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Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon

Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon

Titel: Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon
Autoren: Jacob Wendt Jensen , Deutsch von Janine Strahl-Oesterreich
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sie fertig war. Wenn sie nicht gut klangen, wurden sie umgeschrieben.«
    Die Professorin erlebte Eva pflichtbewusst und stark: »Es gibt ein Zitat von Søren Kierkegaard: ›Die Reinheit des Herzens besteht darin, eines haben zu wollen.‹ So war Eva. Sie benutzte nicht ihre Ellenbogen, sondern hatte eine ruhige Gewissheit, dass das, was sie tat, gut und richtig war. Zuerst wollte sie eine gute Mutter sein. Dann wollte sie Griechisch und Latein studieren. Eins nach dem anderen. Sie hatte viele Interessen, und sie hatte auch viele Möglichkeiten im Leben, aber sie war ganz geradlinig.«
    Mit ihren Übersetzungen hatte sich Eva auf schwieriges Terrain begeben: »Wenn du aus dem Altertum übersetzt, tust du das nicht nur von einer Sprache in die andere. Du übersetzt etwas, das vor 2000 bis 3000 Jahren passiert ist, und das ist doppelt schwer. Eva war eine vorsichtige Übersetzerin. Ihr ging es vor allem darum, dass die Werke aufgeführt werden konnten, aber für meinen Geschmack war sie da etwas zu nüchtern. Sie konzentrierte sich darauf, dass der wesentliche Inhalt stimmte und dass es gut klang. Die komplizierten Facetten des Textes, die für heutige Zuhörer nur schwer zu verstehen sein könnten, ließ sie außer Acht.. Sie vereinfachte sehr und machte gute Übersetzungen, die verständlicher waren, aber es gab zu unserer Zeit schon kühnere Übersetzer.«
    Eine Tragödie von Sophokles hat 1200 bis 1300 Verse. Bei einem Tempo von fünf bis sechs Versen pro Arbeitstag brauchte Eva dafür ein Jahr. Jedes einzelne Wort wurde gedreht und gewendet und Übersetzungen in andere Fremdsprachen zu Rate gezogen. Manchmal konnten Stunden vergehen, bis sie die richtige Übersetzung gefunden hatte. Nach dem Studium wollte sie alle sieben erhaltenen Tragödien von Sophokles übersetzen. Sie schaffte drei. Am Anfang erfuhr Eva für ihr neues Vorhaben keine sonderliche Unterstützung von Ove. Das änderte sich allerdings, als er den Ernst sah, mit dem sie die Aufgabe anging, und er bewunderte die Qualität ihrer Arbeit. Eva hatte die Geduld zu wissenschaftlicher Arbeit, Ove hatte das Gehör. Und bald arbeiteten sie gemeinsam mit Respekt vor den Fähigkeiten des anderen.
    Die drei Übersetzungen wurden vom Klassikerverband herausgegeben, der Vereinigung der Griechisch- und Lateinlehrer, so dass die Bücher an den Gymnasien in ständigem Gebrauch waren. Außerdem sind sie immer noch in Bibliotheken zu finden: »Antigone«, »Elektra« und »Aias«. Von jedem Buch steht auch ein Exemplar auf dem Regal von Minna Skafte Jensen. In eins hat Eva eine Widmung für ihre Mentorin geschrieben: »In großer dankbarer Erinnerung an mein Studium und meine Jahre in deiner Obhut.«
    »Ist das nicht schön? Ich kann mich nicht daran erinnern, dass sie in meiner Obhut gewesen wäre, bin aber stolz, dass sie es so empfunden hat«, sagt die Professorin.
    Am Gladsaxe-Theater wollte man schon lange »Antigone« aufführen, hatte aber noch keinen König Kreon. Intendant Christoffer Bro sah ihn in erster Linie als tragische Figur, der die Macht durch die Finger rinnt. Genau das Richtige für Ove Sprogøe, dachte er und rief bei ihm an: »Er war interessiert und erzählte mir gleich, dass Eva gerade Antigone übersetzt hätte. ›Einen Augenblick, Ove, ich ruf dich gleich wieder an‹, sagte ich und rief sofort bei Gyldendal an, denn bei denen hatte ich eben die Rechte an der, wie es hieß, besten Übersetzung von Antigone erworben. Der Verlag war zum Glück großzügig und entließ mich aus dem Vertrag.«
    Stattdessen sicherte er sich die Rechte an Evas Übersetzung. Er wusste, was er an ihr hatte: »Bei mir zu Hause steht ein ganzes Regal mit Übersetzungen von griechischen Stücken, deshalb kann ich mit Bestimmtheit sagen, dass du keine bessere Übersetzung findest als Evas. Die anderen stammen meist von Leuten, die keine Dramatiker sind, und lassen sich für einen Schauspieler deshalb nicht sprechen.«
    Die Inszenierung von »Antigone« wurde eine Familienangelegenheit, denn Bro engagierte Henning Sprogøe als Kreons Sohn Haimon. Er überlegte ernsthaft, auch noch Sven und Jørgen zu engagieren, um alle dabei zu haben, wusste dann aber nicht, wie er sie einsetzen sollte. Zu seiner großen Überraschung war das Theater jeden Abend ausverkauft: »Normalerweise musste ich den Schauspielern immer lange Reden halten, dass sie sich nicht grämen sollen, wenn nicht viele kämen. Und hier hatten wir zwar ein gutes Stück, aber auch ein schwer zugängliches.
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