Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
Vom Netzwerk:
hatte.
    Langsam nickte sie. Sie spürte Donatus’ Blicke auf sich.
    »Alles, was wir tun können«, sagte Spindler mit einem Lächeln, »ist, uns anzustrengen, so gut wir es vermögen. Habt Ihr das Buch gelesen, das ich Euch gegeben habe?«
    »Ja.«
    »Versucht, danach zu leben. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, und wenn Ihr Euch wirklich anstrengt, dann werdet Ihr es auch schaffen, den Rest Eures Lebens den einen Weg zu gehen.«
    »Den einen Weg?«
    Er nickte. »Jenen, der hundertfache Ernte einbringt.«
    Katharina biss sich auf die Unterlippe. Sie hatte offenbar nicht genau genug gelesen, sie hatte keine Ahnung, wovon Spindler sprach. Sie nahm sich vor, das an diesem Abend zu ändern. »Ich versuche es«, sagte sie leise.
    Spindlers Lächeln vertiefte sich. »Das ist doch gut!« Er hielt inne, als sei ihm etwas eingefallen. »Ich habe gehört, dass Apotheker Öllinger Tobias bei Euch untergebracht hat.« Sein Blick zuckte kurz zu Donatus.
    Der Bader runzelte die Stirn.
    »Ja«, antwortete Katharina zögernd.
    »Wo ist er?«
    Hinter Donatus’ Stirn arbeitete es. Dann sagte er: »In einer Kammer nebenan, aber ich glaube nicht …«
    »Vielleicht sollte ich nach ihm sehen.« Schon hatte Spindler sich der Tür zugewendet. »Welche Kammer ist seine?«
    Katharina wechselte einen Blick mit Donatus. Er zuckte die Achseln.
    Da drängte sie sich an dem Priester vorbei. »Lasst mich zuerst fragen, ob er Euch sehen will.« Sie ging zu Tobias’ Kammer und klopfte an die Tür. »Tobias?«
    Es dauerte eine Weile, bis sich drinnen etwas regte. »Ja?« Seine Stimme klang noch immer heiser.
    »Dr. Spindler ist hier und fragt, ob du ihn sehen möchtest.«
    Lange Zeit blieb es still in der Kammer. Dann hörte es sich an, als werde der Stuhl unter der Klinke fortgezogen. Als Katharina schon glaubte, die Tür würde sich nicht öffnen, schwang sie doch noch einen Spaltbreit auf.
    Von Tobias jedoch war keine Spur zu sehen.
    Vorsichtig streckte Katharina den Kopf durch den Spalt. »Alles gut?«, fragte sie.
    Tobias saß auf dem Bett und hatte die Beine vor die Brust gezogen. Er nickte langsam.
    »Du musst nicht mit ihm reden, wenn du …«
    »Schick ihn rein«, sagte er. Katharina konnte ihn kaum verstehen, so leise war seine Stimme. »Ich möchte beichten.«
    Sie nickte. Beichten war vielleicht gar kein so schlechter Gedanke. Sie kehrte auf den Gang zurück. »Seid behutsam mit ihm«, bat sie den Priester. »Er hat große Angst.«
    »Ihm die zu nehmen ist meine Aufgabe«, sagte Spindler. Noch einmal legte er Katharina eine Hand auf den Arm. Seine Finger waren jetzt kalt. »Und Ihr: Sorgt Euch nicht. Alles wird gut werden, wenn Ihr nur glaubt!«
    Katharina wich dem Blick seiner warmen braunen Augen aus. G enau das, dachte sie im Stillen, ist ja das Problem.
    Sie schwieg jedoch.
    Ihre Gedanken weilten bei Richard, während Dr. Spindler in Tobias’ Kammer verschwand und ihn mit sanfter Stimme begrüßte.

9. Kapitel
    Katharina saß in ihrer Kammer auf dem Bett und blätterte in dem Buch, das Dr. Spindler ihr gegeben hatte.
    Denn weitaus besser ist die ungehinderte Freiheit als die Knechtschaft in der Ehe, die sich, ob du willst oder nicht, notwendigerweise ergibt.
    Seufzend legte sie das Buch zur Seite.
    Sie war so unendlich müde. Spindler war ungefähr eine halbe Stunde bei Tobias geblieben. Danach hatte sie ihn gebeten, ihr ebenfalls die Beichte abzunehmen, und das hatte er getan. Sie hatte ihm von ihrem Streit mit Gertrud erzählt und von den sündigen Gefühlen, die sie dabei empfunden hatte. Neid. Zorn. Schadenfreude. Spindler hatte ihr einige Ave-Maria zur Buße aufgegeben und ihr die Absolution erteilt, bevor er das Haus wieder verlassen hatte. Wenigstens ein bisschen getröstet hatte sie anschließend alles Notwendige in die Wege geleitet, was nach dem Tod einer Patientin zu tun war. Sie hatte die anderen Frauen des Hauses für die Totenwache eingeteilt, hatte Donatus gebeten, zum Kartäuserkloster zu gehen und dem Priester dort mitzuteilen, dass er morgen ein Begräbnis würde abhalten müssen. Sie hatte sich um diejenigen ihrer Patientinnen gekümmert, deren Gemüt durch den Todesfall in Aufruhr geraten war. Allein das hatte sie fast den gesamten Rest des Nachmittags gekostet. Jetzt, da die Dämmerung über Nürnberg hereinbrach und Katharina endlich einen Moment für sich hatte, sehnte sie sich nur noch nach einem.
    Nach ein wenig Schlaf.
    Sie fühlte sich wie ausgewrungen.
    Sie lehnte den Kopf gegen die Wand und

Weitere Kostenlose Bücher