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Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon

Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon

Titel: Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacob Wendt Jensen , Deutsch von Janine Strahl-Oesterreich
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Ove war es nie.
    Mit seinem Tempo und seiner großen Neugier steckte Ove auch seine Söhne Sven, Jørgen und Henning an. Sein angeborenes rastlosen Wesen hielt ihn die ganze Zeit in Bewegung.
    »Es ist Sonntag, da haben sie Tiere draußen in Bellahøj. Kommt, die sehen wir uns an!« So konnte ein Ausflug ins Grüne beginnen, und am Ende zogen sie als stolze Besitzer eines Hundes nach Hause. An dem Tag, als die Familie das Pony kaufte, von dem die Kinder so viel gesprochen hatten, hatten sie einen drei Kilometer von Tømmerup entfernten Bauernhof aufgesucht.
    Auf dem Heimweg gingen sie mit ihrem Pferd im Gänsemarsch auf der Landstraße, aber kurz vor ihrer Ankunft bäumte es sich auf, riss sich von Oves Leine los und lief querfeldein. Alle fürchteten, es könnte auf die große Chaussee gelangen und überfahren werden, aber mit Hilfe von ein paar Schmieden aus der Nachbarschaft fingen sie das Pferd wieder ein. Ein Abenteuer. Weil es so viel überschüssige Energie hatte, wurde das Pferd auf den Namen Plus getauft. Seine Futterkrippe musste es mit einem Kaninchen teilen. Das bekam den Namen Minus, als Plus ihm einmal aus Versehen aufs Ohr trat und es abriss.
    Ove war für jeden Quatsch zu haben. Als er einmal bei strömendem Regen mit seinen Söhnen auf der Amager Landstraße stand und kein Auto anhielt, um sie mitzunehmen, rief er ihnen unter schallendem Gelächter »bourgeoise Schweine« hinterher. »Mein Vater hatte immer Ideen. Ständig passierte Unvorhersehbares, wir erlebten immer etwas Neues. Das war einfach toll. Und meine Mutter sorgte für Sauberkeit, Ruhe und Ordnung.«
    Unangemeldete Gäste kamen nur selten ins abseits gelegene Tømmerup, und genauso wollten es Ove und Eva auch. Am Wochenende hatten sie Besuch von Oves Familie, Evas Familie kam selten. Weder hatte Ove Kollegen im Schlepptau, wenn er heimkehrte, noch hatten Eva oder Ove enge Freunde von früher. Sie hatten einander, und sie hatten die Kinder.
    Ab Mitte der fünfziger Jahre lebte das Kindermädchen Bibs mit im Haus. Fritze Gerly Svendsen war ihr bürgerlicher Name, aber sie nannte sich »Bibs«. Das klang leichter und eleganter. Mit dreizehn verließ sie die Schule und ihre Heimatstadt Randers in Jütland. In der Zeitung sah sie eine Annonce, in der ein ihr unbekannter Schauspieler aus Kopenhagen namens Ove Sprogøe ein junges Mädchen fürs Haus suchte, und sofort rief Bibs an.
    Ove fragte, ob Bibs die Schule beendet habe, und sie bejahte. Damit hatte sie den Job. Als Eva und Ove sie ein paar Wochen danach vom Hauptbahnhof abholten, bekamen sie einen Schreck. Sie hatten ein Mädchen von achtzehn oder neunzehn erwartet, aber Bibs war gerade vierzehn Jahre alt.
    Am selben Abend sollte es Beefsteak mit Zwiebeln geben. Eva klapperte mit Töpfen und Pfannen, Ove formte das Rinderhack, und Bibs schnitt die Zwiebeln. Als an Bibs’ Wangen plötzlich Tränen herunterliefen, klopfte ihr Ove auf die Schulter und sagte: »Wir werden schon gut zu dir sein.« Er hatte wohl übersehen, dass die Tränen nicht vom Heimweh, sondern von den rohen Zwiebeln auf dem Schneidebrett kamen.
    Nachdem Bibs eine Woche bei Familie Sprogøe war, sollte sie einen kleinen Einkaufszettel schreiben, und der fiel Ove in die Hände. Er zog ein merkwürdiges Gesicht und rief: »Aber du bist ja wortblind!« Jawohl, das sei sie und wolle eben deshalb auch nicht mehr in die Schule gehen. Dort behauptete man, sie sei dumm, denn der Begriff »wortblind« war in den fünfziger Jahren kaum bekannt, geschweige denn Legasthenie. Ove fragte vorsichtig nach, ob sie nicht doch lieber zur Schule gehen sollte. Da drohte sie, sofort abzureisen, wenn das Wort Schule noch einmal erwähnt würde. Das wurde es dann nicht in den nächsten drei Jahren.
    Bibs bekam monatlich 100 Kronen, was heute spärlichen 1400 Kronen (188 Euro) entspricht. Sie gab nichts davon aus, denn sie verließ nur selten das Haus. Ab und zu fragte Ove, ob sie denn ihr Geld aufgebraucht habe. »Nein«, antwortete sie und lieh ihm 50 Kronen. Bis zum nächsten Ersten bekam sie alles zurück. Das Geld war knapp im Haus, aber das wurde bald besser. Hatte Ove einen guten Vertrag unter Dach und Fach gebracht, herrschte eitel Sonnenschein, erinnert sich Bibs. »Wir konnten es Ove sofort ansehen, wenn etwas Schönes passiert war. Dann strahlte er. Wenn er einen Vertrag für ein Theaterstück oder einen Film unterschrieben hatte, brachte er für alle Geschenke mit. Die Kinder bekamen Spielzeug und Süßigkeiten, Eva und ich neue

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