Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon
plötzlich darauf, eine Treppe hinunterzugehen, um das Wollknäuel für seine Strickarbeit zu erwischen, das ihm heruntergefallen war. Mit jeder Stufe stößt er das leider immer weiter runter. Darüber lachten die Zuschauer so laut, dass man Ove nicht verstehen konnte. Er hat ihm absolut die Show gestohlen.«
Christoffer Bro schlug Ove vor, mit dem Kollegen zu reden. Aber davon wollte er nichts hören: »Du musst Jesper nichts sagen. In dieser Vorstellung ist das ganze Theater an mir vorbeigegangen.«
Christoffer Bro nahm die Bemerkung damals zwar wahr, versteht sie aber erst jetzt, da er selbst 74 ist: »Ove sah, wie die jungen Schauspieler alles anders machten, als er gewohnt war, und fühlte sich auf einmal unendlich alt. Er hatte damals etwas erkannt, was ich noch nicht begriffen hatte. Ihm war nicht die Show gestohlen worden. Es war einfach die neue Art zu spielen, bei der man einander keinen Platz einräumt, wie es früher üblich war. Für ihn war so was einfach kein Theater. In der ganzen Vorstellung hatte er versucht, mit den Jungen mitzuhalten, und fühlte sich trotzdem überholt. Erst jetzt begreife ich, was für eine Tragödie das für ihn war.«
Trotzdem arbeitete Ove Sprogøe noch einmal mit Peter Langdal zusammen. Die Inszenierung von »Kampf des Negers und der Hunde« des Franzosen Bernard-Marie Koltès war nach Meinung der Kritiker misslungen, doch die Spitzen über Rassismus und Fremdenhass trafen ins Schwarze. Das Thema berührte Ove sehr, der Arbeitsprozess dagegen war für ihn eine Qual, wie Regisseur Langdal feststellte: »Es war ein schweres Thema. Und dann hatten wir auch Ulla Henningsen dabei, eine sehr heftige Dame mit großen, leidenschaftlichen Schwankungen in den Proben. Ove war eingeschüchtert, und wenn es hart auf hart kam, beeilte er sich, ins Café Kellerdirk zu kommen und eine Williamsbirne zu trinken. Er ertrug keine Konflikte. Die Schauspieler standen in Käfigen auf der Bühne, und zwischen Ulla Henningsen und Ove Sprogøe sollte sich eine leidenschaftliche Liebesbeziehung entwickeln. Er war mindestens zehn Zentimeter kleiner als sie und traute sich nicht so richtig, die Verliebtheit ganz auszuspielen. Sie konnte andere wirklich einschüchtern. Ove kam in diesem Stück nicht ganz zu seinem Recht, so dass wir danach leider nichts mehr gemeinsam gemacht haben.«
Oves großes Talent würdigte er 2008 auf ganz originelle Weise. In dem Musical »Die Olsenbande und das russische Juwel« im Tivoli ließ Peter Langdal die Schauspielerin Kirsten Lehfeldt die Hauptrolle als Egon Olsen spielen: »Es sollte eine Huldigung an die Olsenbande sein, und wie hätte ich Ove besser huldigen können, als eine Frau den Egon Olsen spielen zu lassen? Kirsten war phänomenal in der Rolle. Kein Mann hätte Ove ersetzen können. Das war meine Pointe.«
Superstar in der DDR
Die Olsenbande war auch außerhalb Dänemarks berühmt. In Schweden und Norwegen drehte man mit einheimischen Schauspielern eigene erfolgreiche Varianten der Olsenbande, die dänischen Filme wurden nach Polen, Ungarn, Ex-Jugoslawien, Rumänien und in geringerem Umfang auch in die Türkei, den Libanon, nach Griechenland, Portugal und Westdeutschland verkauft. Der Erfolg in der DDR jedoch war am größten.
Bereits als der erste Film während der beliebten »Sommerfilmtage« im Juni 1979 gezeigt wurde, war die Sensation perfekt. Landauf, landab liefen die Filme in den Kinos, in den ersten Wochen standen die Leute Schlange davor. Im Fernsehen liefen sie samstagabends zur besten Sendezeit und oft an Feiertagen wie Weihnachten oder Ostern. Ein Olsenbande-Film war ein Familienereignis und am nächsten Tag Gesprächsstoff. Schließlich machte die Olsenbande sogar Politik. Nach dem Fall der Mauer im November 1989 versuchte Egon Krenz kurze Zeit, das Land zu führen. Da stand bei Demonstrationen in Berlin auf den Spruchbändern: »Egon, hast du einen Plan?«
Sogar der große Theaterregisseur und Intendant der Berliner Volksbühne, Frank Castorf, der 2009 am Königlichen Theater in Kopenhagen inszenierte, schien der Tatsache, dass Benny von der Olsenbande bei der Premiere gewesen war, mehr Bedeutung beizumessen als der Meinung aller übrigen Dänen zu seinem Stück. Selbst für einen Ernsten des Theaters war die Olsenbande Teil des kulturellen Erbes.
Auch die heutigen Eigentümer von Ove Sprogøes altem Haus im Tømmerup, Stationsvej 6, mussten erkennen, dass der Nachruhm des Schauspielers in Deutschland andauert. Woche für Woche stehen
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