Madonna, ein Blonder!
Worte stehen, dann bekomme ich 20 0 000 Euro sofort, 6000 für 20 Jahre und am Ende noch mal 10 0 000. Sofern ich überhaupt noch ein paar Tage zu leben habe.
Dino drängelt: » Fang schon an!«
» Geduld«, sage ich. So eine Investition will gut überlegt sein. Früher kaufte ich selbst bei Tombolas für wohltätige Zwecke höchstens ein Los für eine Mark, und jetzt soll ich 5 Euro einfach so wegrubbeln? Ich fange an– und unter dem zweiten Kästchen steht tatsächlich » Turista per sempre«. Super! » Bereite schon mal die Lokalrunde vor«, sage ich zum Barmann.
» Vediamo«, sagt der, Schaun mer mal. Und rührt sich nicht.
Ganz langsam rubble ich Feld für Feld frei– Dino wird wahnsinnig angesichts meiner Langsamkeit. » Lass mich mal«, fordert er, nimmt das Los und beginnt hastig zu kratzen. Ratzfatz sind zwei Felder weg. » Niente!« Nichts also, ich reiße ihm das Rubbellos weg. » Dino, das ist mein Los!«
Jetzt sind noch drei Felder übrig, dann zwei. Vielleicht sollte ich sie jetzt gar nicht aufrubbeln, sondern lieber nach dem Madonnenlauf? Dann kann ich zumindest noch dran glauben, gewinnen zu können. Eine gute Idee!
» Basta«, sage ich also zu Dino und lege die Münze in meinen Geldbeutel zurück. Er schaut mich entgeistert an.
» Tu sei matto!« Blitzschnell nimmt er mir das Rubbellos aus der Hand, rubbelt die verbliebenen zwei Felder auf, reicht es mir rüber und sagt » Niente«, nichts.
» Managgia, Dino!«, rufe ich. » Mortacci tua!«
Zum ersten Mal bin ich richtig sauer auf Dino. Ich will gerade das ganze Arsenal vom » Il Parolaccia« abfeuern, da betreten einige Männer die Kaffeebar und setzen sich an drei quadratische Tische. Es sind die anderen Läufer, die mit uns starten werden. Sie begrüßen Dino– » Bello, come stai?« – und geben auch mir die Hand.
Als » Ermanno« stellt sich keiner vor. Das ist schon mal gut.
Als Letzter kommt Francesco, ich ziehe den Kopf ein.
» Ciao«, sagt er von der Tür aus in die Runde, bevor er bis auf eine Nasenlänge zu mir herantritt: » Das, was du mit Elisa gemacht hast, wirst du noch büßen. Ich empfehle dir nur, schnell zu laufen.«
Zu den anderen gewandt, sagt er: » Das ist Martin, ein Freund von Dino. Er joggt jeden Tag in Rom zehn Kilometer, das sollte uns nutzen.«
Was für ein Märchen hat Dino da schon wieder erfunden? Jeden Tag zehn Kilometer? Ich schaue zu ihm rüber. Dino macht verlegen » Eeeh« und schaut weg.
Irgendetwas läuft hier ganz falsch. Doch bevor ich die Sache richtigstellen kann, nicken alle, und Francesco erteilt einem der jungen Männer das Wort.
» Ich bin Saverio«, sagt der junge Mann mit Dino-Kiwi-Frisur, » du läufst an meiner Stelle.« Sein rechter Fuß ist eingegipst. » Motorradunfall, vor drei Tagen.« Saverio sieht so durchtrainiert wie zerknirscht aus, und Francesco flüstert mir zu: » Du kannst mir glauben, dass ich lieber Saverio oder irgendjemand anderen genommen hätte.« Aber es gibt eben keinen anderen 32-jährigen ledigen Mann, der– mehr oder, im Moment, weniger– zum Dorf gehört.
Francesco zeigt jetzt auf ein Plakat an der Wand, auf dem vier Punkte die Ecken einer Raute bilden: A (für Angolorotondo), C (für Casariccia), R (für Roccavento) und V (für Venosa). » Also gehen wir es noch mal durch.« Noch mal? Ich weiß noch von gar nichts!
Francesco verbindet A und C und schreibt darüber die Namen der Läufer auf dieser Strecke: » Antonio und Bruno.« Er deutet auf zwei durchtrainierte Glatzköpfe, die offensichtlich Zwillinge sind. » Ihr lauft die erste Strecke von Angolorotondo nach Casariccia.« Für sie geht es um Mitternacht hier auf dem Dorfplatz vor dem » Café 2000« los. » Cesare und Damiano«, sagt Francesco und verbindet C und R, » ihr lauft die zweite Etappe von Casariccia bis Roccavento.« Sie müssen gegen 2 Uhr nachts starten, je nachdem, wie schnell die ersten Läufer sind. Wieder ein Nicken, und Francesco deutet auf zwei weitere durchtrainierte Burschen: » Ihr lauft von Roccavento nach Venosa.« Ich erfahre, dass dieser Teil der technisch schwierigste ist, weil Roccanvento und Venosa die beiden am höchsten gelegenen Dörfer und zudem durch ein tiefes Tal getrennt sind. Die Namen der Orte klingen aufregend und mittelalterlich: Roccavento, Venosa. Wahrscheinlich muss man auch damit rechnen, auf der Strecke von einer italienischen Version des Räubers Hotzenplotz überfallen zu werden.
» Und wir«, sagt Francesco finster und schaut mich an, » wir
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