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Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon

Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon

Titel: Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacob Wendt Jensen , Deutsch von Janine Strahl-Oesterreich
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Stadt mitbringen würde. Mal war es ein Buch, mal eine Single-Schallplatte mit den Four Jacks oder dem großen Helden der Jungen, Elvis Presley. Dann saßen Vater, Mutter und Kinder eine halbe Stunde beisammen und tranken heiße Milch, bevor die Kinder wieder ins Bett gebracht wurden.
    Die meisten seiner Kollegen gingen zwischen Probe und Vorstellung nach Hause, um sich etwas zu entspannen. Bis nach Tømmerup war es zu weit, als dass es Ove nachmittags bis nach Hause geschafft hätte, also besuchte er oft eines der kleinen Art-Cinema-Kinos von Kopenhagen oder Kunstausstellungen in der Innenstadt. Wenn die Vorstellung vorbei war, stieg Ove auf sein Rad und fuhr die gut acht Kilometer nach Hause, wo Eva schon mit einem Nachtmahl auf ihn wartete. Sie sprachen über die Ereignisse des Tages und gingen noch einmal den Text für den nächsten Tag durch. Um einschlafen zu können, trank Ove üblicherweise einen Whisky oder ein paar Gläser Rotwein, und wenn es ein besonders harter Tag gewesen war, nahm er mal eine Beruhigungstablette. Wenn er am nächsten Tag ganz zeitig drehen musste, konnte es vorkommen, dass er vom Theater gleich zum Filmstudio fuhr und dort auf einer Pritsche schlief.
    Sehr viel mehr als fünf oder sechs Stunden Schlaf hatte er selten, und neben Film, Theater und Fernsehen beanspruchten ihn Lesungen im Radio, Revue, Nachtkabarett sowie Betriebs- und Vereinsvergnügen. Manch anderer hätte bei so einem Pensum schlappgemacht, aber Ove hielt jahrelang durch.
    Sohn Henning erklärte: »Mein Vater sah es als seine Pflicht an, beruflich alles zu leisten, wozu er imstande war. Nur kann ich immer noch nicht recht begreifen, woher er die Zeit nahm, all seine Texte zu lernen. Meine Mutter ließ ihn in Ruhe. Die Hauptlast für Haus und Kinder trug sie. Sie akzeptierte die Rollenverteilung und dass er sich so viel Zeit wie nötig für seine Arbeit nahm. Er war fünfzehn Stunden am Tag weg. Natürlich könnte man fragen, warum er nicht mehr Zeit zu Hause verbrachte? Er ließ all seine Energie bei anderen Leuten.« Als die Söhne ihm einmal sagten, dass sie als Kinder stets das Gefühl gehabt hätten, ihr Vater sei nie zu Hause gewesen, war das ein Schock für ihn. In seiner Erinnerung hatten sie viel gespielt und gealbert. Doch er war ein vielbeschäftigter Mann. »So ist das in dieser Branche. Das Karussell dreht sich. Entweder man dreht sich mit, oder man muss absteigen«, lautete seine Analyse.
    In den ersten Jahren im Remmerhaus kam die Familie mit dem Geld gerade so hin. »Mein Vater nahm auch deshalb alle Jobs an, die er bekommen konnte, damit er nur ja genug verdiente. Meine Eltern waren knapper dran, als man geglaubt hätte, und wir merkten ihnen an, dass sie leise Zweifel hatten, ob das alles funktionieren würde. Einmal war ich mit meinem Vater zu einer Lesung unterwegs und fragte, warum er denn so viele davon machen würde. Weil dort Geld zu holen ist, war seine Antwort.«
    Den Telefondienst versah Eva. Gleich neben dem Apparat lag der Kalender mit dem Wochenplan. War noch eine Lücke, nahm sie die eingehenden Angebote an. Auch Einnahmen und Ausgaben der Familie hatte Eva unter Kontrolle. Da sie ihre Büroarbeit aufgegeben hatte, als sie die Kinder bekam, lebten sie ausschließlich von Oves Einkünften. Bei fünf Mäulern, die zu stopfen waren, und einem großen Haus musste streng gewirtschaftet werden.
    Auch wenn Ove zu Hause war, wirkte er oft abwesend. In den Jahren, in denen er am meisten zu tun hatte, war es schwer, an ihn heranzukommen. »Er ist eine suchende Seele, und wenn man ihn sucht, sucht man einen, der sucht, und den bekommt man nicht zu fassen. Ich denke bei ihm immer an Peter Pan, der ganz viel Freude austeilt, aber selbst ein Problem hat: Er kann seinen eigenen Schatten nicht finden, weil der nicht an ihm haften bleibt. Trotzdem beschenkt er die Welt weiter mit schönen Erlebnissen und sagt: Kommt mit, kommt mit, und verschwindet ins Blaue mit einem Sternenschweif hinter euch«, sagte Henning Sprogøe 1993.
    Heute sagt er: »Ab und zu dachte ich, dass er doch nicht einfach durch mich hindurchsehen kann. Man konnte leicht das Gefühl bekommen, ihn zu stören. Er sah aus wie einer, der fragen will: Was machst du denn hier – was willst du? Auf seine alten Tage kehrte seine gute Laune zurück, denn da war er wegen einer leichten Gicht gezwungen, still zu sitzen. Wenn er jemandem zuhören sollte, war er unsicher. Das setzte ihn im Verhältnis zu seinem hohen Tempo gleichsam herab. Das war

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