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Mädchen im Moor

Mädchen im Moor

Titel: Mädchen im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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im Stallzeug –«
    »Das macht nichts.«
    »Es stinkt.«
    »Ich weiß, wie Kühe riechen. Kommen Sie!«
    Er schloß das Fenster und zog die Gardine vor. Dr. Spieß beobachtete von der Seite Monika Busse. Die anderen Mädchen sprachen mit ihr und schielten zum Fenster hinauf.
    »Jetzt raten sie, was los ist«, sagte er.
    »Und da sie alle ein schlechtes Gewissen haben, bekommt sie Verhaltensmaßregeln.«
    »Sie wissen, daß sie ein schlechtes Gewissen haben?«
    »Aber ja. Denken wir an unsere Jugend. Wir hatten immer etwas angestellt, und wenn man uns rief, ging's uns wie den Hunden … wir ließen die Ohren hängen und hoben im voraus um Verzeihung das Pfötchen. Die Mädels sind nicht anders … aber das sind Dinge, die ich nicht sehen will. Ein bißchen Versteckspielen würzt das Leben –«
    Es klopfte zaghaft. Dr. Schmidt winkte und Dr. Spieß setzte sich so, daß er Monika beim Eintritt sehen konnte, sie ihn aber nicht sofort bemerkte.
    »Ja. Herein!«
    Monika Busse kam herein. Sie hatte das Kopftuch abgenommen und drehte es nervös zwischen den Fingern. Die letzten Worte Hilde Marchinskis gingen ihr durch den Kopf. »Wenn er dich fragt, was du mit dem Plastikbeutel gemacht hast, so stell dich ganz doof. Und wenn er weiter bohrt, sagste einfach, du weißt von nichts. Der Beutel war weg …«
    »Kommen Sie näher, Monika«, sagte Dr. Schmidt freundlich. Er übersah ihre Nervosität und brannte sich eine Zigarette an. »Wir haben Besuch. Sehen Sie mal dorthin –«
    Monikas Kopf flog herum. Vater, dachte sie. Oder Mutter. Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus, ihr Gesicht wurde bleich, blutleer. Aber in dem Sessel saß nur ein junger, schlanker Mann, der sich jetzt erhob und auf sie zukam.
    »Du –«, sagte sie stockend. »Jochen … Oh, Verzeihung … Herr Dr. Spieß …«
    »Wenn du es willst, kannst du ruhig Jochen zu mir sagen.«
    Monika Busse senkte den Kopf und wandte sich ab. »Aber … ich möchte es nicht … Ich … ich …« Sie drückte das zerknüllte Kopftuch an das Gesicht und weinte laut. Dr. Schmidt sah Dr. Spieß ausgesprochen entgeistert an.
    »Sie kennen sich?«
    »Ja. Wir sind Nachbarskinder.« Dr. Spieß wußte nicht, ob er zu Monika treten sollte, um sie zu trösten oder ob es besser war, nichts zu tun. Im gegenwärtigen Zeitpunkt war sie seine Mandantin, weiter nichts. Persönliche Gefühle hatten zu schweigen. »Während des Studiums und später in der Referendarzeit habe ich sie etwas aus den Augen verloren. Leider … vielleicht wäre vieles anders gekommen.«
    »Warum schreibt Mutter nicht –?« schluchzte Monika. Sie wischte sich die Tränen vom Gesicht und bemühte sich, Haltung zu bewahren.
    »Ich soll dir herzliche Grüße von ihr bestellen. Auch von Vater … Darum bin ich hier. Sie haben mich gebeten, mich um dich zu kümmern. Ich habe mir die Akten geben lassen und glaube, einen Revisionsgrund gefunden zu haben.«
    »Nein!« sagte Monika fest. Dr. Spieß und Dr. Schmidt sahen sich verblüfft an.
    »Was heißt ›Nein‹?« fragte Dr. Schmidt.
    »Ich will keinen neuen Prozeß.«
    »Und warum nicht?«
    »Ich will für das, was ich getan habe, auch büßen. Und es gefällt mir gut hier –«
    »Das ist sehr dramatisch, liebe Monika, das sagt sich schön: Ich will büßen!« Dr. Spieß nahm Monikas Hände, zog sie zu einem Sessel und drückte sie hinein. »Setz dich erst mal.« Er wandte sich zu Dr. Schmidt um, der etwas säuerlich lächelte. »Es ist doch erlaubt?«
    »Eigentlich nicht. So weit geht das Wort ›offen‹ im Strafvollzug nicht. Aber bitte, lieber Doktor … drücken wir mal ein Auge zu … weil Sie Nachbarskinder sind.«
    »Ich danke Ihnen, Herr Regierungsrat.« Es war eine so große Sympathie zwischen ihnen, daß es keiner weiteren Worte bedurfte. Monika Busse hockte auf dem Sesselrand, die Hände im Schoß gefaltet und stierte auf den roten Teppich vor sich.
    Dr. Spieß setzte sich ihr gegenüber. »Nun erzähl mal, wie alles war.«
    »Es steht alles in den Akten …«
    »Ich würde mich bemühen, eine andere Sprache zu nehmen …«, sagte Dr. Schmidt tadelnd. Dr. Spieß schüttelte leicht den Kopf und beugte sich vor.
    »Was in den Akten steht, habe ich alles gelesen. Aber ich glaube es nicht.«
    »Sie können es glauben! Ich habe Schmiere gestanden, ich habe mit Vaters Wagen die gestohlene Ware weggebracht, ich habe sie verkauft und ich habe Gelegenheiten ausspioniert, wo man neue Einbrüche machen könnte –«
    »Und warum?«
    Monika Busse schwieg. Dr. Spieß

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