Maechtig, mutig und genial
Identifikation zu erschweren, die Fingerkuppen abgeschnitten worden sein. 1984 wurde im Zuge der Nachforschungen der
Comisión Nacional Sobre la Desaparición de Personas
(CONADEP, dt.: Nationale Kommission zum Verschwinden von Personen) und der Prozesse gegen die Militärjunta auf dem Friedhof von General Lavalle ein erstes Massengrab entdeckt, und Richter Horacio Cattani begann, die Fälle dieser unbekannten Verschwundenen zu untersuchen.
Im Jahr 2002 zeigten deklassifizierte Geheimdokumente der USA, dass es der US-Botschaft bereits seit 1978 bekannt war, dass Azucenas Leiche am 20. Dezember 1977 an der Atlantikküste angeschwemmt worden war. Doch die Botschaft hat geschwiegen und die Familie im Ungewissen gelassen.
Erst 2003 wurden Azucena Villaflors sterbliche Überreste in einem namenlosen Grab ausfindig gemacht, gemeinsam mit den Leichen von Esther Careaga und María Eugenia Bianco sowie fünf weiteren Verschwundenen. Richter Cattani beauftragte daraufhin das
Equipo Argentino de Antropología Forense
(EAAF, dt.: Argentinisches Team für gerichtsmedizinische Anthropologie), das 1984 eigens dafür gegründet worden war, um die Identität der Verschwundenen festzustellen. Am 8. Juli 2005 erhielt der Richter das Gutachten der EAAF: Die Toten zählten tatsächlich zu der Gruppe von Verschwundenen, die zwischen dem 8. und dem 10. Dezember 1977 entführt worden waren. Und die Gründerin der Mütter der Plaza de Mayo war unter den Toten, das ergab die Untersuchung der DNA. DieGerichtsmediziner bestätigten, dass ein Fall aus großer Höhe die Todesursache war.
Die sterblichen Überreste von Azucena wurden verbrannt. Auf Wunsch ihrer drei noch lebenden Kinder wurde ihre Asche am Fuß der Pyramide auf der Plaza de Mayo ausgestreut, die sie so oft umrundet hatte. An der Pyramide wurde eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Mutter der Mütter der Plaza de Mayo enthüllt.
POSTSCRIPTUM
Alfredo Astiz sowie Hunderten von Schergen der Diktatur wurde mit dem Befehlsnotstandsgesetz von 1986 bescheinigt, lediglich auf Befehl entführt, gefoltert und gemordet zu haben. In Frankreich wurde der »Blonde Todesengel«, wie er genannt wird, 1990 in Abwesenheit zu lebenslänglicher Haft an den beiden Nonnen Alice Domon und Léonie Duquet verurteilt. Seitdem kann er Argentinien nicht mehr verlassen, da er per Interpol gesucht wird. Auch Spanien verlangte 1997 seine Auslieferung, um ihn wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht zu stellen. 2008 folgte eine weitere Verurteilung in Abwesenheit in Italien, wegen Mordes an drei italienischen Staatsbürgern. 2003 annullierte der argentinische Kongress das Befehlsnotstandsgesetz, und 2006 wurde Astiz in Haft genommen und gegen ihn und andere Mitglieder de GT332 wurde ein Verfahren wegen des Verbrechens in der Santa-Cruz-Kirche eingeleitet. Er wurde am 26. Oktober 2011 von einem Gericht in Buenos Aires zu lebenslanger Haft verurteilt.
Ausgewählte Literatur:
David Wroclavsky:
Azucena Villaflor
. Dokumentarfilm. Buenos Aires 2005. Auf: http://edant.clarin.com/diario/2005/12/12/conexiones/azucena.htm , 14.5.2012.
Sechsteiliger Dokumentarfilm auf Spanisch, der Zeitzeugen zu Wort kommen lässt und Azucena Villaflors Biographie, ihre Arbeit bei den Müttern, ihr Verschwinden und die Aufklärung des an ihr begangenen Verbrechens rekonstruiert.
Die Daten, die über Azucena Villaflor in zahlreichen Presseartikeln veröffentlicht wurden, varieren. Dieser Beitrag richtet sich nach den Zeugenaussagen dieses Films.
»Hallaron los restos de la compañera Azucena Villaflor«. Ohne Ort, 8.7.2005. Auf: http://www.plataforma-argentina.org/spip.php?article212 , 14.5.2012. Der Artikel enthält eine kurze Biographie so wie Äußerungen anderer Mütter über Azucena Villaflor.
Katharina Peters: »Der Verrat des blonden Todesengels« vom 27.9.2011. Auf: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,781096,00.html , 14.5.2012. Bericht über Alfredo Astiz.
* Die Mütter der Plaza de Mayo spalteten sich 1986 in die Gründungslinie und die Vereinigung der Mütter der Plaza de Mayo, die bis heute Hebe de Bonafini anführt. Ein Grund für die Spaltung war die Kritik am undemokratischen Führungsstil von Hebe de Bonafini, ein zweiter war der Vorwurf der Bonafini-Anhängerinnen, die Gründungslinie paktiere zu sehr mit dem damaligen Präsidenten Raúl Alfonsín von der Radikalen Bürgerunion.
»TANIA« HEIDE TAMARA BUNKE
ARGENTINIEN/DEUTSCHLAND, 1937–1967
Tania, la guerrillera«
, die »schöne
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