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Maechtig, mutig und genial

Maechtig, mutig und genial

Titel: Maechtig, mutig und genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Karnofsky
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akzeptierte Form der Partnerschaft. Eva war also kein völlig unbeschriebenes Blatt, als sie Perón traf, weder persönlich noch politisch und gesellschaftlich, auch wenn beide es später so darstellten. Nach wenigen Monaten war sie zu seiner engsten Vertrauten geworden und bei politischen Besprechungen im informellen Kreis oft zugegen. Perón war unter der neuen Militärregierung Chef des Arbeitssekretariates, das wenig später in den Rang eines eigenständigen Ministeriums erhoben wurde. Als Minister versuchte er, nach dem Vorbild des italienischen Faschismus Argentinien zu einer korporativen Gesellschaft umzuwandeln, in der es zu einer Versöhnung von Arbeit und Kapital unter Führung des Staates kommen sollte. Darüber hinaus bot ihm die Position als Arbeitsminister eine hervorragende Möglichkeit, über die Schaffung von Loyalitäten und Klientel seine politische Macht zu festigen. Er verstand es vor allem, einen großen Teil der Gewerkschaften eng an sich zu binden, und Eva wurde dabei immer stärker zu seiner Stütze.
    Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verstärkte sich der Druck vor allem der USA auf die argentinische Militärregierung, so dass Präsident Edelmiro Julián Farrell im Juli 1945 freie Wahlen ankündigte. Im darauffolgenden Wahlkampf geriet Perón mit seiner Sozialpolitik ins Zentrum der Polemik. Während Perón die traditionellen Politiker diffamierte und eine »wahre Vertretung des Volkes und der Arbeiterschaft« forderte, warfen ihm seine Gegner Nähe zum Faschismus und Nationalsozialismus vor. Der Wahlkampf nahm immer heftigere Züge an, es kam zu Ausschreitungen bei den Demonstrationen, und auf Drängen der Militärs erklärte Perón schließlich seinen Rücktritt als Arbeits- und Sozialminister, was wiederum die Arbeiter und Gewerkschaften auf den Plan rief, die alle Errungenschaften, die sie unter Perón erreicht hatten, gefährdetsahen. Es folgten weitere Massendemonstrationen, die mit Toten und Verletzten endeten. Perón wurde kurzfristig inhaftiert, musste aber infolge weiterer tagelanger Demonstrationen und Streiks der Dachgewerkschaft wieder freigelassen werden. Als er sich schließlich am 17. Oktober zusammen mit dem Präsidenten auf dem Balkon des Regierungsgebäudes, der
Casa Rosada
, zeigte, war seine Präsidentschaftskandidatur nicht mehr aufzuhalten. Diese Ereignisse markieren auch den Beginn einer charismatischen Verbindung zwischen Perón, Evita und den
descamisados
(dt.: Hemdlosen), einer zunächst abwertenden Bezeichnung für die Arbeiterschaft und die Unterschichten vom Lande.
    Wo war Evita in dieser für Perón so prekären Situation? Sowohl ihren Gegnern als auch ihren Anhängern zufolge hatte sie bei der Organisation der Demonstration vom 17. Oktober eine entscheidende Rolle gespielt. Sie selbst hat später den 17. Oktober 1945 als ihre zweite Geburt bezeichnet, jedoch nie für sich in Anspruch genommen, die Ereignisse weitgehend beeinflusst zu haben. Beide Versionen haben nach heutigem Kenntnisstand wenig mit der Realität zu tun, denn Evita konnte bei diesen Ereignissen noch nicht die entscheidende Rolle spielen, da ihre Kontakte zu den Gewerkschaftsführern noch nicht gefestigt waren. Allerdings hatte sie durchaus ein politisches Bewusstsein und offenbar auch schon eine Strategie.
    Und zu dieser gehörte eine formelle Anerkennung der privaten und politischen Verbindung, die sich zwischen Perón und Eva Duarte inzwischen ergeben hatte. Kurz nach Peróns Entlassung heirateten die beiden, und die von den Konservativen wegen des nichtehelichen Zusammenlebens verachtete Geliebte, das nicht ganz salonfähige »Radiosternchen«, wurde zu Eva Duarte de Perón, der Gattin des Präsidentschaftskandidaten.
    Der Ende 1945 anstehende Wahlkampf zeigte einige Ungewöhnlichkeiten für argentinische Verhältnisse. Juan Domingo Perón beschränkte seine Kampagne nicht auf die HauptstadtBuenos Aires und die nähere Umgebung, sondern bereiste das gesamte Land. Evita begleitete ihn auf den meisten seiner Reisen und Wahlversammlungen, auch wenn sie sich zunächst im Hintergrund hielt. Im Februar 1946 gewann Perón die Präsidentschaftswahlen mit deutlicher Mehrheit. Schon wenige Wochen nach seiner Amtsübernahme begannen die Zeitungen zunehmend, über eine Reihe von Aktivitäten der Präsidentengattin zu berichten. Sie verteilte Spielzeug in einem Waisenheim, reiste in eine Stadt des Hinterlandes, um ein Krankenhaus einzuweihen und wohnte einer Parlamentssitzung bei, die über das

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