Maechtig, mutig und genial
ihr dennoch vor, entgegen ihres Versprechens die ungleiche Einkommensverteilung nicht angetastet zu haben. Zwischenzeitlich sanken ihre Beliebtheitswerte auf 40 Prozent. Auch wurde ihr vorgeworfen, dass sie ihre Pläne zur weiteren Demokratisierung des Landes nicht nachdrücklich genug vorangetrieben habe.
Ihre Umweltpolitik war ebenfalls umstritten, da sie zwar einerseits verstärkt auf erneuerbare Energien setzte, die bis 2015 fünf Prozent der Energieversorgung decken sollen, andererseits aber eine neue Flüssiggasanlage bauen ließ.
Größte Kritik trug ihr jedoch die Reform des öffentlichen Nahverkehrs ein. Zwar war der »Plan Transantiago« noch vonder Regierung Lagos entworfen worden, doch für die Implementierung zeichnete Bachelet verantwortlich. Die Umsetzung aber führte zu Chaos, zu langen Schlangen an den Haltestellen, zu überfüllten U-Bahnstationen und zu Demonstrationen in den Randbezirken, weil die Busse fehlten. Es zeigte sich, dass der Staat in den unter Pinochet allein Privatfirmen überlassenen öffentlichen Nahverkehr nicht genügend ordnend eingreifen konnte. Bachelet gestand ein, dass die Reform nicht ausreichend vorbereitet war und bildete erneut ihr Kabinett um. Dabei gab sie die Geschlechterparität auf.
Zwar mag sie nicht alles umgesetzt haben, was sie sich vorgenommen hat, doch selbst ihre Kritiker halten ihr zugute, dass sie für sozialpolitische Fortschritte gesorgt hat. Mit ihrer Rentenreform hat sie eine Mindestrente, einen Rentenzuschlag für jedes Kind, einen Rentenausgleich zwischen Ehepartnern im Falle der Scheidung sowie eine Mindestrente für Hausangestellte eingeführt. Nicht nur mit dieser Rentenreform hat sie der Geschlechtergleichheit zu mehr Beachtung verholfen. Im
Global Gender Gap Report
des Weltwirtschaftsforums von 2011 erscheint Chile als eines der zehn Länder, die sich in den vergangenen vier Jahren am meisten verbessert haben, von Rang 78 auf Rang 30. So kam es nicht von ungefähr, dass Michelle Bachelet nach dem Ende ihrer Präsidentschaft am 14. September 2010 von UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon zur Chefin der neu geschaffenen UNO-Abteilung für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Stellung der Frau ernannt wird.
Ausgewählte Literatur:
Bachelet, Michelle: »Trazos de mi vida«. Auf: http://www.tongoydigital.cl/BiografiaMichelleBachelet.htm , 14.5.2012.
Centro de Estudios y Documentación Internaticonales de Barcelona (CIDOB): »Michelle Bachelet Jeria«. 12.3.2010. Auf: http://www.cidob.org/es/documentacio/biografias_lideres_politicos/
america_del_sur/chile/michelle_bachelet_jeria , 14.5.2012.
Gerhard Dilger: »Die Verbündete«. In:
taz
, 9.12.2005. Auf: http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2005/12/09/a0214 , 14.5.2012.
Humboldt-Universität zu Berlin: »Ich will da sein für die Menschen in ihrem Schmerz«. Interview von Heike Zappe mit Michelle Bachelet, 2009. Auf: http://www.hu-berlin.de/alumni/prominente/interviews/bachelet , 14.5.2012.
Werner A. Perger: »Versöhnung ist nicht mein Wort«. In:
Die Zeit
, Nr. 3/2003. Auf: http://www.zeit.de/2003/03/Bachelet , 14.5.2012.
Stephan Ruderer: »Vom ›neuen Politikstil‹ zum Krisenmanagement in Chile: Ein Jahr Bachelet«. In: GIGA Focus, Nr. 5/2007. Auf: http://www.gigahamburg.de/dl/download.php?d=/content/publikationen/pdf/gf_lateinamerika_0705.pdf , 14.5.2012.
CRISTINA FERNÁNDEZ DE KIRCHNER
ARGENTINIEN, *1953
Cristina Fernández de Kirchner wurde im Oktober 2011 zum zweiten Mal in Folge zur argentinischen Staatspräsidentin gewählt, mit dem besten Ergebnis, das bei einer Präsidentschaftswahl nach der Rückkehr zur Demokratie 1983 erreicht wurde. In der argentinischen Geschichte erzielten nur der Gründer von Kirchners politischer Bewegung, Juan Domingo Perón, und der Radikale Hipólito Yrigoyen bessere Ergebnisse. Sie ist die zweite Frau auf dem argentinischen Präsidentenstuhl nach Isabel Perón ( S. 118 ), doch die erste, die vom Volk zur Präsidentin gewählt wurde und nicht im Schlepptau ihres Mannes, sondern als erfahrene Politikerin. Die Juristin blickt auf langjährige politische Erfahrung als Parlamentsabgeordnete und Senatorin zurück.
Cristina Elisabet Fernández Wilhelm wurde am 19. Februar 1953 in La Plata geboren. Sie hat eine zwei Jahre jüngere Schwester, Giselle. Ihr Vater, Eduardo Fernández, hing der Radikalen Bürgerunion an, ihre Mutter Ofelia Wilhelm, eine Angestellte der Steuerbehörde, war dagegen Peronistin und Gewerkschaftsführerin. Die
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