Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Madonna, ein Blonder!

Madonna, ein Blonder!

Titel: Madonna, ein Blonder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Zöller
Vom Netzwerk:
Kinder, die in Deutschland schon längst im Bett wären, und stürze mit einem zu mir selbst geflüsterten » Auf dich!« ein Gläschen von Onkel Ferdinandos Kräuterschnaps herunter. Wenn mich jetzt Amadeo aus dem » Mezzogiorno« sehen könnte! » Du bist ein-e fremd-e Körper-e in Roma«, hat er mir prophezeit. Ha! Und jetzt sitze ich hier als einziger Blonder inmitten einer oder gar meiner römisch-abbruzzischen Familie!
    Allerdings: Bei Licht betrachtet habe ich nicht aktiv die Verwandtschaft für mich gewonnen, sondern bin einfach so etwas wie das Kuriosum des Abends. Wem langweilig ist, der kommt zu mir, klopft mir auf die Schulter und sagt schneidig: » Tschermania« oder » Aktung!« oder » Sturmtruppen!«. Ein anderes beliebtes Thema: das Wetter in Deutschland, beziehungsweise die Mutmaßung, dass es dort 12 Monate Winter gibt. » Ist doch sicher gerade kalt in Deutschland?«, sagen etwa Onkel Walter, Onkel Francesco und Tante Stefania, und irgendwann antworte ich dann einfach: » Ja, es ist schrecklich kalt in Deutschland. Immer. Das ganze Jahr.«
    So können sie dann sagen: » Dann sei doch froh, dass du in Italien bist!«
    Und ich kann » Ehh, sicher« machen und mit ihnen anstoßen.
    Als ich Stunden später im Ferienhaus der Familie Bianchi im Bett neben Elisa liege, ist mir kalt. Der Regen hat die Luft ziemlich abgekühlt, und die kühle Luft kriecht ins Haus und unter das Laken. Ich kuschle mich an Elisa, um mich aufzuwärmen, doch als ich endlich einschlafe, habe ich einen Albtraum: Ich sehe Ermanno, noch bärenhafter als Francesco, wie er Elisa eine haushohe Torte überreicht. Ich höre mich » Halt!« rufen, doch Ermanno nimmt Elisa in den Arm und will sie küssen. Als ich ihn daran zu hindern versuche, brechen aus der Torte plötzlich Tausende Bienen hervor und stürzen sich auf mich, ohne dass ich fliehen kann. Zum Glück wache ich auf.
    Was für ein blöder Traum!
    Elisa neben mir hingegen schläft seelenruhig wie jemand, der endlich mal wieder in seinem Nest angekommen ist. Ich schaue sie neidisch an. Unten im Haus rumort es schon, und so tappe ich die Treppe hinunter, schlurfe in die Küche und ins Wohnzimmer. Meine Schwiegereltern in spe sitzen bei einem Frühstück mit Kaffee und Keksen. Mit Kaffee und Keksen! Und das an einem Samstagmorgen: Ich könnte heulen. Es gibt wenig Traurigeres auf der Welt als ein italienisches Frühstück.
    » Und, wie hast du geschlafen?«, fragt Susanna.
    » Gut«, lüge ich, verzichte auf die Erwähnung von Ermanno und beschränke mich auf die Bienen.
    » Bienen sagst du? Interessant.« Sie steht auf, verlässt den Raum, kommt mit einem Buch wieder und setzt sich an den Tisch.
    An einem Keks herumlutschend, entziffere ich den Titel des Buches: Smorfia Napoletana. Was ist das denn? Smorfia ? Ein seltsames Wort. Klingt nach einem Schnupftabak oder Nasentropfen.
    Signora Bianchi klärt mich auf: » Das Wort Smorfia kommt vom griechischen Gott Morpheus, Gott des Traumes.«
    Ich bin gespannt. Signora Bianchis Finger wandert eine aufgeschlagene Buchseite herunter, dabei » Bienen, Bienen, Bienen« murmelnd. Hoffentlich ist das nichts Anzügliches.
    Dann nickt sie befriedigt: » Ecco!«, zeigt mir das Buch und sagt » 80«.
    Ich schaue sie groß an.
    Sie wiederholt die Zahl.
    Muss ich das jetzt auf der Stelle kapieren oder brauche ich vielleicht noch einen zweiten Kaffee, damit ich verstehe, warum sie » 80« sagt?
    Meine Schwiegermutter, eine Schnelldenkerin, merkt auf Anhieb, dass ich keine Ahnung habe, wovon sie spricht.
    » Dieses Buch«, erklärt sie und klopft auf den Einband, » sagt dir die Lottozahlen anhand deiner Träume voraus.«
    Wie? Weil ich jetzt von Bienen geträumt habe, soll ich die » 80« ankreuzen?
    Ich nehme das Wunderwerk zur Hand. Es sieht speckig aus, als hätten es bereits Generationen der Familie durchgearbeitet, auf den einzelnen Seiten finden sich Spalten über Spalten voller Begriffe.
    » Jedes Wort«, sagt Signora Bianchi, » korrespondiert mit einer Zahl.«
    Ich lese: Doping 88, Rasierschaum 76, Nachkriegszeit 54, Winterstiefel 90.
    Soweit ich mich erinnern kann, habe ich noch nie von Winterstiefeln geträumt, auch nicht von der Nachkriegszeit. Wäre aber sicher mal interessant.
    Besonders lang ist die Spalte » Carabiniere«, denn dafür gibt es zahlreiche Untergruppen. Anscheinend träumen viele Italiener von ihren Ordnungshütern.
    Carabiniere mit Uniform 60. Zwei Carabinieri 56. Carabiniere auf dem Pferd 33. Carabiniere auf dem

Weitere Kostenlose Bücher