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Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon

Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon

Titel: Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacob Wendt Jensen , Deutsch von Janine Strahl-Oesterreich
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ihrer ersten gemeinsamen Arbeit in Arturo Ui erkannte Morten Grunwald 1964 das Format des kleinen, agilen Schauspielers. Danach spielten sie in den Freddy-Filmen, in »Martha« und der Olsenbande zusammen und wurden gute Freunde. Nicht nur beruflich ergänzten sie sich, sie teilten auch die gleichen Interessen wie das Sammeln von Kunst, stammten beide aus Odense auf der Insel Fünen und waren sogar auf derselben Schule gewesen, allerdings im Abstand von 15 Jahren. Als Morten mit 37 Jahren das Bristol übernahm, konfrontierte er den 52-jährigen Ove mit seinen neuen Visionen, was dieser spielen könnte. Morten Grunwald ging dabei wie immer nach seiner Intuition: »Ich besetze die Rollen nach Instinkt. Hüpfe von Blüte zu Blüte. So war das auch bei Ove. Dahinter stand keine Strategie. Einschränkungen musste man bei ihm nicht machen, weil er ganz viel Potenzial besaß. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich Ove etwas vorgelegt hätte, wofür er nicht sofort Feuer fing.«
    »Du brachst das«, war einer seiner Standardsätze, wenn Ove ein wenig zögerte. Grunwald führte oft selbst Regie, und noch im Alter hatte Ove Grunwalds Stimme aus dem dunklen Saal im Ohr: »Bedränge ich dich zu sehr, Ove?« Diese Worte gaben ihm neue Kraft und den Mut, sich selbst zu übertreffen.
    Aber ihre Arbeit begann meist mit ungläubigem Kopfschütteln bei Ove Sprogøe: »Jedes Mal, wenn Morten Grunwald mit seinen neuesten Ideen zu mir kam, sagte ich: Du bist völlig übergeschnappt. Das kann ich doch überhaupt nicht spielen. Ich lehne jede Verantwortung ab. Aber Morten traut sich selbst, und ich vertraue Morton bedingungslos. Und dann waren wir schließlich mitten in den Proben.«
    Sprogøe debütierte 1973 am Bristol mit »Play Strindberg«. Als seine alte Freundin, der Stummfilmstar Asta Nielsen, kurz vor ihrem Tod davon hörte, ging sie davon aus, dass es ein klassischer Strindberg werden würde, und sagte zu Ove: »Du bist ein guter Schauspieler, aber das kannst du nicht, mein Freund.« Und ob er konnte. Nicht zuletzt, weil »Play Strindberg« eine Art Paraphrase zu Strindbergs »Totentanz« war. Das Thema wurde beibehalten, aber der Zugang zum Stoff erhielt einen leichteren und komödienhaften Zug. Ove Sprogøe spielte den grotesken Militärmann Edgar mit einer Komik, die an mehreren Stellen stark von Chaplin inspiriert war.
    Regisseur Henning Moritzen genoss die gemeinsame Arbeit: »Obgleich wir Freunde waren, respektierte er sehr, dass ich inszenierte. Ove war von der guten, alten Schule, wo man mit seinem Text arbeitete. Du musst ihn durchdringen und genau wissen, was in ihm steckt. Erst wenn du den Text in seiner Tiefe verstehst, wird er zu dem Werkzeug, mit dem du spielen kannst. Die Schauspieler von heute begnügen sich damit, die Texte möglichst natürlich zu sprechen und sich zur Sicherheit noch ein bisschen in der Nase zu bohren. Das reicht am Theater nicht, denn so kommt weder Nerv noch Absicht ins Stück.«
    Morten Grunwald gab Ove nicht nur Dürrenmatts Stück über Strindberg und dessen Totentanz, er bot ihm auch irgendwann Strindberg selbst an. Ove druckste herum: »Weißt du, also nein, Strindberg und ich  … Das ist wohl nicht das Richtige.« Aber Morten bestand darauf: »Du musst!« Wenn er mit Ove unter vier Augen war, ermahnte er ihn oft: »Du hast die künstlerische Verpflichtung, Herausforderungen anzunehmen.«
    Und er sollte recht behalten. Die Titelrolle in Strindbergs »Der Vater« brachte Ove Sprogøe einen Theaterpokal ein. »Er musste irgendetwas in mir gesehen haben, wovon ich nicht mal im Traum gedacht hätte, dass ich es besitze. Aber es ist eben schwer, sich von außen zu sehen – wer man eigentlich ist, und was man kann. Deshalb muss die Umgebung einem das sagen.«
    Der Schauspieler war seiner Arbeit ganz ergeben und hat nicht eine Vorstellung ausfallen lassen. Nur einmal musste er sich fast geschlagen geben. Am Schluss eines Stückes sollte er an einem Tisch zusammenbrechen, wieder aufstehen, sich durchs Zimmer schleppen und schließlich unter unerträglichen Schmerzen, mit leerem Gesicht an einem stummen Diener hängenbleiben. Von der Gasse aus sah Grunwald, dass sich Ove völlig verausgabte und sein Gesicht schmerzverzerrt war. Selbst beim Schlussapplaus hatte es den Anschein, als ob ihm etwas wehtäte, und ganz zuletzt presste er durch zusammengebissene Zähne: »Jetzt kann ich wirklich nicht mehr  … ich kann nicht mehr«, und sank hinter dem Vorhang zu Boden. Morten Grunwald

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