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Maechtig, mutig und genial

Maechtig, mutig und genial

Titel: Maechtig, mutig und genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Karnofsky
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dachte in Netzwerken und Klientelbeziehungen, und sie hatte keine Bedenken, öffentliche Gelder für ihre eigenen Interessen und die ihrer Anhänger einzusetzen.
    Immer wieder betonte sie aber auch, dass es der Stiftung nicht um Almosen und fromme Wohltätigkeit gehe, sondern um soziale Gerechtigkeit. Ziel sei es, den Armen das zukommen zu lassen, was die Reichen ihnen ungerechtfertigter Weise weggenommen hatten. Sowohl Evita als auch ihrem Mann war die politische Bedeutung der Stiftung bewusst. Die
Fundación
ergänzte die Sozialpolitik der Regierung, und dies wurde um 1950, als die argentinische Wirtschaft und damit die Einnahmen des Staates in eine Krise gerieten, zunehmend wichtiger. Evita benutzte die Stiftung, um das Band zwischen Perón und den Arbeitern zu festigen und auf andere Gruppen auszudehnen. Gleichzeitig konnte sie damit ihre eigene Identität und ihren Einfluss auf die Unterschichten unabhängig von der Regierung stärken. Als Präsidentin der
Fundación
musste Evita niemandem Rechenschaft über den Verbleib des Stiftungskapitalsablegen. Diese Situation gab den Gerüchten über Unregelmäßigkeiten und Bereicherung Auftrieb und verdeutlicht zugleich symbolisch Evitas Position in der argentinischen Politik der damaligen Zeit: Eva Perón war in die Machtstrukturen auf informelle Weise integriert, weshalb sie nicht durch institutionelle Gegengewichte eingeschränkt wurde. Dies verschaffte ihr einen viel größeren Handlungsspielraum und erlaubte ihr kompromisslosere Positionen als ihrem Mann, worüber dieser nicht immer sehr glücklich gewesen sein dürfte.
    Nicht nur die Argentinierinnen und Argentinier waren von der Persönlichkeit der jungen Präsidentengattin fasziniert. Im Jahr 1947 sandte Perón sie auf Europareise mit dem Ziel, die Anerkennung seiner Herrschaft seitens der Europäer zu erlangen. Evita wurde als Gattin des argentinischen Präsidenten mit allen diplomatischen Ehren in Spanien empfangen und durchbrach damit als Erste die außenpolitische Isolation des Regimes von General Franco. Weitere Reisen nach Frankreich, in die Schweiz und nach Italien folgten, und sie erhielt eine Audienz bei Papst Pius XII. Nur die britische Queen verweigerte ihr einen Empfang. Überall in Europa erregte die hübsche, inzwischen von Pariser Couturiers ausgestattete junge Präsidentengattin Aufsehen und beflügelte die Phantasie der Menschen. Der konkrete politische Erfolg der Europareise Evitas ist schwer abzuschätzen, der propagandistische sowohl für das Ehepaar Perón in Argentinien als auch für die peronistische Regierung in Europa war jedoch erheblich. Indes widmete sich Evita nach ihrer Rückkehr in erster Linie wieder den
descamisados
, obschon sie durch die Reise ihre Fähigkeit, sich als Präsidentengattin auch in höchster Gesellschaft tadellos zu bewegen, bewiesen hatte.
    Am 23. September 1947, genau einen Monat nach der Rückkehr Evitas aus Europa, organisierte die CGT eine Demonstration vor dem Präsidentenpalast, um die Ratifizierung des Gesetzes Nr. 13010 zu unterstützen, das den Frauen in Argentinien endlich Stimmrecht gewähren sollte. Bereits siebenmalhatte dem argentinischen Kongress ein ähnlicher Gesetzesentwurf vorgelegen, war jedoch immer in dieser Kammer oder im Senat durch Nichtbeachtung gescheitert. Perón aber hatte schon bei seiner Wahl 1945 angekündigt, er werde die Verfassung dahingehend ändern, und das Gesetz passierte den Kongress schließlich ohne Schwierigkeiten. Perón legte in einem feierlichen Akt – von manchen Zuschauern später als eine Art sakrale Handlung bezeichnet – eine Ausfertigung des Gesetzes in die Hände seiner Frau Evita. Die traditionelle argentinische Frauenbewegung und deren jahrzehntelange Kämpfe für die politischen Rechte und das Wahlrecht der Frauen wurden völlig ignoriert; das Stimmrecht wurde zu einem persönlichen Geschenk Peróns und seiner Gattin umgewertet. Evitas faktischer Anteil am Zustandekommen des Gesetzes zum Frauenwahlrecht war äußerst gering. Sie stilisierte sich zudem stets entsprechend den traditionellen Rollenbildern. Feministinnen hielt sie für unweiblich, und sie hob stets ihre Unterordnung unter den Führer Perón hervor. Der Peronismus integrierte die Frauen auf der Basis dieser traditionellen Rollenbilder in die Politik und betonte gerade die angeblich naturbedingten Unterschiede der Geschlechter und die daraus resultierende Arbeits- und Rollenteilung. Da die Frau von Natur aus liebevoller, intuitiver,

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