Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon
Ja.
»Ich habe mir geschworen«, so Ove, »dass ich, soweit ich kann, antrete, um unsere Freiheit und Demokratie zu verteidigen und gegen das Leid von Millionen Menschen in der Welt zu kämpfen. Wenn einer fragt, warum ich das mache, kann ich nur sagen: Das ist das Edelste, was ich tun kann. Und mir ist klar, dass das vielleicht etwas hochtrabend klingt. Aber damit habe ich zum Glück kein Problem.«
In der Organisation »Künstler für den Frieden« konnte sich die langjährige Vorsitzende, die Schauspielerin Sonja Oppenhagen, immer auf Ove Sprogøe verlassen. Meist ging es um Aktionen zur Beseitigung von Atomsprengköpfen: »Ove besaß gesellschaftliches Bewusstsein und war mit dem Mann auf der Straße solidarisch, nicht mit dem Direktor. Er las viel Zeitung und wusste, wo und wann er sich engagieren musste. Nie biederte er sich irgendjemandem an, was nur einer kann, der Mut hat. Er hörte auf seine eigene Stimme.«
Ove Sprogøe machte aber nicht nur mit, wenn andere riefen, er ergriff auch selbst die Initiative. Als er Ende der Sechziger in der Zeitung las, dass das Odin-Theater seine Unterstützung vom Nordischen Kulturfonds verloren hatte, rief er den Verfasser des Artikels an: »Was können wir tun?« Der erwiderte, er habe seiner Meinung nach bereits alles getan, was in seiner Macht stand. »Das ist nicht genug«, beharrte Ove und organisierte eine Wohltätigkeitsveranstaltung mit einer Starparade an dänischen Schauspielern und dem italienischen Dramatiker Dario Fo. Viele von ihnen hatten nie eine Vorstellung im Odin-Theater besucht, wussten aber, dass es sich um eine progressive, interessante Bühne handelte.
Noch heute wird das kleine Theater von Eugenio Barba geleitet: »Ove Sprogøe und wir kommen ja von ganz unterschiedlichen Thea-terplaneten. Deshalb waren wir ganz verwundert und dankbar, dass sich jemand wie er für uns interessierte. Wir wussten, dass er einige unserer Vorstellungen gesehen hatte, waren aber trotzdem von seiner spontanen Aktion bewegt. Das Geld, das seine Show einspielte, war schon wichtig für uns, aber noch wichtiger war, dass Ove Sprogøe auf unsere finanziellen Probleme aufmerksam machte, denn danach bekamen wir wieder Fördergelder. Außerdem kam es zu einer dringend nötigen Änderung des Theatergesetzes.«
Sprogøe war von diesem »nordischen Theaterlabor«, wie das Odin-Theater genannt wurde, begeistert. Er sah alle Vorstellungen und sog daraus Inspiration. Nach der Wohltätigkeits-Gala hatte er bei der Leitung einen Stein im Brett und kam als einziger Zuschauer in den Genuss einer Sonderbehandlung, wie Eugenio Barba verrät: »Unsere Vorstellungen dauern so um eine Stunde herum, und man kann natürlich währenddessen den Zuschauerraum verlassen, wird dann aber nicht wieder hineingelassen. Das liegt daran, dass die Schauspieler den ganzen Raum inklusive Sitzreihen bespielen. In den letzten Jahren fiel es Ove ein bisschen schwer, sein Wasser zu halten, so dass er immer einen Platz nahe am Ausgang bekam. Wenn er auf der Toilette war, durfte er als Einziger wieder hinein.«
Nach dem Tod von Ove Sprogøe gingen aus seinem Bestand 400 Manuskripte und Bücher über das Theater an das Odin. Heute verwaltet sie die Bibliothek in Holstebro, wo sie Forschern aus der ganzen Welt zugänglich sind.
Die Kollegen wollten Ove in seinem sozialen Tatendrang bremsen, weil er sich zu vielem hinreißen ließ, wer auch immer in welcher Sache anrief. Am Schluss gab es nichts zwischen Himmel und Erde, was er nicht unterstützte. Bis er sich selbst in einem hellsichtigen Moment in einer »Demonstration gegen den Frühling« sah und erkannte, dass er es mit seinem Engagement etwas übertrieb. In der Woche darauf sagte er trotzdem wieder Ja zu einer guten Sache.
Als Oves Söhne älter geworden waren, versuchten sie sich in die Aktivitäten ihres Vaters einzumischen. Ein einziges Mal brachten sie ihn dazu, für die Partei der Linkssozialisten zu stimmen. Aber als die dann nicht ins Parlament gelangte, ärgerte sich Ove, dass er seine Stimme vergeudet hatte.
Niemand von ihnen konnte begreifen, dass ihr Vater am 4. Juli 1980 erst vor der US -Botschaft gegen den Vietnam-Krieg protestierte und danach zum amerikanischen Unabhängigkeitsfest ging, um eben dieses Land zu feiern. Für Ove war das kein Widerspruch: »Darin liegt nichts Politisches. Ich hoffe, dass ich sowohl am Unabhängigkeitstag der USA am 4. Juli eine Rede halten als auch im ostdeutschen Fernsehen auftreten kann, ohne dass ich
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