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Madru

Madru

Titel: Madru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
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hinab?«
    »Indem du dich kurzerhand hinunterstürzt. Auf irgendeine Art und Weise mußt du doch zu Tode kommen.«
    »Mich umbringen?« fragt Madru erstaunt.
    »Sagt nur, du wärst nicht dazu fähig.«
    »Ich habe Angst«, sagte Madru.
    »Angst wovor?«
    »Wenn ich mir vorstelle, wie ich aussehen werde, wenn ich dort unten angekommen bin«, sagte Madru und schüttelte den Kopf. Sie waren inzwischen an den Rand des Pfades getreten. »Vielleicht sollte ich ein wenig nachhelfen«, sagte der Wanderer und versetzte, ohne die Antwort abzuwarten, Madru einen heftigen Stoß, so daß dieser hinabstürzte. Zuerst meinte Madru, allein der Schreck, der ihn durchfuhr, werde ihn töten. Aber als er nach einer Weile immer noch Atem schöpfen konnte und er sein Herz schlagen spürte, war er sicher, zumindest bis jetzt noch am Leben geblieben zu sein.
    Einen Augenblick später wurde ihm dazu noch bewußt, daß er nicht rasch stürzte, sondern langsam dahinsegelte wie ein Blatt, das von einem Baum abgerissen worden ist. Schließlich landete er ganz sanft und ohne sich auch nur im geringsten weh getan zu haben auf einer Wiese am Boden der Schlucht. Es kamen sofort zwei Kerle daher, Gepanzerte, mit merkwürdig geformten Helmen und im Küraß. Dort, wo gewöhnlich das Herz sitzt, hing bei ihnen ein Schloß. Sie waren von gewaltiger Körpergröße. So fiel es dem einen nicht schwer, Madru einfach an den Beinen zu packen und ihn mit einem Arm von sich zu strecken. Dann klopfte ihm der andere mit der Hand auf Rücken und Hintern, und dabei fiel allerlei aus seinen Taschen, Dinge, von denen er nicht ahnte, daß er sie bei sich trug und wieder andere, die er verlegt hatte.
    Der Erste von den beiden Riesenkerlen stellte ihn wieder auf die Beine, sammelte alles, was ihm aus den Taschen, aber auch aus Nase, Ohren und Mund gefallen war, sorgfältig ein, legte es auf ein Tuch, das verknotete er und sagte zu dem anderen Wächter: »Also, dann ab mit ihm!«
    Sie nahmen ihn in die Mitte und führten ihn zu einem hölzernen Landesteg, der sich vom Ufer in den Fluß vorschob. Es dauerte nicht lange, da kam ein Floß den Fluß herab, auf dem saßen bärtige wilde Kerle, und alle trugen sie spitze schwarze Hüte, schwarze Samtjacken mit großen Perlmuttknöpfen und in einem Ohr einen schmalen goldenen Ring. Sie legten an, und es war offenbar längst vorher abgemacht, daß sie jeden, der hier ausgeleert wor- - den war, mit fortnehmen mußten.
    Sie bekamen von den beiden Riesenkerlen auch einige Münzen, aber kaum, daß sie in die Hand dessen gelangt waren, der den Steuerbalken bediente, da wurden sie zu Oblaten, die er unter alle aufteilte.
    Als sie mit dem Floß in der Mitte des Flusses waren, holte einer der Männer ein Kartenspiel hervor. Er fragte Madru, ob er nicht mitspielen wolle, und der antwortete, er kenne die Spielregeln nicht. Das sei ganz einfach, erklärte ihm der Mann. Jeder habe fünf Karten in der Hand und die Könige seien die höchsten Trümpfe. Wer das Spiel ansage, der bekomme noch zwei Karten mehr als die anderen. Es war Madru, als sei er über eine ganz wichtige Regel getäuscht oder nur unrichtig informiert worden. Trotzdem sagte er, gut, er wolle mitspielen, und als sich zum ersten Mal Gelegenheit ergab, einen Stich zu machen, pflanzte er den König hinein. Was aber auf die Karten, welche die anderen ausgespielt hatten, fiel, war nicht einer der vier Könige aus dem Blatt, das sie benutzten, sondern die vierte Karte des Bilderspiels: DIE TANNE.
    Sofort erhob sich großes Geschrei unter den Spielern. Zwei zogen gar ihre Messer, und Madru schrie: »So stecht schon zu! Dann bin ich wenigstens endlich tot und finde den Weg ins Totenreich. « Da wollten sie alle hin, bekam er zu hören, und jetzt stellte es sich heraus, daß sie Holzfäller waren, die von umstürzenden Bäumen erschlagen worden waren. Deswegen hatten sie es auch als Provokation aufgefaßt, daß er gerade diese Karte zum Stechen benutzte.
    Überhaupt, sagten sie, dürfe man die Könige als Trümpfe nicht benutzen, das bringe Unglück. Er wollte sie daran erinnern, was der eine ihm zu Anfang erklärt hatte, getraute sich aber nicht, da er ja nun wußte, daß sie ins Totenreich unterwegs waren und er weiter unter ihnen bleiben mußte, wenn er auch hingelangen wollte.
    Wie durch Zauber aber spielte er doch wieder den König, als sich das nächste Mal Gelegenheit dazu bot, mit dieser Karte einen Stich zu machen. Nun sei es genug, riefen sie und warfen die Karten, die sie

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