Maechtig, mutig und genial
nie gesehen, unter welch schwierigen Bedingungen die Armen lebten. Seitdem setze sie sich für dieses »andere Kolumbien« ein und erziehe auch ihren Sohn dazu.
Es gelang ihr, Investoren und Hilfsorganisationen dazu zu bewegen, sich in Medellín zu engagieren. Ihre Arbeit ermöglichte die Reintegration vieler Jugendlicher in die Gesellschaft, was ihr zu Ansehen im ganzen Land verhalf. Sie gilt seitdem als glänzende Vermittlerin. Angeblich ist es unmöglich, mit ihr in Streit zu geraten.
Präsident Gaviria prämierte ihre gute Arbeit in Medellín: 1993 wurde María Emma Mejía zur Botschafterin Kolumbiens in Spanien ernannt. Dort erwarb sie sich den Ruf einer aktiven und effizienten Diplomatin.
1994 hatte der Liberale Ernesto Samper die Präsidentschaftswahlen gewonnen. Samper war während seiner gesamtenAmtszeit sehr umstritten: Ihm wurde vorgeworfen, für seine Wahlkampfkasse sechs Millionen Dollar vom Drogenkartell von Cali akzeptiert zu haben. Dennoch blieb María Emma Botschafterin in Spanien, obwohl einige ihrer Diplomatenkollegen ihre Ämter niederlegten. Nach ihrer Rückkehr aus Spanien 1995 nahm sie Sampers Angebot an, das Erziehungsministerium zu übernehmen. Ein Jahr später wechselte sie dann für knapp drei Jahre ins Außenministerium. Eine Frau auf dem Sessel des Chefdiplomaten war damals in Kolumbien nicht mehr ungewöhnlich: Bereits von 1991 bis 1994 hatte die konservative Politikerin Noemí Sanín das Außenamt bekleidet. Im Übrigen war es Sanín, die – damals Kommunikationsministerin – María Emma Mejía 1985 auf Vorschlag von Präsident Betancur zur Leiterin des Nationalen Filminstituts ernannt hatte.
Samper soll bei ihrer Amtsübernahme als Außenministerin zu Mejía gesagt haben, sie werde von nun an das schöne Gesicht Kolumbiens im Ausland sein. Unter ihren Freunden herrschte damals Unverständnis, als sie bereit war, Außenministerin einer Regierung zu werden, deren Präsident von den USA aufgrund seiner mutmaßlichen Verstrickungen mit dem Drogenhandel das Einreisevisum verweigert wurde, schrieb damals die Tageszeitung
El Tiempo
.
Ihre Mitarbeiter im Außenministerium beschrieben sie als eine disziplinierte Frau mit fotografischem Gedächtnis, die so diplomatisch sei, dass sie selbst, wenn sie Rüffel austeilte, noch lächelte. Angeblich pflegte sie ihre Mitarbeiter Sonntagnachmittags telefonisch an ihre Aufgaben der nächsten Woche zu erinnern. In den montäglichen Koordinationssitzungen ihres Ministeriums soll immer ihre erste Frage gewesen sein: »Wie kommen wir in dieser Woche in die Nachrichten?«
María Emma Mejía überstand die Präsidentschaft Sampers, ohne dass ihr Ansehen Schaden genommen hätte. Bei den Wahlen 1998 stellten sie die Liberalen denn auch für das Amt der Vizepräsidentin auf. Horacio Serpa, der Präsidentschaftskandidat,verlor jedoch in der Stichwahl gegen den Konservativen Andrés Pastrana.
Pastrana hatte der Bevölkerung versprochen, er werde im Falle seiner Wahl Friedensverhandlungen mit den beiden seit Mitte der 1960er Jahre aktiven Guerillaorganisationen
Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia
(FARC, dt.: Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) und
Ejército de Liberación Nacional
(ELN, dt.: Nationales Befreiungsheer) aufnehmen. Wegen ihres inzwischen beinahe sprichwörtlichen Verhandlungsgeschicks berief Pastrana María Emma Mejía in sein Verhandlungsteam mit den FARC. Ihr Foto mit dem inzwischen verstorbenen FARC-Führer Manuel Marulanda ging um die Welt, und ihr Gesicht wurde zum Symbol des Friedenswillens seitens der Regierung. Sie war bis 2001 an den Verhandlungen beteiligt. Diese wurden am 21. Februar 2002 von der Regierung für gescheitert erklärt. Ab Januar 2002 gehörte María Emma dann auch der Kommission für den Friedensdialog zwischen der Regierung und der ELN an, der ebenfalls ergebnislos verlief. Die Guerilla habe nicht wahrgenommen, dass sich Kolumbien seit ihrer Entstehung in den 1960er Jahren verändert habe, erklärte sie 2007: »Kolumbien ist heute trotz aller Schwierigkeiten weniger feudalistisch.« Dennoch ist Mejía davon überzeugt, dass Frieden mit den Guerillaorganisationen nicht mit militärischen Mitteln, sondern nur auf dem Verhandlungsweg zu erreichen ist.
1999 übernahm sie zudem eine eigene Fernsehsendung. Unter dem Titel »Reportajes de fin de siglo« (dt.: Reportagen zum Ende des Jahrhunderts) sprach sie mit berühmten Persönlichkeiten wie dem ehemaligen südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela, dem
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