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Maechtig, mutig und genial

Maechtig, mutig und genial

Titel: Maechtig, mutig und genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Karnofsky
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sein Testament fünfmal geändert haben. Nach dem Tod des Verlegers 1969 verklagte Guadalupe Zapata die Witwe denn auch im Namen ihrer Tochter, und nach einem jahrelangen Prozess ging Nobles Farm in Córdoba sowie sein Kaufhaus
Galerías Pacífico
in Buenos Aires an seine Tochter Guadalupe. Die Tageszeitung aber behielt Ernestina. Längst hatte sie das Direktionsbüro bezogen. Solange Noble lebte, hieß sie in der Zeitung La Piti, weil er sie so genannt hatte, nach seinem Tod war sie dort nur noch La Viuda, die Witwe.
    Zwar mischte sie sich im ersten Jahr nach dem Tod ihres Mannes nicht in das tägliche Geschäft ein, doch sie sorgte dafür, dass das Erbe ihres Mannes hochgehalten wurde, zunächst mit Unterstützung Frigerios, der ihr mit seinen politischen Kontakten auch behilflich war, frisches Geld für das verschuldete Blatt zu bekommen.
    Noble hatte in den Jahren vor seinem Tod dem
desarrollismo
angehangen und ihn in seiner Zeitung propagiert. Diese politische Strömung, die vor allem die Wirtschaftspolitik unter Präsident Arturo Frondizi (1958–1962) bestimmte und deren Chefideologe in Argentinien Frondizis Staatssekretär für sozio-ökonomische Beziehungen Rogelio Frigerio war, strebte die Industrialisierung des Landes mit Hilfe ausländischen Kapitals vor allem in den Bereichen Metallverarbeitung, Petrochemie und Automobilproduktion an. Diesem Ziel verschrieb sich auch die Witwe, so wie sie auch bis heute an Nobles Idee festhält, eine Zeitung für die Mittelschicht zu machen.
    Nachdem sie sämtliche Bücher ihres Mannes studiert hatte, nahm sie dann um 1970 das Steuer der Zeitung selbst in die Hand. Zum Wohle des
Clarín
, den sie wie Noble zur wichtigsten Zeitung des Landes machen wollte, mischte sich die attraktive Witwe unter die Reichen und Mächtigen des Landes, und es bereitete ihr keinerlei Kopfzerbrechen, dass Argentinien gerade von den Militärs unter General Juan Carlos Onganía regiert wurde. Sie erreichte, dass ihr die Regierung eine Ausnahmegenehmigung zum Import modernster Druckmaschinen erteilte. Zu deren Einweihung hielt Ernestina Herrera am 28. August 1970 im neuen Gebäude der Zeitung in der Calle Piedras im Beisein des Wirtschaftsministers ihre erste öffentliche Rede, in der sie ausdrücklich die am
desarrollismo
orientierte Wirtschaftspolitik der Militärregierung lobte.
    Ein Jahr später empfahl Rogelio Frigerio der Witwe mit Héctor Magnetto einen jungen Wirtschaftsfachmann von der Universität La Plata, der Frigerios kleiner desarrollistischer Partei
Movimiento de Integración y Desarrollo
(MID, dt.: Bewegungfür Integration und Entwicklung) angehörte. Herrera de Noble stellte ihn ein, über die Jahre wurde er ihr engster Vertrauter, und, so wurde zumindest gelegentlich gemunkelt, auch ihr Liebhaber. Gemeinsam sorgten die beiden künftig dafür, dass
Claríns
Kommentatoren sich an die von der Führung vorgegebene politische Marschrichtung hielten.
    2007 sollte Jorge Fontevecchia, Verleger des Konkurrenzblattes
Perfil
, über Héctor Magnetto schreiben: »Die außergewöhnliche Energie, die Aufopferung und das Talent, die Magnetto 35 Jahre lang in
Clarín
an den Tag gelegt hat, haben es möglich gemacht, dass aus einer erfolgreichen Tageszeitung die größte Mediengruppe der argentinischen Geschichte wurde.« Zwar erkrankte Magnetto vor einigen Jahren an Kehlkopfkrebs, doch nach wie vor ist er Präsident und CEO der
Clarín
-Gruppe. Seit er den Medienkonzern 2007 in London und Buenos Aires an die Börse führte, hält er gemeinsam mit Herrera de Noble und zwei weiteren argentinischen Aktionären gut 70 Prozent der Aktien, Goldman Sachs hat knapp zehn Prozent in Händen, rund 20 Prozent sind in Streubesitz.
    Ihr Biograph Llonto sagt Ernestina lediglich begrenzte intellektuelle Fähigkeiten nach, doch sie lernte, Leitartikel zu schreiben, wobei sie sich an den Texten ihres verstorbenen Mannes orientiert haben soll. Vor allem aber oblagen ihr auch nach der Einstellung Magnettos weiterhin die Kontakte zu Politik und Wirtschaft, wobei Llonto davon ausgeht, dass sie lediglich Magnettos Anweisungen folgte. Im Vorfeld des Urnenganges von 1973 speiste sie mit dem späteren Wahlsieger, dem Peronisten Héctor Cámpora. Da sich
desarrollismo
und Peronismus in der Wirtschaftspolitik weitgehend einig waren, bezog
Clarín
nun für den Peronismus Position, zunächst auch noch, als Cámpora den Präsidentenstuhl geräumt hatte, um eine dritte Wiederwahl seines Parteiführers Juan Domingo Perón zu

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