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Madru

Madru

Titel: Madru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
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Ich eile, um einen Blick auf die Pelze zu werfen, die ihr mir geschenkt habt. Ihr macht mich glücklich, meine Untertanen. Haltet euch bereit. Wenn ich zurückkomme, soll getanzt werden.«
    Schon bei der Anrede »Untertanen« war ein Raunen des Unwillens durch die Große Halle gelaufen. Als das Wort »Tribut« fiel, hatten manche die Fäuste geballt. Einige waren sogar aufgesprungen und hatten gerufen: »Er will uns verhöhnen! « »Nicht so, Lausbart!« »Was sagt der Fürst des Waldes dazu, he?«
    Jetzt sah er Boten, die eine Zahl an die Haustore schrieben. Männer und Frauen, die diese Zahl mit besorgten Gesichtern lasen. Vierzig, fünfzig Männer, die als Treiberkette durch den Wald stapften, lärmend, mit Knüppeln auf jeden Busch, jedes Gesträuch schlagend. Die Schar der flüchtenden Eichhörnchen, Iltisse, Marder, Dachse, Hermeline, Luchse, Biber. Tausende von trabenden kleinen Füßen und Pfoten, die immer schneller rannten. Sie hechelten. Sie wurden zu Schatten. Etwas streckte ihre Leiber, verwandelte sie in Felle, Pelze, in etwas Totes. Haar, das nur noch lebendig wurde, wenn der Wind hineinfuhr. Jemand türmte die Felle zu Stapeln. Immer zehn Stück wurden zusammengelegt. Jemand wischte die mit Kreide geschriebene Zahl an dem Hoftor wieder ab.
    Ein Mann sagte zu seinem Knecht: »Noch eine solche Schatzung, und es gibt keine Pelztiere mehr im Großen Wald. Was werden sie dann aus uns herauspressen, he?«
    Nebel. Auf dem Pflaster eines Hofes liegt ein totes Eichhörnchen. Jetzt sind es zehn. Jetzt hundert. Jetzt zehn mal hundert. Ein Wirbelsturm. Felle wirbeln fort durch die Luft. Über den Waldboden schleppen sich die Geister der toten Tiere. Grell weiße Skelette. Ohne Haut. Ohne Fell. Ohne Hecheln.
    Es hat viele Freisassen gegeben, die jetzt mit an den langen Tischen sitzen, die sie gesehen haben wollen in den letzten mondhellen Nächten. Der Nebel hebt sich. Mondlicht wird Tageslicht. Im Spiegel sah Madru, wie Lausbart, dem Ledermann folgend, durch den Mittelgang schritt. Bei den Schmähungen zuckten seine Mundwinkel. Keine Zornesfalte auf seiner Stirn. Eher schien es, als ob er böse lächle.
    An der Tafel der Vornehmen wandte sich der Fürst des Waldes an Ase: »Hast du's gehört? Wir sind schon abgesetzt. Es sind seine lieben Untertanen. Uns ausplündern. Ein Fest geben, das wir bezahlen dürfen. Sich mein Amt anmaßen. Mein Siegel benutzen. Guh ist in seinem Gefolge. Desgleichen die Fürstin. Was wird uns noch alles blühen, Ase? Was sagen die Bäume? Sprich es aus. Von dir kann ich die Wahrheit ertragen.«
    »Wir müssen stillhalten, mein Fürst. Er muß abziehen. Erst das. Hätten wir ihm sonst all die Felle gegeben? Er hat einen langen Weg heim, also kann er nicht ewig bleiben. Wenn er fort ist: am Pass über die Westberge mußt du eine Burg bauen lassen. Mehr Miliz brauchen wir. Und Österstrand braucht die eiserne Kette. Wenn wir's ihm heimzahlen wollen, was er uns angetan hat: einen Hinterhalt dort, wo er vom Höhenweg herab muß - an eben der Stelle, wo die Söhne des Zaubertrommlers Kettenhemden und eine Rüstung erbeuteten.«
    »Dieser Ritter damals?«
    »Eben den meine ich.«
    »Wir hätten die Mörder bestrafen müssen.«
    »Wir hätten uns mit den Mördern verbünden müssen.«
    »Zu spät jetzt«, sagte der Fürst, »wer hätte auch ahnen können, daß Lausbart über die Westberge ziehen würde? Diesen beschwerlichen Weg!«
    »Es gab bei uns etwas für ihn zu holen. Wenn er das nicht ohnehin schon wußte, wird es ihm Guh veraten haben.«
    Bator verzog das Gesicht, nahm einen kräftigen Schluck aus dem goldenden Kelch, der vor ihm stand und wischte sich dann mit dem Handrücken über die Lippen. »Wie wird das enden?« Er deutete auf die beiden großen Bäume. »Sie wissen es. Sollen sie es doch herausschreien. Ich will auch wissen, woran ich bin.«
    »Ich habe noch Hoffnung, Herr. «
    »Wirklich? Wenn es nun käme, Ase - das, was keiner auszusprechen wagt. Ich wünschte nur, daß es schnell ginge. Schmerzen kann ich nicht gut ertragen.«
    Draußen vor der Halle wurde Lausbart von einer Gruppe von Rittern erwartet, aus der zu Madrus größtem Erstaunen sich eine ihm bekannte Gestalt löste und auf den König zutrat. Es war Guh, der Ex-Erzdruide in der Kutte des Mönchsordens und mit einem Kranz aus Mistelzweigen im Haar. Festtagskleidung.
    König Lausbart streckte die Arme emphatisch aus: »Wirklich und wahrhaft viertausend Felle?«
    »Ja, Herr. Vorzügliche Qualität. Ein jedes

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