Maechtig, mutig und genial
junger Leute den Einlass zu einer Diskussion des Schriftstellerverbandes über die Verschärfung der Zensur zu Beginn der 1970er Jahre verwehrte – nur geladene Gäste erhielten Zutritt. Yoani arbeitete nun nicht mehr auf dem selbstgebauten Computer, sondern auf einem alten Laptop, den sie gegen einen Automotor getauscht hatte. Sein ehemaliger Besitzer brauchte den Motor, weil er damit das Floß antreiben wollte, das ihn nach Miami bringen sollte.
Yoanis Server steht im Ausland, angeblich in Berlin, so dass die kubanischen Behörden keinen Zugriff darauf haben. Im April 2007 eröffnete sie ihren Blog
Generación Y
, mit dem sie in weniger als einem Jahr weltberühmt wurde. Sie beschreibt darin den mühsamen Alltag auf Kuba, die Sorgen, Ängste und Hoffnungen der Menschen, und sie bezieht gegen die Regierung Position, aber nicht als Politikerin oder Journalistin, sondern als eine Bürgerin, die ihre Fragen, Frustrationen und Gefühle niederschreibt, wie in einem Tagebuch. Sie nannte ihren Blog
Generation Y
, weil es in den 1970er und 1980er Jahren in Kuba Mode war, den Kindern Phantasienamen zu geben, die wie Yoani oder Yanisleidi mit Y beginnen. Sie bezeichnet sie als die Generation der Landschulheime, der russischen Zeichentrickfilme, der illegalen Ausreisen und der Frustration. Der
Generation Y
, so schrieb sie einmal, gehe es, wie ihr selbst,nicht um ein Programm oder eine politische Richtung, links und rechts seien für sie veraltete Begriffe.
Immer wenn sie genügend Geld zusammenhatte, ging sie in das Internetcafé eines der großen Hotels und lud ihre Vignetten und Aperçus vom USB-Stick ins Netz. Binnen kurzem war sie so bekannt, dass sie auch für die britische Onlinezeitung
Huffington Post
schreiben konnte, eine eigene Kolumne in der spanischen Tageszeitung
El País
bekam und Gastbeiträge für internationale Medien wie den
Miami Herald
, die
Washington Post
, den argentinischen
Clarín
und die
Sonntaz
, für deren Rubrik »Politik von unten«, absetzen konnte.
Ihr Blog wurde auch in Kuba selbst bekannt. Allerdings war – und ist – der Internetzugang dort sehr begrenzt. Zuerst wurde er nur Ausländern gestattet sowie ausgesuchten linientreuen Funktionären, Privatleuten war er bis September 2009 nicht erlaubt. Anfangs nahmen die Behörden Yoanis Blog gar nicht wahr, denn Blogs zählten bis dahin nicht zu den Bedrohungen, denen sich das Regime ständig ausgesetzt sieht. Doch als der Blog an Popularität gewann, und andere Blogger folgten, holte die Regierung schließlich zum Gegenschlag aus: Die neue Szene wurde als vom Ausland gesteuert verunglimpft und regimetreue Blogger begannen ebenfalls ihre Ansichten ins Netz zu stellen, als vermeintlich unabhängige Diskussionsbeiträge.
2008 erlaubte die kubanische Regierung Privatleuten den Kauf von Rechnern, gleichzeitig aber blockierte sie Yoanis Blog, der inzwischen eine Million Mal pro Monat angeklickt wurde. Wer nun in Kuba ihre Seite besuchte, stieß auf eine Fehlermeldung. Sie bezeichnet sich seitdem als »blinde Bloggerin«, weil sie ihren eigenen Blog nicht mehr sehen konnte. Sie kann ihn aufrechterhalten, weil Freunde außerhalb Kubas ihre Texte einstellen, die sie per E-Mail schickt oder telefonisch durchgibt. Der Blog wird von ehrenamtlichen Übersetzern in 14 Sprachen übertragen, darunter ins Deutsche. Sánchez brennt inzwischen auch ihre Kolumnen auf CD und verteilt sie mit ihren Freunden auf der Straße.
Im Mai 2009 wurde den kubanischen Bloggern verboten, die Cybercafés der Hotels zu nutzen. Als die Regierung dieses Verbot leugnete, stellte Yoani ein Video ins Netz, das zeigte, wie ihr und ihrem Mann untersagt wurde, das Internet im Hotel
Meliá Cohiba
an Havannas Uferpromenade zu benutzen, mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf, das Cybercafé stehe nur Ausländern offen. Wenige Tage später wurde das Verbot wieder aufgehoben, wahrscheinlich nicht zuletzt dank Yoanis Videos. Im September 2009 wurde dann schließlich allen Kubanern die Nutzung des Internets erlaubt, es ist jedoch nur für die allerwenigsten bezahlbar, denn eine Stunde in einem Internetcafé eines Hotels kostet rund fünf Euro – für viele Kubaner ein halber Monatslohn. Die Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen hat auch beobachtet, dass die Staatssicherheit die Identität der Nutzer der Internetcafés überprüft und checkt, welche Seiten sie besuchen.
Längst twittert Yoani auch und über 100 000 Menschen empfangen inzwischen ihre Nachrichten, die
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