Maechtig, mutig und genial
auf
Generación Y
ebenfalls zu lesen sind.
Zur Wahl Raúl Castros zum Präsidenten am 24. Februar 2008 ließ das Regime viele internationale Journalisten ins Land, und etliche von ihnen, darunter auch Vertreter deutscher Medien, nutzten die Gelegenheit, um die mutige Bloggerin zu interviewen. Sie war in weniger als einem Jahr zu Kubas bekanntester Regimekritikerin geworden.
Ende 2008 wurde sie dann erstmals von der Staatssicherheit vorgeladen. Ihr wurde vorgeworfen, Kontakt zu »konterrevolutionären Elementen« zu unterhalten, und es wurde ihr deshalb verboten, eine geplante Blogger-Versammlung abzuhalten. Natürlich berichtete sie davon im Netz.
Einige Tage später ging sie Raúl Castros Tochter Mariela, die das staatliche Zentrum für Sozialerziehung leitet, öffentlich an. Auf einem Kongress, bei dem es um mehr sexuelle Freiheit ging, stellte Yoani Castros Tochter die unbotmäßige Frage, ob auch die politische und ideologische Freiheit ausgedehntwerden sollten. Natürlich berichtete Yoani auch darüber in ihrem Blog. Wenig später, auch dies postete sie, begann die Staatssicherheit, ihr Haus rund um die Uhr zu beobachten.
Sie nutzte auch eine öffentliche Veranstaltung der Kunstbiennale in Havanna, um vor laufenden Kameras von der Regierung Meinungsfreiheit und freien Zugang zum Internet zu fordern. Eine weitere Bloggerin unterstützte sie dabei. Die Kulturzeitschrift
La Jiribilla
nannte sie daraufhin »eine professionelle Dissidentin, ein Produkt der mächtigen Mediengruppe PRISA«. Dem spanischen Medienkonzern PRISA gehört die Tageszeitung
El País
, für die Yoani regelmäßig schreibt.
Auch Fidel Castro befasste sich mit ihr im Vorwort zu einem Buch von Boliviens Präsident Evo Morales. Er schreibt darin von »einer jungen Kubanerin, die Spitzeldienste leistet und für die neokoloniale Presse arbeitet« und dafür vom spanischen Staat prämiert würde. Er bezieht sich damit auf ihre Auszeichnung mit dem Ortega-y-Gasset-Journalistenpreis in der Sparte Digitale Medien, der ihr 2008 von
El País
zuerkannt wurde. Im gleichen Jahr rechnete sie das amerikanische
Time Magazine
zu den 100 einflussreichsten Menschen, die Zeitschrift
Foreign Policy
zählte sie zu den zehn einflussreichsten Intellektuellen Lateinamerikas und die Deutsche Welle verlieh ihr den
Weblog Award
für den besten Weblog. In den kommenden Jahren sollten noch zahlreiche Preise und Auszeichnungen folgen. Die Regierung ließ sie jedoch nie ausreisen, um ihre Preise persönlich in Empfang zu nehmen. 2010 verbot man ihr auch, an einer Podiumsdiskussion der Bertelsmann-Stiftung über Lateinamerika auf der Frankfurter Buchmesse teilzunehmen. Sie schickte eine Grußbotschaft. 2009 stellte sie ein Video ins Netz, das zeigte, wie sie gegenüber einer Beamtin der Migrationsbehörde, die ihr wieder einmal die Ausreise verweigerte, die Reisefreiheit für alle KubanerInnen forderte. Bis Januar 2012 wurde ihr siebzehnmal verboten, das Land zu verlassen. Allerdings nahm sie an mehreren Veranstaltungen per Videokonferenz teil, so an einer Debatte des Europaparlamentsund an einer Menschenrechtskonferenz des Osloer Freedom Forum. Und so mancher offizielle Besucher Kubas traf sich mit ihr, beispielsweise Jimmy Carter.
Ende des Jahres 2009 wurde sie gemeinsam mit anderen Bloggern von der Staatssicherheit angehalten, als sie auf dem Weg zu einer Friedenskundgebung in Havanna war. Sie wurde in ein Auto gezerrt und geschlagen. Die Behörden leugneten die Aggression und behaupteten, ihr Ehemann habe ihr die Verletzungen zugefügt, die später auf
You Tube
zu sehen waren. Sie selbst identifizierte den Schläger als einen der Agenten, die regelmäßig ihr Haus bewachten. Zwei Wochen später forderte ihr Mann den Agenten zu einem »Verbalduell« an der Stelle auf, an der Yoani ins Auto gezerrt worden war. Reinaldo Escobar stieß dort auf mehrere Hundert Castro-Anhänger, die ihn unter »Viva Fidel!«-Rufen verprügelten. Mehrere internationale Medien filmten dies.
Im Jahr 2009 stellte Yoani Sánchez US-Präsident Barack Obama sieben Fragen zur amerikanischen Kuba-Politik und zur Überwindung des Konfliktes zwischen den beiden Ländern. Sie fragte ihn beispielsweise, ob er bereit sei, Kuba zu besuchen. Obama antwortete ihr, und seine Antwort stellte sie ins Netz – das State Department schaltete einen Link zu
Generación Y
. Ähnliche Fragen stellte sie auch Raúl Castro, der ihr jedoch nicht antwortete. Sánchez richtete auch einen Brief an das
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