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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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war, dass Katharina eine Patientin weggestorben ist. Glaubst du, diese Dinge führen nur uns zu der Frage, ob Katharina etwas mit den Morden zu tun hat? Dieser Silberschläger ist nicht blöd! Er wird früher oder später auch auf diesen Gedanken kommen, und dann …«
    »Ist er schon.« Sehr langsam ließ Richard sich wieder auf seinenStuhl sinken. Zu der Blässe seiner Haut kam jetzt noch die Blässe seiner Lippen, als er sie zusammenpresste.
    Arnulf umklammerte die Tischkante. »Was meinst du?«
    »Silberschläger. Er war schon da, bei Katharina, meine ich. Er verdächtigt sie.«
    »Scheiße!« Die Tatsache, dass er nicht der Einzige war, der diese Schlüsse gezogen hatte, linderte Arnulfs Scham darüber, Katharina verdächtigt zu haben. Jetzt konnte er sich wenigstens einreden, dass er nur versuchte, sie vor Schaden zu bewahren. Er schob die leisen Zweifel, die hinten in seinem Verstand nagten, zur Seite. »Was ich mich frage«, wandte er sich an Sibilla. »Ist es möglich, solche Amulette herzustellen, die … andere Dinge bewirken können als einen Liebeszauber?«
    Fragend schaute Sibilla ihn an. »Andere Dinge?«
    Er zuckte die Achseln. »Könnte ein Amulett zum Beispiel einen Mann dazu bringen, einen anderen zu töten?«
    Richard runzelte die Stirn.
    Sibilla antwortete nicht sofort. Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und betrachtete Arnulf forschend. »Ich schenke mir jetzt mal das Gerede darüber, dass man die meisten Männer nicht zu Gewalt treiben muss …«
    »Ich bitte darum!«
    Sie nickte knapp und tippte gegen den Samtbeutel. »Also: Wenn man davon ausgeht, dass diese zauberischen Dinge wirken, dann würde ich meinen, dass man sie für jede beliebige Tat herstellen kann. Was ist schließlich anderes daran, einen Mann dazu zu bringen, einem anderen die Kehle aufzuschlitzen, als eine Frau gegen ihren Willen … du weißt schon.«
    Arnulf nickte und rieb sich das Kinn.
    »Katharina hat nichts«, Richard wiederholte das Wort scharf, » nichts mit Zauberei zu tun! Und mit Mord ebenso wenig.« Er saß blass und aufrecht auf seinem Stuhl. Arnulf hätte viel dafür gegeben, seine Gedanken lesen zu können.
    »Zauberei!« Sibilla griff sich Arnulfs Krug, leerte ihn bis zur Neige, stellte ihn aber nicht zurück auf den Tisch, sondern betrachtete ihn wie einen kostbaren Schatz. »Ich habe darüber nachgedacht. Wenn ich diesen Krug jetzt nehme und hier in der Luft loslasse …« Sie hielt ihn am ausgestreckten Arm hin, dann ließ sie tatsächlich los.
    Arnulfs Hand schnellte vor und fing den Krug auf, bevor er auf dem Boden zerschellte. Als Sibilla ihn überrascht anlächelte, stellte er ihn wieder auf den Tisch. Ihm war nicht nach Lächeln zumute.
    »Schnelle Hände«, sagte sie anerkennend. »Aber was ich eigentlich sagen wollte: Wenn dieser Krug jetzt nicht nach unten, sondern nach oben gefallen wäre, dann würde ich sagen: Das war Zauberei! Was ist hingegen, wenn ich einer Frau Bilsenkraut gebe, um die Schmerzen der Geburt zu lindern? Ist das dann Zauberei oder Heilkunde? Was wissen wir schon? Wenn ein Irrer in der Gosse sitzt und davon faselt, dass er von schwarzen Schatten verfolgt und angefallen wird, ist er dann nur krank im Kopf oder aber besessen?« Sie hielt inne, sammelte sich, bevor sie fortfuhr. »Und erinnere dich an den Engelmörder vor mehr als zwei Jahren. Er hat die Brunnen vergiftet, und die Leute haben weiße Mäuse gesehen. Zauberei? Oder vielleicht auch nur Heilkunde, wenn auch in einer Weise fehlgeleitet, die … nun ja.« Sie strich sich zwei Haarsträhnen aus dem Gesicht und steckte sie hinter die Ohren. »Hilft euch das weiter?«, fragte sie nach einer Weile.
    Arnulf schwieg und starrte gedankenverloren auf den roten Samtbeutel.
    In seinem Verstand hatte sich ein Knoten gebildet.
    »Ich fasse es nicht«, hörte er Richard murmeln, »dass wir dieses Gespräch überhaupt führen. Ich selbst war dabei, als Gertrud starb, Arnulf! Die Gestalt, die mich angefallen hat, war auf keinen Fall Katharina!«
    Arnulf schloss die Augen. »Beschreib sie!« Seine Stimme kratzte ihm im Hals. Er sah Richard an.
    Dessen Kehlkopf ruckte. »Ein Schatten, groß. Mit einem Umhang, glaube ich. Mehr habe ich nicht erkennen können, es ging alles so schnell. Und ich war nicht wirklich klar im Kopf.«
    »Aber du bist sicher, dass es nicht Katharina war.« Es kostete Arnulf Überwindung, diese Frage zu stellen. Jetzt waren sie an dem Punkt angelangt, dem er eigentlich hatte ausweichen wollen.
    Richard senkte

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