Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon
missverstanden werde. Ich kann etwas gegen die amerikanische Regierung und die Regierung von Ostdeutschland haben, aber gegen die Völker in den beiden Ländern habe ich rein gar nichts.« Seine Rede am 4. Juli hatte Erik Balling geschrieben, sie drehte sich um »Das Lächeln im Alltag«. »Es ist himmelschreiend notwendig zu lachen, zu albern und zu lächeln«, sagte der Schauspieler.
Wenn Ove spontane Gefühlsausbrüche zu aktuellen gesellschaftlichen Ereignissen zeigte, konnte es vorkommen, dass er dafür öffentlich Prügel bezog. Einmal plädierte er für humane Haftbedingungen für die Mitglieder der Baader-Meinhof-Gruppe, woraufhin ihn die Leute auf der Straße anhielten und ihn aufforderten, nach Russland zu gehen.
Ein anderes Mal erklärte er, er könne es gut nachvollziehen, wenn verzweifelte alleinstehende Mütter aus Geldnot im Supermarkt stehlen würden. Das löste eine Flut von empörten Briefen aus, die an die Morgenzeitungen gingen oder in Ove Sprogøes Briefkasten steckten. Da lagen sonst eher gestrickte Krawatten von älteren Damen oder Fanbriefe aus der DDR .
Im Alter sagte Eva einmal über Ove: »Er ist immer noch der kleine Junge aus Odense, dem nichts Böses geschehen kann.«
Sohn Sven meint dazu: »Ove war ein richtiger John-Ford-Mensch. Es geht in den Filmen von John Ford vielleicht ein bisschen hart zu, doch ihre Botschaften sind zutiefst humanistisch. Bei dieser bombastischen Sentimentalität heulte Ove Rotz und Wasser. Er hat immer an das Gute im Menschen geglaubt.«
Aber auch so einem unermüdlichen Idealisten wie Ove Sprogøe konnte einmal die Kraft ausgehen. Mitte der achtziger Jahre trat er mit seiner Wohltätigkeit ein wenig kürzer und begründete das auch in der Presse: »Alle Jahre wurde ich aufgefordert, diesen oder jenen Vorsitz zu übernehmen, dieses zu unterschreiben oder jenes und mich für verschiedene Zwecke einzusetzen. Aber ich will keine Fabrik für Meinungen sein. Das ist gefährlich, weil es leicht missbraucht werden kann. Und allmählich fühlt man sich fast auch ein bisschen lächerlich, wenn man bei Friedensveranstaltungen antritt. Da kommt ja keiner mehr hin. Natürlich kann ich für das einstehen, was ich sage, aber es gibt auch andere Standpunkte als den, zu dem man Ja und Amen sagt. Ich habe aufgehört, Ja oder Nein zu sagen, denn wenn die Welt keine Lösung hat, habe ich auch keine.«
Lieder, ein Fort und Jim Morrison
In erster Linie war Ove Sprogøe Schauspieler. Sobald aber von dem ohnehin kurzen Tag nur etwas Zeit übrig blieb, stürzte er sich auch in andere Genres. Er versuchte sich auf der Bühne oder Schallplatte als Sänger, ließ sich von Sohn Henning zu Happenings und Spoken-word-Performances überreden und fand selbst die Prominenten-Spielshow »Fort Boyard« interessant.
1969 rief der alte Revue-König Stig Lommer bei Ove an, ob er nicht in einem neuen Haus als Unterhalter mitwirken wolle. Wie üblich quoll Oves Kalender vor Terminen über, doch Lommer bat und bettelte. Und Ove hatte eine Schwäche für diesen schillernden Mann, der Geschäft und Kunst zu verbinden verstand. Er willigte ein.
Zwei Jahre lang arbeitete er für das Vergnügungsetablissement »Palmengarten«, für das reifere Publikum eine Alternative zur Beatmusik der Jugend. Sechshundert Gäste konnten dort essen und tanzen und bekamen nachts noch eine Show serviert. Zu den Stars gehörten neben Ove Sprogøe auch internationale Künstler wie Eartha Kitt und Josephine Baker. Conférencier Stig Lommer war ein milder dänischer Abklatsch von Dean Martin. Es war Brauch, dass er jeden Abend eine Flasche Whisky bekam. Oft trank er anderthalb.
Ove Sprogøe hatte diese Aufgabe auch deshalb angenommen, weil er sich im Singen üben wollte. Er war durch und durch musikalisch, aber nicht der große Sänger. Er lebte mehr von den Betonungen als dem Klang seiner Stimme. Die ersten Zeilen sang er, den Rest sprach er, ohne dass die Zuschauer das merkten.
Ove Sprogøe hatte noch nie vor Leuten gesungen, die mit ihrem Besteck klapperten und den Servietten raschelten, aber er fühlte sich wohl ohne das »ehrerbietige Publikum, das dressiert ist, still zu sitzen«: »Sobald ich beim Refrain bin, singen alle mit. Sie empfinden das als Selbstverständlichkeit, dass sie nicht nur ordentlich dasitzen und zuhören. Man redet zurzeit viel davon, dass die Zuschauer aktiviert werden sollen. Im Palmengarten braucht man sie nicht einmal anzuheizen. Das ist ein ganz merkwürdiges und herrliches Gefühl.
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