Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon
noch behaupten?
Morten Piil ist ein halbes Jahrhundert lang Filmkritiker und verantwortlich für dänische Standardwerke über den Film. Seiner Meinung nach fehlt Ove Sprogøe etwas, um zu den größten dänischen Filmschauspielern aller Zeiten zu gehören: »Die ganz großen Filmschauspieler ziehen unsere Aufmerksamkeit auf sich, indem sie einfach da sind. Sie lösen in uns ein großes Rätselraten über die Persönlichkeit aus, die wir auf der Leinwand sehen. Bei Ove Sprogøe geschieht das nicht in diesem Maße. Er spielt anders. Er ist ein Kontrollfreak. Man spürt, dass er alles, was er macht, ganz kontrolliert und genau erarbeitet hat, aber man hat nicht das Gefühl von Unvorhersehbarkeit, das für einen Filmschauspieler so wichtig ist. Er ist ein ausgeprägter Charakterschauspieler, dem das unmittelbare Charisma, die Unvorhersehbarkeit fehlt. Diese Einschränkungen wiegt er jedoch mit seiner Musikalität, seiner Eleganz und seinem Gespür für das Leichte und Schwebende auf. Er hatte die Gabe, seine Rollen gut zu analysieren, so dass die Zuschauer immer wussten, wohin er wollte mit seinen Figuren.«
Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass Egon Olsen sein großer Erfolg wurde: »Egon Olsen ist eben der Mann, der meint, alles unter Kontrolle zu haben, und es natürlich dann doch nicht hat. Das ist der Witz des Ganzen. Körperlich ist Sprogøe unerhört ausdrucksvoll. Das liegt in ihm, und das holen Erik Balling und Ove Sprogøe gemeinsam heraus. Zuallererst muss man Talent haben, um ein guter Schauspieler zu werden. Von da an geht es um Fleiß, Geschmack und die Fähigkeit, die Rollen und Geschichten zu analysieren. Ove war auf allen drei Gebieten stark, und das war Erik Balling auch. Sie hatten sich gesucht und gefunden.«
Peter Schepelern, Lektor am Institut für Film- und Medienwissenschaften und Mitautor von dänischen Filmwerken, gibt seinem Kollegen recht, dass Oves Persönlichkeiten auf der Leinwand und in der Wirklichkeit zusammenfielen: »Egon Olsen ist fleißig und überaus pingelig, und man spürt, irgendetwas in dem Künstler Ove Sprogøe macht klick, wie es nur selten ringsum in der Künstlerwelt passiert. Er ist der richtige Mann am richtigen Ort. Wenn man hören würde, dass in Ove in Wirklichkeit ein Mann ist, der sein Leben vertrödelt, der trinkt und reihenweise die Frauen flachlegt, würde man sagen: Das ist ja unglaublich! Aber so ist es natürlich nicht. Die sanfte Glut in Egon Olsens Zigarrenstumpen kommt von Egons und auch von Oves eigener Seele. Die Glut in der Zigarre ist der stärkste Ausdruck für das Blut, das durch seine Adern fließt. Gerade dieses Understatement ist der Keim für eine große humoristische Gestalt.«
Die Figuren von Kjeld und Benny geben keine Rätsel auf. Das sind zwei durchschaubare Alltagstypen ohne größere Geheimnisse. Egon hat ein Geheimnis, sagt Peter Schepelern: »Man fragt sich, was er für ein Mensch sein mag. Ove Sprogøe verleiht seiner Figur hinter der Fassade etwas Rührendes. Durch einen winzig kleinen Spalt dringt etwas hervor, das uns bewegt. Genau da liegt die Meisterschaft von Ove. Andere Menschen wären verzweifelt, wenn sie ins Gefängnis kämen. Bei Egon liegt das Gefühlsregister nicht an der Oberfläche, das ist nur durch einen winzigen Spalt zu erahnen. Egon hat einen Plan, so wie wir alle im Leben lauter Pläne haben. Pläne, über die feigen Hunde und Hängeohren und den banalen Familientrott zu triumphieren. Egon hat eine großartige Vision, wie ein Künstler, und genau da kann sich Ove mit seinem Egon Olsen identifizieren.«
Ihre letzte gemeinsame Arbeit hatten Ove Sprogøe und Erik Balling in der fünfteiligen Fernsehserie »Anthonsen« von 1984. Es war eine anheimelnde und sehr gut gespielte Satire auf das Genre der Detektiv-Serie, die von der amerikanischen Fernsehserie »Columbo« inspiriert war, obwohl im Vorspann Gesichter anderer berühmter Detektive auftauchen, wie Sherlock Holmes, Charlie Chan und Hercule Poirot.
Ove Sprogøe ist darin ein mürrischer Privatdetektiv schon etwas jenseits des Pensionsalters, der von der Beschattung untreuer Ehemänner lebt. Dieser Broterwerb verursacht ihm Übelkeit. Nur die großen Verbrechen, auf die er nebenbei zufällig stößt und die er allesamt aufklärt, entfachen Leidenschaft in ihm. Sein Abendessen sind Hot Dogs von der Imbissbude, sein Lebensgefährte ist eine Katze.
Ove bereitete sich gründlich auf die Aufgabe vor und las die Maigret-Kriminalromane von Georges
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