Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon
den Proben rief er oft: »Nun mach schon, kleiner Molière«, und der 25-jährige Regisseur war voller Ehrfurcht und Freude, dass er mit einem Helden seiner Kindheit zusammenarbeiten durfte.
Die beiden kannten sich schon aus den Zeiten, da Peter gemeinsam mit Oves Sohn Henning an der Theaterschule war. Deshalb hatte Ove auch Peters Abschlussvorstellung an der Schule gesehen. Kurz darauf bekam er die Möglichkeit, am Gladsaxe-Theater zu inszenieren. Das Stück hieß »Plüsch und Plastik«, eine chaotische Fantasie, die als »Musicaltotaltheater von Peter Langdal« angekündigt wurde. Der Regisseur heizte alle Kessel an und quoll über vor Ideen, wie man alles ganz anders machen könnte.
Statt eines Programmhefts bekamen die Zuschauer beispielsweise bedruckte Plastiktüten. Das Stück hatte Langdal selbst geschrieben, allerdings ohne viel Dialog. Der sollte einfach improvisiert werden. Er besetzte Absolventen, etwas erfahrenere Schauspieler wie Jesper Christensen und den 74-jährigen Ove Sprogøe.
In dieser Truppe betrat Ove laut Sohn Henning völliges Neuland: »Ove durchschaute nicht die Methoden, nach denen wir auf der Theaterschule gearbeitet hatten. Zum Beispiel Improvisation oder Maskenkurse. Alles traditionelle Theater wurde in die Luft geworfen und an neue Stellen gesetzt. Die Musiker hingen vom Schnürboden herunter, und wir hatten einen Orchesterhügel statt eines Orchestergrabens. Ove machte mit, so gut er konnte, und hatte seine eigene Unmittelbarkeit, seinen Charme und seine Komik. Das war für ihn bestimmt keine glückliche Zeit, aber auch keine unglückliche. Es gelang ihm nur nicht ganz, seinen Platz zu finden. Ove wirkte wie jemand von außerhalb, wurde allerdings in der Vorstellung präsentiert wie: ›Schaut her, jetzt haben wir Ove dabei‹.«
Ove Sprogøe und Jesper Christensen spielten zwei Engel, die die Zeit anhalten konnten. Ein ungleiches Paar mit Christensen als Frau im Clownskostüm und Ove als Baby in Strampelanzug. Jesper Christensen wusste im Voraus, dass der schöpferische Prozess des Regisseurs chaotisch sein konnte: »Bei den Proben zu ›Plüsch und Plastik‹ herrschte das totale Chaos. Das Bühnenbild war völlig unklar. Die ganze Zeit gab es neue Vorschläge, wie es aussehen sollte, so dass man da gar nicht mehr mitkam. Schon gar nicht Ove. Zum Schluss hatte man das Bühnenbild entscheidend verändert und vergessen, Ove Bescheid zu sagen – eine Zumutung. Ove Sprogøe war der Einzige in der Vorstellung, der einen Namen hatte, und auf seinen Namen sollten die Karten verkauft werden. Damit trug er die Verantwortung, ohne dass er dafür wie ein Star behandelt worden wäre. Er nahm das alles lange Zeit geduldig hin. Zu allen war er mehr als freundlich. Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, dass dieser nette Ove auch explodieren konnte, bis sie es selbst erlebten. Nun hatte er schon einen Monat lang in den sauren Apfel gebissen und das ganze Durcheinander ertragen, aber eines Tages verpasste er dem Bühnenbildner und Peter Langdal einen Anschiss, der sich gewaschen hatte.«
Das Stück war ein merkwürdiges Ungetüm. Viel zu viele Mitwirkende, viel zu wenig Inhalt und Diskussionsangebot, meinte die Kritik. Aber auch, dass Peter Langdal ein großes Talent sei. Wie üblich war die Luft nach fünf Minuten Blitz und Donner wieder rein, und Peter Langdal und Ove Sprogøe arbeiteten weiter. Langdal sah sehr wohl, dass Ove gerade eine ganz neue Erfahrung machte: »Das waren, ehrlich gesagt, richtig schwere Proben. Unter anderem wegen der beiden Engel, Jesper Christensen und Ove Sprogøe, die die Ereignisse im Stück kommentierten. Eigentlich wollten wir Teile des Dialogs improvisieren, aber daran war Ove nicht gewöhnt. Trotzdem wollte Ove mitmachen, wohl wissend, dass es keinen Dialogtext gab, was ganz schön mutig war. Aber dann machte er sich fast in die Hosen und bat mich, ihm doch ein bisschen Text zu schreiben. Aber nun hatte ich so eine leichte Blockade, für so einen großen Mann zu schreiben. Jesper kannte sich besser in Improvisationen aus, und die beiden mussten durch einige Kämpfe, um eine gemeinsame Sprache zu finden. Aber Ove war gut. Er wusste selbst gar nicht, wie gut er war.«
Dennoch entgingen auch dem Intendanten und Freund Christoffer Bro nicht Oves Probleme mit den jungen Schauspielern und ihrer modernen Form von Theater: »Ove hatte einen langen Monolog, in dem er wie ein altkluges Kind sprach, das war brillant. In derselben Szene verfällt Jesper Christensen
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