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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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zweifeln. Er wollte etwas sagen, wollte sich erklären, aber er kam wieder nicht dazu, denn jetzt trat Niklas an ihren Tisch und brachte zwei Krüge mit Bier. »Hast du was rausgekriegt?«, erkundigte er sich, während er die schweren irdenen Gefäße vor ihnen abstellte, ohne zuvor den Tisch abzuwischen. Richard seufzte hörbar und wies missmutig auf die Wasserringe und die feuchten Krümel.
    »Sieht so aus, als ginge es bei der ganzen Sache nicht um Gift«, nickte Arnulf.
    Der Wirt nahm ein Tuch von seinem Gürtel und wischte damit den Tisch sauber. »Es gab nie Gift hier?« Seine Miene hellte sich auf. »Sicher?«
    Arnulf warf Richard einen schnellen Seitenblick zu. Seine Hand schloss sich wieder um den Samtbeutel in seiner Hosentasche. Doch nun nahte endlich Unterstützung. Am anderen Ende der Gaststube ging die Tür auf. Herein kam Sibilla. Die grauen Haare hatte sie heute zu einem dicken Zopf geflochten, der ihr über eine Schulter nach vorn auf den Busen fiel. Um ihre Oberarme hatte sie ein Wolltuch geschlungen, das sie in der Wärme der überfüllten Gaststube bis zu den Ellenbogen nach unten rutschen ließ.
    »He, Süße!«, rief ihr ein Mann an der Theke zu. »Brauchst du ein bisschen Gesellschaft?«
    Sibilla warf ihm einen langen, schweigenden Blick zu, und der Mann senkte den Kopf rasch wieder auf seinen Bierkrug. »Mein’ ja nur!«, hörte Arnulf ihn murmeln. Im Vorbeigehen verpasste Sibilla ihm einen mütterlichen Klapps auf die Schulter und raunte ihm etwas zu, das ihm das Blut bis unter die Haarwurzeln schießen ließ. Lachend trat sie dann an Arnulfs Tisch.
    »Guten Abend, die Herren.« Noch amüsiert von der Befangenheit des Kerls an der Theke, funkelten ihre Augen.
    Arnulf wies auf einen freien Stuhl. »Setz dich«, forderte er sie auf und schob ein »Bitte!« hinterher, als sie unwillig die Stirn runzelte.
    Sie leistete ihm Folge, legte dabei eine Hand auf Richards Unterarm. »Ich wusste gar nicht, dass Ihr wieder in Nürnberg seid!«, sagte sie zu ihm. Ihr Blick streifte die Wunde an seiner Wange, wanderte von dort aus an seiner Gestalt hinunter. Obwohl Richard aufrecht saß, war Arnulf sich sicher, dass die Engelmacherin ihm die Verletzung an der Schulter ebenso deutlich ansehen konnte wie die im Gesicht.
    Richard zwang sich zu einem Lächeln. »Ich bin erst kürzlich angekommen.«
    »Und hattet bereits einiges durchzustehen, so wie Ihr ausseht.« Sibilla wandte sich an Arnulf. »Was kann ich für dich tun?«
    Arnulf deutete erst auf Niklas, der noch immer an ihrem Tisch herumstand und auf eine Antwort wartete, dann auf Richard. Schließlichzog er die Hand aus der Tasche und holte den roten Samtbeutel hervor.
    Behutsam, als sei er aus Glas, legte er ihn in die Mitte des Tisches. »Erinnerst du dich an den Quacksalber, mit dem wir uns gestern unterhalten haben?«
    »Natürlich«, sagte Sibilla. »Mich wundert allerdings, dass du das Ding aufgehoben hast. Du sahst nicht so aus, als glaubtest du an seine Wirkung.« Abschätzig musterte sie ihn und grinste anzüglich. »Brauchst du jetzt schon Zaubermittel, die dir aufhelfen?« Dann fiel ihr Blick auf Richard, und sie begriff, dass dies nicht der passende Zeitpunkt für Scherze war.
    Arnulf unterdrückte die Wut, die sich hinter seiner Stirn ballte und bei der er nicht so recht wusste, gegen was sie sich eigentlich richtete. »Der Händler sagte, dass das Amulett Frauen dazu bringt, Dinge zu tun, die sie niemals tun würden.«
    Neben ihm stieß Richard ein Ächzen aus. Aus dem Augenwinkel musterte Arnulf ihn. Er war bleich. Fassungslos. Er begann zu begreifen.
    Sibilla schnappte sich Arnulfs Bierkrug und fuhr mit dem Zeigefinger auf dessen Rand herum. »Ja. Und?«
    Gleichzeitig stemmte sich Richard auf die Füße. Mit flammendem Blick beugte er sich über die Tischplatte. »Du glaubst allen Ernstes, dass jemand Katharina dazu verhext hat, Menschen …«, er bemerkte, dass er viel zu laut sprach, und senkte seine Stimme, »… zu töten?«
    Arnulf rieb sich das Kinn. Er selbst hatte auch die gegenteilige Möglichkeit in Betracht gezogen: dass Katharina diejenige war, die die Zaubermittel hergestellt hatte! »Ich will sie nicht verdächtigen, Richard.« Es war die Wahrheit. »Aber es gibt Dinge, die wir nicht außer Acht lassen können. Konrad Rotgerber hatte eindeutig vor, Katharinas Fischerhaus schließen zu lassen. Kurz darauf liegt er tot in einer Gasse, mit zerschnittener Kehle. Dann erfahren wir, dass die Marktfrau möglicherweise schuld daran

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