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Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon

Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon

Titel: Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon
Autoren: Jacob Wendt Jensen , Deutsch von Janine Strahl-Oesterreich
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verzichten können, aber ich finde, es entfernt uns von uns Menschen, wenn wir philosophisch werden wollen. So wie in meiner Jugend fahre ich auch jetzt mit dem Rad, und ich gelange damit überallhin. Praktisch gesehen sind die, die zu spät ins Theater kommen, meist die Autofahrer. Die können fast nicht ohne Auto sein. Ich habe mich für den Bus entschieden, weil es einfacher ist und sicher auch, weil ich so erzogen bin.«
    Vierzig Minuten dauerte es mit dem Rad, um von Tømmerup ins Folketeatret zu kommen, und genauso lange zurück. Ove war von klein auf an lange Fußmärsche und frische Luft gewöhnt und wusste diese Pausen zu schätzen: »Es kommen einem so viele schöne Gedanken, wenn man Fahrrad fährt. Das klingt vielleicht ein bisschen religiös, aber ich fühle mich eins mit meinem Fahrrad, und dann sind da ja auch noch im Sommer die Mädchen mit ihren kurzen Kleidern – ein sehr schöner Anblick.«
    Wegen der Radfahrerei wurde er manchmal von den Theaterkollegen aufgezogen, und mehr als einmal waren Ove und Eva kurz davor, sich in ihr Schicksal zu ergeben und in Gottes Namen ein Auto zu kaufen. Sie hatten es auf einen Ford Anglia in einer ganz bestimmten Farbe abgesehen, aber dann kam doch der Kauf eines Kunstwerks dazwischen. Wie sich herausstellte, war Ove auch hier seiner Zeit voraus. Galt er in den Sechzigern ohne Auto noch als rettungslos altmodisch, gab ihm die Umweltbewegung der Siebziger auf seinem Rad den nötigen Rückenwind. Im Alter fuhr Ove Sprogøe allerdings gern mit dem Taxi. Das passte nicht so ganz ins Bild, und wenn seine Söhne sich darüber mokierten, warum sie denn kein Auto haben dürften, wenn er selbst doch mit dem Taxi führe, ging er gleich zum nächsten Gesprächsthema über.
    Für Film- und Fernseharbeit war es unpraktisch, keinen Führerschein zu besitzen. Für seine Rollen musste Ove Sprogøe oft hinter das Lenkrad und spielte einmal sogar einen Fahrlehrer. An Tollkühnheit grenzte eine Szene, in der er seine Filmfamilie mit dem Auto über die Storstrøm-Brücke bringen sollte. Ein langer Weg auf dichtbefahrener Strecke. Es blieb nichts anderes übrig, als dass sich Ove auf seine Figur konzentrierte und ein Assistent auf der Beifahrerseite zusammengekauert das Auto fuhr. Sie kamen alle heil an. Mehr interessierte den Regisseur nicht.
    Mit zunehmendem Wohlstand kauften sich immer mehr Dänen ein Fernsehgerät, aber auch hier hob sich Ove von der Masse ab. Er hielt das Fernsehen für gefährlich, weil es Illusionen zerstören konnte: »Der Künstler hat keinen Kontakt zum Publikum. Steht man auf einer Bühne, kann man sich etwas zurücknehmen, wenn man merkt, es ermüdet die Zuschauer, oder ein bisschen mehr Gas geben, wenn man das Gefühl hat, die Leute brauchen das. Sitzt man aber zu Hause mit seinem lauwarmen Kaffee, muss man raus und ihn wieder aufwärmen, und mittendrin klingelt das Telefon. Die Aufmerksamkeit ist dahin, und nachher findet man, dass die Sendung ganz schön öde war.«
    Einen Fernseher besaßen Eva und Ove nie. Sie lasen sich in ihrer Freizeit gegenseitig Romane vor. Das hatte etwas von hehrem kulturellen Leben, war aber reine Notwehr. Denn Ove war besessen vom Fernsehen. Bei seinen jährlichen Reisen nach Paris fiel es ihm schwer, sich vom Fernseher loszureißen, wenn dieser erst einmal lief. Genauso war es, wenn die Familie zu Besuch bei Tante Inger war. War der Fernseher nicht ausgeschaltet, bevor es zu Tisch ging, brachte Ove keinen Bissen runter, sondern starrte unentwegt auf den Bildschirm. Er fürchtete, durch so einen mächtigen Apparat zu einem fernsehsüchtigen Stubenhocker zu werden. Deshalb kam ihm so ein Kasten nicht ins Haus. Eva und Ove waren sich einig, dass sie sich die kurze Zeit für ihr Privatleben nicht von einem Fernseher stehlen lassen wollten. Bei Henning und seinen Brüdern hingegen führte diese Abstinenz zu ganz zwiespältigen Gefühlen: »Als Kinder hatten wir die Aufmerksamkeit unserer Eltern ganz gern, die wir genossen, weil wir keinen Fernseher besaßen. Aber wenn dann eine spannende Fernsehserie kam oder das Konzert von Elvis Presley auf Hawaii, mussten wir ja Freunde finden, bei denen wir das sehen konnten. Ich ging oft zu meinem besten Freund Bjarne, der nebenan wohnte. Es war schon komisch, nach dem Abendessen anzurufen und zu fragen, ob man zum Fernsehen rüberkommen dürfe. Dafür gingen wir aber so oft ins Kino, dass wir nicht das Gefühl hatten, etwas zu verpassen.«
    Auf Ove Sprogøes alten Tage versuchten Sven,
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