Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon
zu sehen. Jede war auf ihre Weise wichtig für ihn. Deshalb hetzte er in den Monaten davor zwischen den beiden Produktionen hin und her. Erst polterte »Die Olsenbande fährt nach Jütland« durch das Land und war von nun an zehn Jahre lang nicht mehr zu bremsen. Dann lief die Verfilmung von Hans Scherfigs Roman »Der verschwundene Kanzleirat«, der Publikum und Kritiker gleichermaßen überzeugte und für den Ove Sprogøe mit einem Bodil als bester Schauspieler ausgezeichnet wurde.
Die Romane des Kommunisten Hans Scherfig hatten Ove schon immer interessiert. Dessen erster Roman »Der tote Mann« von 1937 war eigentlich nur aus Spaß entstanden, doch als er Erfolg hatte, zog der Schriftsteller mit »Der verschwundene Kanzleirat« gleich ein Jahr später nach. Kanzleirat Teodor Amsted fingiert einen Selbstmord und verlässt mit Gattin und Sohn sein bürgerliches Leben. Er zieht aufs Land, entdeckt nach und nach jedoch, dass es gar nicht so leicht ist, ohne Identität von vorn zu beginnen. Mit der Geschichte berührte Scherfig einen Traum, den sicher viele in verschiedenen Schattierungen in sich tragen: den alltäglichen Trott hinter sich zu lassen und neu anzufangen. Viele Leser schrieben dem Verfasser, dass er seine Anregung für Teodor Amsted in ihrem eigenen Leben gefunden haben müsse. Wahr ist wohl eher, dass er in uns allen wohnt. Auch in Ove Sprogøe, der sich über die Bewunderung des Romans hinaus dem Schriftsteller politisch verwandt fühlte.
Im Programmheft zum Film schrieb Hans Scherfig: »Der verschwundene Kanzleirat ist ein bürgerlicher Mensch, der versucht, seiner eigenen Wirklichkeit zu entfliehen. Aber das ist unmöglich. Man kann die Wirklichkeit erkennen, und man kann sie verändern, man kann sie aber nicht verlassen.«
Ove hatte den Roman Ende der sechziger Jahre im Radio vorgelesen, als der Kunsthändler Svend Hansen mit einem Angebot zu ihm kam, das er nicht ausschlagen konnte: »Wenn du selbst bestimmen könntest, welche Rolle du in einem Film spielen möchtest, für welche würdest du dich dann entscheiden?« Ohne zu zögern fiel Oves Wahl auf Teodor Amsted in »Der verschwundene Kanzleirat«. Ove räumte später ein, dass er zunächst kein Vertrauen zu Svend Hansens plötzlichem Traum hatte, Filmproduzent zu werden. Eigentlich war der eben Kunsthändler und führte in seiner Galerie »Jysk kunstgallerie« Maler wie den auch in Deutschland bekannten Per Kirkeby. Mit seinem ausgesprochenen Krämergeist, der im Widerspruch zu der sonst schillernden und bei jungen Künstlern angesehenen Figur stand, schaffte er es, die Werke seiner Künstler an die wohlsituierten Bürger des Landes zu verkaufen.
Viele hatten sich im Lauf der Jahre die Filmrechte an Hans Scherfigs beliebtem Roman sichern wollen, und jeder hörte von ihm: Na los, fang an zu schreiben! Doch niemand wollte für die Rechte bezahlen, und niemand kam mit einem befriedigenden Drehbuch. Bis auf Svend Hansen. Er zahlte Hans Scherfig aus eigener Tasche 10 000 Kronen und fand den jungen und unerprobten Regisseur Gert Fredholm. Trotz mangelnder Erfahrung im Filmgeschäft war Svend Hansen ein Mann der Tat. Als er erfuhr, dass nicht Hans Scherfig selbst das Drehbuch schreiben wollte, rief er den führenden Fernsehdramatiker jener Zeit, Leif Panduro, an, um zu fragen, ob das nicht etwas für ihn sei.
»Nein danke«, bekam er zu hören, »ich tauge nicht dazu, das Material von anderen zu bearbeiten.« Danach beauftragte er den Journalisten und Autor Erik Thygesen mit dem Drehbuch. Der fuhr im Februar für zwei Wochen nach Gran Canaria, wo er, wie er selbst sagte, »den Roman als Handwerker noch einmal geschrieben und Dialoge hinzugefügt hat«.
Das Budget für den Film war knapp bemessen, und trotz staatlicher Filmförderung fehlten am Ende immer noch 100 000 Kronen. Svend Hansen ruhte nicht eher, bis er bei dem Kaffeegroßhändler S. E. Goldschmidt 70 000 Kronen aufgetrieben hatte. Den Rest wollte das Team selbst zusammenkratzen. Das hieß, sämtliche Familienmitglieder, Verwandte und Bekannte anzurufen, um von ihnen Geld zu leihen. Einen Nachmittag hatten sie dafür. Als die Produktion dann endlich beginnen konnte, lagen die Nerven blank.
Was Ove betraf, hatte er seine Rolle nicht fest im Griff: »Der Kanzleirat war schwierig zu gestalten, weil der Schriftsteller Hans Scherfig sich weniger für die einzelne Person als für die großen Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft interessierte. Ich kenne ihn nicht, sagte Scherfig zu mir, als
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