Madonna
sind.«
Richard war nicht vollständig überzeugt. »Was, wenn es ein Gift ist, das bei Menschen wirkt, aber bei Schweinen nicht?«
Schedel sah ihn an. »Warum sollte es das? Hat nicht Galenos Schweine aufgeschnitten, um herauszufinden, wie das Innere des Menschen aussieht? Heißt das nicht, dass der Körper von Schweinen denen des Menschen ähnelt?«
Richard rümpfte die Nase und dachte an all die menschlichen Leichen, die er früher – in einem anderen Leben – seziert hatte. Wie oft war ihm dabei aufgefallen, dass Galenos sich mit seinen anatomischen Beschreibungen geirrt hatte, dass das Innere eines Menschen völlig anders aussah als das eines Schweines? Er überlegte, ob er Schedel das sagen solle, aber dann schwieg er doch.
Der Medicus klatschte in die Hände. »Nun! Wie dem auch sei! Wir sollten wieder ins Haus gehen!«
Im Kontor holte Schedel eine Karaffe mit blutrotem Wein aus einem Schrank hervor. Richard stellte Niklas’ leere Krüge auf einem kleinen Tischchen ab und schüttelte den Kopf, als Schedel fragend die Karaffe hochhielt.
Arnulf hingegen lehnte nicht ab. Er warf sich in einen der Sessel, hängte ein Bein über die Armlehne und zog es vor, die verdrießlichen Blicke, die Schedel auf seine schmutzigen Füße warf, zu ignorieren. Als der Medicus sich ebenfalls gesetzt hatte, begannen er und der Nachtrabe eine Diskussion über die Frage, wer ein Interesse daran haben konnte, Konrad Rotgerber, eine einfache Marktfrau und einen völlig Fremden zu ermorden. Richard nutzte die Gelegenheit, die Kleidung anzuziehen, die Jonas ihm gebracht hatte. Während er sein völlig verschmutztes Hemd gegen das saubere, spitzenbesetztewechselte, hörte er zu, wie sein Freund und der Medicus redeten.
»… um das in Erfahrung zu bringen, müssten wir wissen, ob er Feinde hatte«, sagte Arnulf gerade. »Er war Spitalmeister in Heilig-Geist, oder?«
Schedel nahm einen Schluck Wein und drehte das Glas dann so, dass er die blutrote Flüssigkeit darin ansehen konnte. Genießerisch verdrehte er die Augen, bevor er schluckte. »Ja, das war er. Und ich bedaure, es sagen zu müssen, aber er war nicht eben beliebt.«
»Viele Feinde also?«, hakte Arnulf nach.
»Unzählige, auch wenn ich sie eher Gegner nennen würde.« Schedel lehnte sich zurück. »Aber ob uns das weiterhilft? Ich meine, immerhin sind bereits drei Menschen ermordet worden. Und wenn wir nur die Feinde von Rotgerber berücksichtigen, müssten wir sogar Frau Jacob verdächtigen!«
Richard, der in Gedanken versunken sein sauberes Hemd zugeschnürt hatte, zuckte bei der Nennung des Namens zusammen. »Katharina?«
Schedel zog die Schultern hoch. »Georg Öllinger hat mir erzählt, dass Rotgerber vorhatte, ihr Fischerhaus schließen zu lassen. Er fürchtete wohl, dass die Nürnberger nicht mehr genug Geld für Heilig-Geist stiften würden, wenn es eine Konkurrenz wie Frau Jacob gäbe.«
»Es ist völlig an den Haaren herbeigezogen, Katharina zu verdächtigen!«, sagte Richard eine Spur heftiger, als er es vorgehabt hatte. Die Blicke von Schedel und Arnulf ruhten schwer auf ihm. Er begegnete dem des Medicus.
»Natürlich«, nickte der.
Richard suchte Arnulfs Blick, doch der wich ihm aus.
20. Kapitel
»Was hast du gedacht, eben dort drinnen?« Geradeheraus sah Richard Arnulf an, kaum dass sie Hartmann Schedels Haus verlassen hatten und wieder auf der breiten Burgstraße standen. Hier brannten mehrere Fackeln an den Hauswänden, so dass die Fassaden der umliegenden Häuser und des nahen Predigerklosters in rötliches Licht getaucht waren.
In seinem Schein forschte Arnulf in Richards Miene nach Anzeichen dafür, dass wieder einer dieser rätselhaften Anfälle bevorstand. Doch er konnte nichts dergleichen entdecken. Richard war blass, was angesichts seines Blutverlustes nicht weiter verwunderlich schien. Darüber hinaus schien er wohlauf zu sein. Für den Moment.
»Der Anfall im Lochgefängnis hat nicht so lange gedauert wie der vorige«, sagte Arnulf und wich damit der Frage aus.
Richard hielt inne. »Stimmt. Das ist mir auch schon aufgefallen.«
»Vielleicht lässt die Wirkung des Giftes langsam nach«, vermutete Arnulf. »Wenn es denn Gift war. Diese Anfälle sind irgendwie komisch, findest du nicht?«
Richard sah über seine Versuche, ihm auszuweichen, hinweg. »Was hast du eben dort drinnen gedacht?«, wiederholte er seine Frage. »Du hast nicht so ausgesehen, als seist du mit uns einer Meinung. Was Katharina angeht, meine ich.«
Arnulf
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