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Madru

Madru

Titel: Madru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
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noch in Händen hielten, auf die, mit der er gestochen hatte. Der eine holte einen Hammer hervor und ein langer rostiger Nagel fand sich auch. Andere hielten ihn an Armen und Beinen fest, und die Karte mit dem König wurde ihm auf die Stirn genagelt.
    Darauf legte das Floß an und er mußte von Bord gehen. Sie hatten die Schlucht inzwischen verlassen. Der Fluß wälzte sich jetzt träg durch eine staubige Ebene, in der alles verdorrt schien. Überall sah Madru Ziegen, die auffällig mager waren und auf verbrannten Grasflächen weideten. Als ihn der Weg vorn Fluß fortführte, tauchte in der Ferne eine vieltürmige Stadt auf. Sie lag auf einem Höhenrücken und war ganz und gar von starken Mauern umschlossen. Am Stadttor hielten ihn Wachen an und verlangten seinen Paß zu sehen. Er besaß keinen, deutete statt dessen auf die Spielkarte an seiner Stirn, gewiß, daß sie die auch gelten lassen würden. Jetzt wurde der Posten ganz freundlich. Ein Offizier kam. Die beiden flüsterten etwas, das er nicht verstand, bis er sie dann mit sichtlichem Frohlocken zueinander sagen hörte: »Er ist es. Endlich ist er da.«
    Eine Frau trat hinzu und sagte: »Führen wir ihn zum König. Es wird Zeit, daß dem ein Ende gemacht wird. « Sie berührte sehr behutsam mit der Hand seine Stirn, zog den Nagel heraus, und in dem Moment, da er ihn selbst in die Hand nahm, wurde ein Messer daraus. Die Frau warf die Karte mit dem König fort. Darauf kam sie wieder zu Madru zurück und sprach: »Mit diesem Messer muß du den König töten. Umarme ihn bei der Begrüßung und dabei stich ihm das Messer in den Rücken. Auf diese Weise wird er am wenigsten zu leiden haben.«
    »Aber warum soll ich ihn töten?« fragte Madru aufgebracht über den Vorschlag.
    »Es ist gut für dich und für uns. Er hat sieben Jahre regiert und nun muß ein neuer König her. Du bist unser neuer König.«
    Madru schüttelte den Kopf und sagte, er wolle aber ins Totenreich.
    »Erst mußt du den alten König töten, damit der Bann von den Menschen und den Tieren genommen ist«, sagte die Frau, »danach werden wir weitersehen.«
    Bald schritt er einem gewaltigen Zug von Menschen und Ziegen voran, der sich zu dem prächtigen Schloß bewegte ... die Ziegen immer mit, als wäre es ihr gutes Recht. Sie stiegen die breite Treppe hinauf und betraten einen großen Saal, der war völlig leer, bis auf den Thronsessel, und auf dem saß finster dreinblickend der König. Alle Fenster waren verhängt. »Gut, daß du da bist, Junge«, sagte der König, als Madru an den Stufen des Thrones stand, »viel länger hätte ich es wirklich nicht mehr ertragen können. Du hast ja gesehen, wie sehr mein armes Volk leidet. Die Felder tragen keine Früchte mehr, die Ziegen vermehren sich nicht, die Männer können mit den Frauen keine Kinder mehr zeugen. Wir sind dir alle dankbar, daß du gekommen bist, um mich zu töten.«
    Der König stand auf, um ihn zu umarmen und einem merkwürdigen Impuls, der seinem eigenen Willen zuwiderlief, folgend, stieß ihm Madru das Messer in den Rücken. Der König stürzte tot hin. Das Volk und die Ziegen jubelten. Ja, die Ziegen auch, wenn sich auch deren Jubel als ein lautes Meckern kundtat. Männer mit Dudelsäcken, Klarinetten und Fiedeln kamen in den Saal marschiert. Sie spielten auf ihren Instrumenten, und die Menschen tanzten, die Ziegen tanzten, und manchmal tanzte auch ein Ziegenbock mit einer Frau.
    Madru saß auf dem Thron und dachte, als er das ausgelassene Treiben betrachtete: Ich könnte König werden. So übel nicht. Zwar stinkt es in dieser Stadt überall nach Ziegen, aber daran würde ich mich wohl mit der Zeit gewöhnen. Doch sieben Jahre lang warten, bis ein neuer König auf den Thron kommt und sie mich dann in den Tod schicken, das dauert mir zu lange. Nein, ich darf mein Ziel nicht aus den Augen verlieren. Es muß eine Möglichkeit geben, uni rascher ins Totenreich zu gelangen.
    Er sah prüfend auf die vergnügt tanzende Menge. Die würde es gar nicht merken, ob da einer auf dem Thron saß oder nicht. Also stand er vorsichtig auf und schlich sich auf Zehenspitzen aus dem Saal ins Treppenhaus. Und was sah er da? Unten auf der Straße war gerade eine gläserne Kutsche vorgefahren. Vier Diener in schwarzen Hemden, schwarzen Helmen, rotem Nackenschutz und roten Stiefeln trugen einen gläsernen Sarg, in dem der tote König lag, hinab zur Kutsche. Madru sprang rasch hinter eine Säule, und als die Diener langsam und gemessen mit dem Sarg an ihm

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