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Madonna, ein Blonder!

Madonna, ein Blonder!

Titel: Madonna, ein Blonder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Zöller
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auf dem kleinen Platz vor der Kirche stehen geblieben, Don Giorgio ist hastig dazugeeilt. Ich bejahe.
    » Sie arbeiten beim Vatikan?«
    Ich nicke. » Na ja, ich berichte über den Vatikan!«
    Der Pfarrer wird verlegen. » Und wie hat Ihnen die Messe gefallen?«
    » Gut, gut«, versichere ich, » wirklich, eine sehr nette Gemeinde!«
    » Normalerweise sind natürlich mehr Leute anwesend«, entschuldigt sich Don Giorgio, » aber an diesem Wochenende sind einige Familien aus dem Dorf verreist.« Fürchtet er, ich könnte im Vatikan berichten, wie die Sonntagsmesse in Angolorotondo gelaufen ist?
    Ich nicke verständnisvoll.
    Der Pfarrer lässt nicht locker: » Beim Madonnenlauf ist natürlich das ganze Dorf zugegen und die Kirche voll.«
    » Natürlich«, sage ich. Beim Madonnen… was?
    » Vielleicht kommt ja irgendwann sogar einmal der Papst zu uns.«
    » Warum nicht«, sage ich aufmunternd, obwohl ich nicht daran glaube. Dann müsste er ja in jedes Dorf Italiens, wenn er nach Angolorotondo käme.
    » Nur…, man müsste ihn einladen«, meint der Pfarrer und schaut mich an, als erwarte er, dass ich gleich mein Handy zücke und Papst Benedikt anrufe. So unter Landsleuten und Bayern dazu.
    Mit leichtem Drängeln in der Stimme wiederholt der Pfarrer: » Man müsste ihn einladen…«
    Irgendwie bin ich im Zugzwang. » Schreiben Sie ihm einen Brief«, schlage ich Don Giorgio vor.
    Er geht gar nicht darauf ein. Auch er scheint zu glauben, als Deutscher würde ich derzeit nach Belieben im Vatikan ein und aus gehen können. Die Italiener schließen da von sich auf andere: Schließlich brachten in der Renaissance die Päpste aus römischen Familien nach Belieben ihre eigenen Verwandten in der Kurie unter. Ähnlich müssten es dieser Logik zufolge jetzt viele Deutsche nach Rom und in die verschiedensten Ämter des päpstlichen Hofstaats schaffen. Kein Römer würde sich darüber wundern, wenn drei Gärtner aus Marktl am Inn in den vatikanischen Gärten beschäftigt wären und zehn Dorfbewohner aus Pentling (wo Benedikt XVI . lange lebte) in der Poststelle. Die Journalistenkollegen denken da auch nicht anders. Falls ich, was selten genug vorkommt, zufällig einmal mehr weiß als die allwissenden Vatikanreporter, die » Vaticanisti«, dann sagen sie nicht: » Woher weißt du das denn?«, sondern gleich heißt es mit einem ziemlich neidischen Unterton: » Ach so, klar, du bist ja Deutscher.« Sie würden mir jederzeit glauben, dass ich immer freitags mit dem Papst Schach spiele oder so etwas.
    Und nun dieser Dorfpfarrer, der genauso denkt und fast ein wenig beleidigt wirkt angesichts meiner mangelnden Hilfsbereitschaft.
    » Va beh«, sagt er schließlich. Na ja.
    Wir verabschieden uns, und ich überreiche ihm meine Visitenkarte, auf die er einen flüchtigen Blick wirft und dann irgendwas von » Vaticano« murmelt, beeindruckt und fast ein wenig furchtsam. Dann steckt er die Karte ein.
    Als Elisa, ihr Bruder Roberto und ich kurz darauf ins Auto steigen, um zurück nach Rom zu fahren, winkt uns das halbe Dorf nach. Dino, der den Trüffelhund Lara wieder abgegeben hat, fährt uns in seinem Auto hinterher, Elisas Eltern wollen noch ein paar Tage in Angolorotondo bleiben.
    Irgendwann auf der Autobahn, inmitten Tausender anderer Familien, die ihr Wochenende in den Heimatdörfern verbracht haben, frage ich Elisa: » Was ist denn der Madonnenlauf, von dem der Pfarrer erzählt hat?«
    Das, was Elisa und Roberto dann berichten, klingt spektakulär: Der Madonnenlauf ist das größte Fest des Jahres in Angolorotondo, eine Art Staffellauf über vier Berge, bei dem Läufer sich Madonnenstatuen übergeben. Und es rennen vier Dörfer gegeneinander, außer Angolorotondo also drei weitere.
    Elisa schaut mich von der Seite an: » Darf ich raten? Du willst dir den nächsten Madonnenlauf anschauen?«
    » Ja klar!«
    Dass ich sogar selbst mitlaufen würde und das schon in wenigen Wochen, kann ich da noch nicht ahnen.

Bella Calabria! Regen, Sonne, Traufe
    So sommerlich warm es zumindest unten in Rom noch in der letzten Septemberwoche war, so plötzlich kommt jetzt, Anfang Oktober, eine erste Kältewelle über die Stadt. Viele Tage lang ist es merkwürdig wechselhaft– mal kalt, mal heiß–, und ich bin immer falsch angezogen. An einem Tag schleppe ich eine Jacke durch die Stadt und begegne nur T-Shirt-Trägern; am nächsten Tag laufe ich im Hemd herum, während alle anderen schon Jacken tragen. Ich habe mir gar nicht vorzustellen vermocht, dass es in

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