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Mädchen im Moor

Mädchen im Moor

Titel: Mädchen im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mir. Ich gratuliere –«
    Käthe Wollop hatte man nach einem letzten Versuch und eindringlicher Ermahnung doch nach zehn Tagen von Dr. Röhrig zurückholen müssen. Sie wurde als Sofortvollzug erst einmal in den Dunkelkeller gesperrt und hörte sich ungerührt die Strafpredigt an, die Dr. Schmidt ihr in der Zelle hielt. Die Drohung, sie wieder in eine normale Anstalt zurückzuschicken, beantwortete sie mit einem Achselzucken.
    Diesmal machte Dr. Schmidt Ernst. Obwohl es ein Eingeständnis des Versagens war, stellte er den förmlichen Antrag, Käthe Wollop wieder in ein Frauengefängnis zu überführen. Es war besser, ein Mädchen zu opfern, als die gesamte Gemeinschaft und das große Werk Wildmoor dem schädlichen Einfluß Käthes auszusetzen. Wie ein Schimmelpilz war ihr verderblicher Einfluß, überall kamen faulige Stellen zum Vorschein, die alte Weisheit bewahrheitete sich wieder, daß das Schlechte die mächtigste Macht ist, daß Schwarz immer besser deckt als Weiß. Um den Geist von Wildmoor zu erhalten, mußte Käthe Wollop ausgestoßen werden.
    In die zweimal wöchentliche Sprechstunde Dr. Röhrigs auf Gut Wildmoor kam, drei Wochen nach der Rückkehr Käthes, auch Vivian v. Rothen. Sie hatte sich krank gemeldet, fieberte etwas und hatte tiefe, dunkle Ringe unter den Augen. Der Blick dieser Augen aber war es, der Dr. Röhrig unruhig werden ließ. Es waren Augen voll Wissen und Haß.
    »Was haben wir denn, Vivian?« fragte er und fühlte den Puls. »Fieber? Kopfschmerzen? Magenverstimmung?«
    »Nein.« Vivian v. Rothens Mund war schmal wie ein Messerrücken. »Ich habe mich infiziert.«
    »Laß mal sehen. Wo und wie denn? Ein rostiger Nagel im Stall?«
    »Nein – ein Tier im Heu!« Sie schrie es heraus und riß sich dabei den Rock vom Leib. Mit einem wilden Schwung warf sie sich auf die Untersuchungschaise und drückte die geballten Fäuste gegen die Brust. »Ich weiß es seit zwei Wochen. Aber ich wollte es nicht glauben. Ich habe immer gehofft, daß es aufhört, daß es nur eine Erkältung ist, ich habe sogar gebetet, Doktor: Lieber Gott, laß mich nicht krank sein, nicht so krank … Aber das war Selbstbetrug. Ich weiß, was ich habe –«
    Dr. Röhrig nagte an der Unterlippe. Mein armer Peter Schmidt, dachte er erschüttert. Wenn das stimmt, kannst du in die Wüste gehen. Ausgerechnet Vivian v. Rothen –
    Er ging zum Instrumententisch, zog seine Gummihandschuhe über, nahm eine flache Glasschale und einen gläsernen Spatel. Schon während des Abstriches war die Diagnose klar, so völlig deutlich, daß es eigentlich eine nutzlose Arbeit war, den Abstrich zu untersuchen.
    Er trug die Glasschale zu einem Metallschrank, verschloß ihn, warf die Gummihandschuhe in eine Sterillösung und wusch sich außerdem noch mit heißem Wasser und antiseptischer Seife die Hände. Vivian v. Rothen zog sich wieder an. Ihr bleiches, schmales, im Elend versinkendes Gesicht war seltsam starr.
    »Es stimmt doch, Doktor?« fragte sie.
    »Ja.« Die Stimme Dr. Röhrigs war rauh vor Erregung. »Sie kommen sofort auf Isolierstation!« Er fuhr herum, und plötzlich brüllte er. »Zum Teufel, wie war das denn möglich?! Wie bist du Luder denn an den Mann gekommen?«
    »Er hat mich bei dem Bauern Heckroth in der Scheune überfallen.«
    »Einer der Moorknechte? Wer war es?«
    »Das sage ich nicht.« Vivian v. Rothen warf den Kopf in den Nacken.
    »Du mußt es sagen! Der Kerl kann ja noch andere Mädchen infizieren! Es ist deine Pflicht, zu sagen, wer –«
    »Meine Pflicht? Ich kenne meine Pflicht ganz genau, Doktor. Man braucht sie mir nicht vorzusagen. Suchen Sie den Mann – Sie werden sich totsuchen! Ich nenne den Namen nicht – ich … ich … Ach, was geht das Sie an?!«
    »Ich werde Sie in den nächsten Tagen ins Gefängnislazarett verlegen lassen«, sagte Dr. Röhrig kühl. »Wissen Sie, daß Sie dem Bauern Heckroth damit ungeheure Schwierigkeiten bereiten?«
    »Er kann gar nichts dafür.«
    »Es ist auf seinem Hof geschehen. Er hatte die Aufsichtspflicht über Sie!«
    »Ich bin überfallen worden! Überfallen! Begreifen Sie das denn nicht?« schrie Vivian schrill. »Ich bin mißhandelt worden!«
    »Und haben es nicht sofort gemeldet.«
    »Halten Sie es nicht für möglich, daß sich ein Mädchen auch meines Schlages einmal schämen kann?«
    Dr. Röhrig schwieg. Er rief in Block 1 an und benachrichtigte Julie Spange von der Einweisung Vivians in die Isolierstation. »Ja«, sagte Dr. Röhrig giftig. »In die Isolierstation. Sie

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