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Maechtig, mutig und genial

Maechtig, mutig und genial

Titel: Maechtig, mutig und genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Karnofsky
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wachsenden sozioökonomischen Probleme reagieren sollte.
    Daher versuchte man, mit Hilfe einer großen Demonstration der
descamisados
in Buenos Aires im August 1951 die alte charismatische Verbindung der beiden Peróns zu den sie unterstützenden Arbeitern neu zu beleben. Auf dieser Veranstaltung stand Juan Domingo Perón eher im Hintergrund, während Evitas Reden begeistert aufgenommen wurden. Sie gipfelten inder Forderung seitens der versammelten Anhänger, sie für die kommenden Wahlen als Vizepräsidentin zu nominieren. In Argentinien werden, ähnlich wie in den USA, der Präsident und sein Stellvertreter direkt gewählt. Diese Forderung war Höhepunkt und zugleich Endpunkt von Evitas politischer Karriere. Es gibt Hinweise darauf, dass Eva mit Hilfe der Gewerkschaft und des PPF selbst auf diese Forderung hingearbeitet hat, während Perón der Vorstellung eher ablehnend gegenüber stand. Einerseits weil er nicht davon überzeugt war, dass sie für diese Position geeignet war, vor allem aber auch, weil er wusste, dass dies den erbitterten Widerstand der Militärs und möglicherweise einen erneuten Putsch hervorrufen würde. Einer anderen Version zufolge sollte die Veranstaltung vor allem dazu dienen, den Verzicht zu inszenieren, um noch einmal Spannung in den Wahlkampf zu bringen, zumal an einem Wahlsieg Peróns keine Zweifel bestanden. Die neueste politische Biographie lehnt diese Theorie allerdings mit guten Argumenten als ziemlich unwahrscheinlich ab, und sieht vielmehr Evita selbst und die Gewerkschaftsführer als treibende Kräfte. Wie auch immer, der Vorschlag stand im Raum, und Evita bot sich zunächst eine Bedenkzeit aus. Eine Woche später, am 22. August 1951, erklärte sie ihren Verzicht auf das Vizepräsidentenamt. Ihre Begründung lautete Bescheidenheit, Selbstlosigkeit und Loyalität gegenüber Perón. Sie wolle weiterhin als Evita Teil des Volkes sein – nicht mehr und nicht weniger. Perón hatte sich also durchgesetzt, vermutlich mit Hinweis auf die Gefahr eines Militärputsches oder Bürgerkrieges im Falle einer Kandidatur seiner Frau. Möglicherweise hat auch ihr gesundheitlicher Zustand, den sie allmählich nicht mehr ignorieren konnte, eine Rolle gespielt.
    Eva musste schließlich einer Operation zustimmen, die aber zu spät kam. Am Wahltag gab sie vom Krankenbett aus ihre Stimme ab. Perón gewann die Wahlen mit einer noch größeren Mehrheit als 1945, und diesmal bestand die überwiegende Zahl seiner Anhänger aus Frauen.
    Evita erholte sich in den folgenden Wochen allmählich von ihrer Operation und ging wieder dazu über, Geschenke zu verteilen sowie Reden vor den
descamisados
zu halten, doch machte sich zunehmend ein apokalyptischer und messianischer Ton bemerkbar. Biographen haben dies einerseits mit der Vorahnung ihres baldigen Todes, andererseits mit der Einnahme starker Medikamente in Verbindung gebracht. Vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass Eva nun auf niemanden mehr Rücksicht nahm und sich keine Gedanken darüber machte, welche Folgen eine Radikalisierung ihrer Anhänger haben würde. Sie drohte der argentinischen »Oligarchie« unverhohlen mit Gewalt, sollten diese sich dem peronistischen Projekt widersetzen, ein Zug der späten Evita, den die peronistischen Guerilleros der 1970er Jahre mit ihrem Motto
Si Evita viviera, sería montonera
(dt.: Wenn Evita lebte, wäre sie Montonera) aufgriffen.
    Eva Perón verfügte bis zum letzten Moment über eine eiserne Willenskraft, die sie ihre politischen Aktivitäten weiterführen ließ. So hielt sie, zum Erstaunen ihrer Ärzte, am 1. Mai 1952 noch einmal eine flammende Rede vom Balkon des Präsidentenpalastes. Anschließend brach sie zusammen, und dem zweiten Amtsantritt ihres Mannes am 4. Juni konnte sie nur noch mit Hilfe von starken Medikamenten und physischer Stütze beiwohnen. Während die Gegner des Präsidenten wiederholt über das Radio Evitas Tod ankündigten, ließ die Tatsache, dass dieser noch nicht eingetreten war, ihren bereits zu Lebzeiten bestehenden Mythos weiter wachsen. Am 26. Juli 1952 schließlich verkündete das staatliche Radio das Ableben der »geistigen Führerin der Nation«. Eva Duarte de Perón war 33 Jahre alt geworden. Die Regierung verordnete Staatstrauer, und die Reihen der Argentinier, einen letzten Blick auf die Präsidentengattin zu werfen, rissen nicht ab. Die Kondolenzbücher reichten nicht aus, und die Blumenläden waren völlig ausverkauft. Bereits kurz nach ihrem Tod dachte die Gewerkschaft

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