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Mädchen im Moor

Mädchen im Moor

Titel: Mädchen im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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getroffen.«
    »Vor der Haustür habe ich dich dann geküßt –«
    »Ganz plötzlich. Wie ein Überfall.«
    »Es war auch ein Überfall. Ich hatte allen meinen Mut zusammengenommen. Hinterher war ich wie vor den Kopf geschlagen.«
    »Ich bin weggelaufen, ins Haus, die Treppe hoch.«
    »Wie von Furien gehetzt.«
    »Ich hatte Angst, mich in dich zu verlieben.«
    »Warum Angst?«
    »Wer war ich denn? Ein kleines Mädchen, die Tochter eines armen Fuhrunternehmers. Und du, du warst der Dr. jur. und arbeitetest in der Stadtverwaltung. In einem Monat habe ich meinen Assessor, hast du mir auf dem Weg erzählt. Das klang so gewaltig. Assessor! Und dann hast du mich geküßt. Da konnte ich nichts anderes tun, als weglaufen.«
    »Und heute. Würdest du heute auch wieder weglaufen?«
    Er beugte sich über sie. Ihr Kopf fuhr zurück, ihr Gesicht lag unter ihm, ein von Erinnerung und inneren Kämpfen durchzucktes, wundervolles, zwischen Kindhaftigkeit und Fraulichkeit schwankendes Gesicht.
    »Ja –«, sagte sie kaum hörbar.
    »Und warum?«
    »Jetzt bist du der große Anwalt geworden, und ich bin noch tiefer … eine im Gefängnis sitzende Verbrecherin …«
    »Ein kleines, dummes, süßes Ika-Mädchen bist du«, sagte Dr. Spieß und legte beide Hände um ihr Gesicht. Er hielt es wie in einem Schraubstock fest, damit es ihm nicht wieder entglitt. »Willst du meine Frau werden, Ika?«
    Sie nickte in seinen Händen, aber sie lächelte nicht. Stumm flossen ihr die Tränen aus den blauen, großen, wie vor Angst weiten Augen.
    Er küßte sie. Ihre Lippen waren kalt, ertrugen den Kuß, aber sie öffneten sich nicht und erwiderten nicht seine Zärtlichkeit. Ein Zittern durchlief ihren Körper, die Hände krallten sich in die Sessellehnen.
    Mit einem Ruck befreite sie sich aus seinen Händen und sprang auf. »Es wird kein schönes Leben werden, Jochen –«, sagte sie leise und wich zurück, als er auf sie zuging.
    »Ein herrliches Leben, Ika.«
    »Ich bin eine Verbrecherin. Ich war im Gefängnis.«
    »Wen geht das etwas an?«
    »Alle, die dich kennen! Du wirst von allen ausgestoßen werden, wenn man es erfährt. Der Anwalt mit der Sträflingsfrau, wird es heißen. Ich werde nie in deine Gesellschaft passen.«
    »Dann verzichten wir auf diese Gesellschaft. Wenn wir zwei zusammenhalten, wenn einer sich nur als ein Teil des anderen fühlt – was auf der Welt wäre stärker als wir? Mein Gott – wir sind ja noch jung, Ika. So wundervoll jung. Begreif es doch … du bist achtzehn Jahre! Alles liegt ja noch vor uns, diese herrliche, von uns noch nicht entdeckte Welt. Worauf sollen wir zurückblicken … auf diesen kleinen Tropfen Säure, der auf unsere Lebensstraße gefallen ist? Was ist das denn, ein Tropfen? Überspringen wir ihn – und dann weiter …« Er zog Monika wieder an sich und legte die Arme um sie. »Vater und Mutter haben auch schon Ja gesagt.«
    Sie legte den Kopf an seine Brust und weinte wieder.
    »Ich habe Angst, Jochen«, schluchzte sie.
    »Ich werde sie dir nehmen. Du mußt nur wissen, ob du mich in dem gleichen Maße liebst, wie ich dich liebe. Für mich bist du ein Teil meines Lebens geworden, ohne den es unvollkommen bleiben wird.«
    »Ich habe dich immer geliebt«, sagte sie leise. »Das weißt du doch.« Sie hob das Gesicht zu ihm und versuchte unter Tränen zu lächeln. »Eine ganz dumme Frage: Wann heiraten wir?«
    »Gleich, wenn du entlassen bist. Ich werde das Bewährungsgesuch durch eine Vorsprache bei dem Minister beschleunigen.«
    Sie legte den Kopf wieder gegen seine Brust und umschlang seinen Rücken. »Ich kann es noch gar nicht glauben. Ich bin doch ein schlechtes Mädchen. Ich bin eine Vorbestrafte. So etwas kannst du doch nicht heiraten –«
    »Du bist ein ganz dummes, kleines, liebes Mädchen, weiter nichts. Und in einigen Monaten bist du Frau Spieß. Nur daran sollst du noch denken. Allein nur daran! Verstanden?!«
    »Verstanden!« Monika lachte. Es klang noch nicht befreit, aber das Glück schwang schon mit. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küßte Jochen. Und diesmal waren ihre Lippen warm, voll Leben und blutvoller Hingabe.
    »Es wird schwer bestraft, wer Intimitäten mit Gefängnisinsassen austauscht!« sagte eine Stimme hinter ihnen. Sie fuhren auseinander, als seien sie tatsächlich ertappte Sünder. Dr. Schmidt stand in der Tür und winkte lachend.
    »Darf ich als erster gratulieren?! Auf Wildmoor geschehen tatsächlich Dinge, bei denen sich jedem Juristen die Haare sträuben. Auch

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