Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon
wenn sie ihre Söhne ansahen, hatten Eva und Ove immer einen ganz verzückten Blick. So haben sie mir gezeigt, wie wertvoll eine Familie ist. Es ist etwas ganz Großes, was man nicht hoch genug schätzen kann. Aber eine Familie funktioniert nicht automatisch. Da braucht es Achtung und Liebe.«
Das wusste Ove, und als er zu seinem 25-jährigen Bühnenjubiläum eine kleine Dankesrede hielt, sagte er am Schluss: »Dass ich hier auf der Bühne stehe, verdanke ich meinem Vater und meiner Mutter – und meinen drei Jungen, die es nötig machten.«
Freiwilliger Abschied
Sein ganzes Leben lang war Ove Sprogøe rund um die Uhr aktiv. Neugierig, frohgemut, fleißig, begabt, strebsam, rastlos und nimmersatt. Biorhythmisch war er gleichzeitig Lerchen- und Eulentyp. Er stand früh auf und ging spät ins Bett. Wenn überhaupt, schlief er nie mehr als fünf Stunden pro Nacht. Er vollbrachte mehr, als ein einzelner Mensch eigentlich zu leisten imstande ist. Und dazu war er bescheiden.
Je älter er wurde, desto mehr machte ihm sein selbstverordnetes Pensum zu schaffen. Seine Söhne begannen zu fürchten, er werde sich zu Tode schuften. In dem Jahr, in dem Ove Sprogøe siebzig wurde, verbrachte er einen Abend gemeinsam mit seinen Kollegen Ghita Nørby und Svend Skipper im Restaurant »Theodor«. Alles war ganz normal. Sie aßen, tranken und unterhielten sich lebhaft. Doch von einer Sekunde zur anderen wusste er nicht mehr, wo er sich befand und fühlte sich nicht wohl. In aller Eile wurde er ins Krankenhaus gebracht. Zu den Medien sickerte durch, dass »er irgendwas mit dem Herzen habe«, bis Henning in der Zeitung das Gerede mit dem Hinweis auf eine mögliche Garnelenvergiftung beendete.
Ove Sprogøe war mitten in den Proben zu einem neuen Stück am Det Ny Teater, das einen Monat später Premiere haben sollte, und nicht gewillt, abzusagen: »Unter keinen Umständen! Punktum!« Doch die Episode hatte ihn erschüttert und nachdenklich gemacht: »Ich bin nicht mehr jung. Obwohl ich es liebe, rund um die Uhr zu arbeiten, mache ich nicht mehr so viel wie vor dreißig Jahren. Ich bin 69, da regelt sich das von allein, rein körperlich. In alten Zeiten hatte ich ja fast einen Film pro Tag, aber das geht nicht mehr. Das muss man einsehen.«
Zur Premiere war Ove wieder auf den Beinen, veröffentlichte aber in der Presse, dass er Herzflimmern habe und dagegen Medikamente bekäme. Vielleicht war es aber auch ein leichter Herzinfarkt, wie die Familie im Nachhinein vermutete. Auf jeden Fall merkten sie, wie sein Gedächtnis nach diesem Vorfall schwächer wurde.
Im Film und im Theater lief es immer noch ziemlich gut für Ove, wenn auch im Kalender schon mal leere Seiten auftauchen konnten.
Der Beruf eines Schauspielers ist unerbittlich, weil niemand da ist, der einen in Rente schickt. Man muss es selbst tun. Und selbst den Moment erkennen, in dem man für andere eine Last wird oder man Panik vor der Bühne bekommt. Der Text wurde für Ove allmählich zu einem echten Problem. Das musste auch Kirsten Lehfeldt erkennen, als sie im Folketeatret mit ihm in »Glaube, Liebe, Hoffnung« von Ödon von Horvath spielte: »Auf der Bühne konnte man merken, dass es ihm naheging, wenn ihm Worte fehlten. Und hinter dem Vorhang war er wütend auf sich. Richtig zornig. Seine Energie war weg. Er sah die Zeichen an der Wand, und das brach ihm die Beine.«
In Shakespeares »Der Sturm« bekam Ove Sprogøe 1990 zum ersten Mal eine Schnecke ins Ohr, um sicherzustellen, dass er seinen Text behielt.
Drei Jahre später stand Ove in »Mutter Courage und ihre Kinder« mit Sohn Henning auf der Bühne des Folketeatret: »Er spielte keine große Rolle, brauchte aber das ganze Stück über Hilfe von der Souffleuse. In einer Szene soll er mir eine Auszeichnung für meinen Einsatz im Krieg überbringen. Ove kommt auf die Bühne und sagt: ›Setz dich, mein … , äh, mein, mein Freund … ‹, und dann übernahm die Souffleuse, und so war es die ganze Zeit. Eigentlich sprach sie seinen ganzen Text. Bei den Proben und bei der Premiere. Das Publikum saß im Zuschauerraum und flüsterte: ›Hast du das mitgekriegt? Was ist denn da los?‹ Das war nicht besonders angenehm. Einen Abend, gleich nach der Szene, sagte Ove auf dem Weg zu den Garderoben leise zu mir: ›Ich weiß nicht, was da passiert ist. Ich hätte ebenso gut Andersen vorlesen können.‹ Er war groggy, konnte aber trotzdem noch Witze machen.«
Sven Sprogøe erinnert sich noch an sein Bangen, wenn sein
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