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Madrapour - Merle, R: Madrapour

Madrapour - Merle, R: Madrapour

Titel: Madrapour - Merle, R: Madrapour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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gegönnt: sie hat Manzoni beleidigt und sich einen Vorwurf von Pacaud zugezogen.
    »Sie lügen schon wieder«, sagt Mrs. Banister von oben herab. »Michou ist zwanzig, Sie geben ihr den Vorzug.«
    »Keineswegs«, sagt Manzoni, der fühlt, wie wichtig es ist, diesen Punkt abzustreiten, aber nicht recht weiß, wie er es anstellen soll, um sein Leugnen glaubwürdig zu machen.
    Mrs. Banister sieht ihn an, und er fühlt sich durch diese schwarzen Pupillen, die in ihren grausamen Augenschlitzen funkeln, bis in seine letzten Verschanzungen zurückgedrängt. Fast stotternd sagt er:
    »Das ist nicht der gleiche Reiz. Michou ist herb. Man bekommt stumpfe Zähne.«
    »Während ich den Appetit anrege?« fragt Mrs. Banister in einem Ton, daß es einem kalt den Rücken hinunterläuft. Gleichzeitig lächelt sie herablassend, sie hat sich auf bewundernswerte Weise unter Kontrolle. »Wie wäre es denn, wenn Sie mich ausließen und sofort die Stewardess probierten, da Sie ohnehin uns alle vernaschen wollen? Allerdings«, fügt sie mit einem höhnischen kleinen Lächeln hinzu, »ist die Stewardess bereits in festen Händen und wird offensichtlich gut beschützt.«
    Robbie stößt Manzoni erneut seinen spitzen Ellenbogen in die Seite, und diesmal begreift der Italiener: er schweigt, wartet ab und sucht unterdessen ringsum die Fetzen seiner Eigenliebe zusammen.
    Dieses Gespräch hat mich abgelenkt und zeitweilig sogar belustigt. Jetzt aber, da es beendet ist, überfällt mich ein Gefühl der Ungläubigkeit, so unvorstellbar abwegig will es mir in unserer augenblicklichen Lage vorkommen.
    Oh, ich weiß, diese Szene ist für Mrs. Banister vielleicht ein Mittel, sich zu beruhigen, sich zu überzeugen, daß alles normal verläuft und das etwas langwierige Abenteuer bald in einem Vier-Sterne-Hotel am Ufer eines Sees in Madrapour sein Ende finden wird. Denn unsere
viudas
schmachteten von Anfang an nach ihren Bequemlichkeiten. Mrs. Banister spricht fortwährend von dem genußvollen Bad, das sie nach der Ankunft nehmen wird, und Mrs. Boyd von den Mahlzeiten auf der Terrasse des Panoramarestaurants. Irgendwo gibt es in Mrs. Banisters Programmimplizit auch ein diskretes Klopfen an die Tür ihres Zimmers zum See hinaus, und wenn sich die Tür öffnet, erscheint Manzoni: ein zusätzlicher Komfort. Er wird jeden Abend kommen, denkt sie, dieser große, einfältige, gelehrige Geck. Daher die Notwendigkeit, schon im Flugzeug mit der Zähmung zu beginnen.
    Für die
viudas
und insbesondere für Mrs. Banister, deren Rechte obendrein alt und hochherrschaftlich sind, versteht sich der glückliche Ausgang von selbst. Madrapour gebührt ihr einfach. An keinem Ort der Welt und in keinem Augenblick ihres Lebens kann Mrs. Banister etwas wirklich Unerfreuliches zustoßen. Ihr seliger Vater und ihr seliger Mann haben sie in der Kategorie der Luxustouristen so hoch plaziert, daß sie über alles erhaben ist und sich kaum noch als »Passagier« ansieht. Ich empfinde irgendwie Mitleid für sie. Ich weiß eigentlich nicht warum, denn sie braucht nicht sonderlich bedauert zu werden. Jedenfalls nicht mehr und nicht weniger als wir alle.
     
    Nach dem grausamen Verführungsschauspiel von Mrs. Banister und dem Zeitvertreib, den es uns beschert hat, tritt für den Kreis, der in Schweigen und untätiges Warten versinkt, ein Leerlauf ein, der ziemlich lange dauert und fast schwerer zu ertragen ist als die hinter uns liegenden dramatischen Momente. Wir haben alle unsere Gründe, so verschieden sie sein mögen, nicht den Mund aufzumachen. Das strenge Zureiten, dem sich Mrs. Banister auf ihrem Hengst unterzogen hat, schließt eine so optimistische Zukunftsprognose ein, daß nicht einmal die Führer der Mehrheit wagen, sich ihr anzuschließen. Und was uns betrifft,
the unhappy few
– die Murzec, die Stewardess, Robbie und ich, die wir ohnehin scheel angesehen werden, weil wir zu früh recht hatten –, wir verspüren wenig Lust, unsere Reisegefährten erneut in Verwirrung und Unruhe zu stürzen, indem wir wiederholen, was wir denken.
    Inmitten dieses gespannten, unbehaglichen Schweigens, während die Sonne im Wolkenmeer untergeht, hören wir plötzlich Bouchoix laut röcheln und sehen, wie seine Hände krampfhaft zucken und wie er beständig den Kopf abwechselnd nach rechts und nach links dreht, als wollte er, wenn er auf der einen Seite keine Luft bekommt, auf der anderen versuchen, seine Lungen zu füllen, in seiner Hoffnung immerfort getäuscht. SeinRöcheln ist ein endloses

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