Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon

Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon

Titel: Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacob Wendt Jensen , Deutsch von Janine Strahl-Oesterreich
Vom Netzwerk:
etwas zu sagen, und deshalb den Kontrolleur herangeholt hatte. Nichts lag Ove ferner, als zu betrügen, und der bloße Verdacht, dass er die Gesellschaft betrogen haben könnte, war ihm sehr unangenehm. Aber die Quälerei ging noch weiter, denn jetzt schnauzte der Kontrolleur Ove an: ›Sie sehen doch selbst, der Bus ist fast voll, und Sie sitzen, und andere, die einen gültigen Fahrschein haben, können das vielleicht nicht.‹ Und Ove bot sofort an aufzustehen, ja, das war ein richtiges Drama im Bus.«
    Die ganze Zeit über stand der Bus. Ove bekam eine Rechnung über 200 Kronen, umgerechnet 27 Euro, und lief danach durch den ganzen Bus, um sich bei den Fahrgästen zu entschuldigen, dass er ihnen Zeit gestohlen und Ungelegenheit bereitet habe. Er fühlte sich, als wäre er auf frischer Tat bei einem handfesten Betrug ertappt worden. Aber die meisten Passagiere kicherten nur.
    Im Allgemeinen hatte Ove nichts dagegen, wenn man ihn erkannte, er hatte sich daran gewöhnt. Störend war es nur, wenn er im Bus zur Arbeit noch schnell etwas zu lesen hatte. Und es hatte durchaus etwas Komisches, dass alle zu ihm kamen und ihn fragten, ob es ihn nicht stören würde, wenn die Leute ihn ansprächen, und ihn gleichzeitig aber selbst ansprachen.
    »Das Einzige, was vielleicht lästig ist«, schränkte er ein, »ist, dass die Leute immer erwarten, dass man lustig ist. Ich habe es oft im Bus erlebt, dass die Leute, wenn ich ganz in Gedanken versunken und entspannt dagestanden hatte, zu mir sagten: Na, sag mal, was machst du denn für ein böses Gesicht?! Sie gehen davon aus, dass ich die ganze Zeit dastehe und grinse oder Faxen mache.«
    Sein Schauspielerkollege Christoffer Bro konnte es nicht mit ansehen, dass Ove ständig belästigt wurde, bekam aber eine Lektion erteilt: »Er sagte zu mir, wenn man Schauspieler am Königlichen Theater wäre und sich zu fein dafür hielte, auf die Bühne zu gehen und sich zu verbeugen, dann könnte man sich vielleicht erlauben, die Nase oben zu tragen. Käme man aber vom Folketeatret und vielen Filmen, hätte man die Pflicht, bis zur Haustür seiner Popularität gerecht zu werden. ›Und ich wäre ein Lump‹, sagte er weiter, ›wenn ich leugnen würde, dass ich es genieße, wenn mich die Leute auf der Straße erkennen. Das ist ein Ritterschlag, den man vom Volk erhält.‹«
    Ob die Strategie des Vaters, den privaten Frieden zu wahren, immer aufging, bezweifelt Sohn Henning: »Mein Vater legte großen Wert darauf, nach außen hin nicht aufzufallen. Aber gerade das führte dazu, dass man doppelt aufmerksam auf ihn wurde, weil er so anders war als die meisten. Man kann als Schauspieler ja nicht auf Aufmerksamkeit verzichten, denn Schauspieler sein bedeutet schließlich, angesehen zu werden.«

Noch eine Revue
    Nach dem Erfolg mit der Fernsehsatire stürzte sich Ove Sprogøe Ende der achtziger Jahre noch einmal in die Arbeit an einer Revue. Die letzte, an der er mitgewirkt hatte, lag über dreißig Jahre zurück, als er in den Fünfzigern bei Stig Lommer »Des Teufels Großmutter« sang. An Angeboten hatte es nicht gemangelt. Doch erst als sein alter Freund Erik Balling im Tivoli eine Revue auf die Beine stellen sollte, willigte er ein.
    Zu dem Zeitpunkt war Ove 68 Jahre alt und nicht mehr so gelenkig wie früher. In den Pausen zwischen den einzelnen Nummern machte er Dehnübungen und Kreisbewegungen mit der Hüfte und wärmte sich oft den Rücken und seine Gliedmaßen. Kollegin Ulla Henningsen imponierte das: »Das hatte ich bei anderen Schauspielern noch nie gesehen. Eine seltene Offenheit bei einem Schauspieler, weil es das Prestige nicht unbedingt fördert. Geistig hatte er noch überhaupt keinen Staub angesetzt. Er war nicht stehengeblieben und verstockt. Statt Altersstarrsinn hatte er etwas Altersloses an sich.«
    Die Revue war ein Erfolg, und der Glassaal im Tivoli Abend für Abend bis auf den letzten Platz besetzt. Ove gab in der Nummer »Ich habe einen Plan« eine Parodie auf Egon Olsen, hatte aber auch ein provokantes Lied über Aids, das von einem Homosexuellen handelte und nach jeder Strophe in den Refrain mündete: »Er könnte es doch einfach sein lassen.« Ove war sehr besorgt, dass seine Popularität darunter leiden könnte, und musste sich jeden Abend überwinden, auf die Bühne zu gehen: »Mir war, als ich würde ich in ein weites Meer hinauswaten und ertrinken. Wie werden sie heute reagieren? In dem Moment, wo das Wort ›Schwuler‹ fällt, denken die Leute, es ist lustig.

Weitere Kostenlose Bücher