, legt Elisa in der Küche gerade duftenden Teig in eine Nudelmaschine ein, und noch mehrere flache Lappen Teig liegen bereit. Elisas Mutter Susanna kurbelt an der Maschine, unten kommen Tagliatelle raus– breit wie ein schmaler Finger, aber sehr dünn.
Susanna und Elisa schauen gespannt auf: » Und?«
» Eeeh«, machen Dino, Enrico und ich wie auf ein Kommando und nicken stolz. Und ob wir Trüffel haben!
Die Tagliatelle al Tartufo, die wir an diesem Abend essen, sind wohl mit die leckerste Mahlzeit, die ich in meinem Leben je zu mir genommen habe. Es stimmt alles: Die Nudeln sind exakt al dente gekocht und in so großer Menge vorhanden, dass sie selbst für mich reichen, die Butter ist selbst gemacht von Onkel Ferdinando, und Dino reibt auf einer schmalen Reibe so viel tartufo auf die Nudeln, bis man Stopp sagt. » Das war immer schon sein Job«, flüstert mir Susanna über ihren Cousin zu, » schon als Kind wollte Dino immer die Trüffel reiben.« Woraufhin sie laut über den Tisch sagt: » Dino, einen Barista-Arm hast du bis heute nicht bekommen, aber jetzt kriegst du einen Trüffelarm.«
Dino lacht nur– er ist es so wie Enrico offenbar gewohnt, von Susanna ab und zu eins draufzubekommen. Jetzt schaut er zu mir. » Und, hat es dir geschmeckt?«
» Perfettamente«, sage ich und ziehe, die Spitze des Daumens auf die des Zeigefingers gelegt, eine imaginäre Linie durch den Raum. Und stimmt es denn nicht? Die Nudeln sind so perfekt wie dieser Abend hier. Da sitzen sie alle, lachen und reden, und ich mittendrin: Dino, mein Barista, Elisa, meine Freundin, Susanna, Enrico, meine Schwiegereltern in spe, Roberto, mein Schwager.
Erst überlege ich, dann klopfe ich einfach ans Glas: » Auf Bianchis, Rossis und Angolorotondo!«
Dann stoßen wir an.
Was könnte uns noch auseinanderbringen?
Am nächsten Morgen ist die ganze Familie auf dem Weg zur Dorfkirche, die inmitten von Angolorotondo auf einer Anhöhe trohnt und das Dorf stolz überragt. Von hier aus sieht man weit über die Hügel und Berge der Abruzzen. Der Himmel ist leicht bewölkt, es ist warm, aber nicht heiß. Hier in den Bergen scheint der Herbst wirklich schon begonnen zu haben
Drinnen, im Gottesdienst, steht neben der Liturgie wieder dieser Blonde im Mittelpunkt, der da zwischen den Bianchis in der ersten Bank sitzt. Man schaut mich an, als sei ich auf einem anderen Stern zu Hause. Auch der Pfarrer, Don Giorgio, sieht während seiner Predigt auffallend häufig zu mir.
» Sie kommen aus Rom?« Die Bianchis und ich sind nach der Messe noch
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