Mädchen im Schnee
Höhle zu bauen. Weil sie die Kamera in der Hand hielt, konnte sie nicht mit den Händen nachhelfen, sondern musste sich damit begnügen, mit den Stiefelsohlen zu stampfen. Sie kam richtig ins Schwitzen, und der Schweiß lief ihr den Rücken hinunter.
Da tauchten Autoscheinwerfer zwischen den Bäumen auf. Verdammt! Sie war noch gar nicht fertig, aber das war jetzt egal. Jetzt musste sie sich rasch in die Grube kauern.
Und das Handy! Das musste sie unbedingt noch stumm stellen!
Während Magdalena ihr Mobiltelefon aus der Tasche nestelte, fuhr das Auto vorbei und parkte neben Jens’ Wagen. Sie schüttelte den Handschuh in den Schnee und drückte auf »lautlos«. Ausschalten wollte sie es nicht, falls …
Sie atmete aus.
Schnell schlüpfte sie wieder in den Handschuh und spähte aus der Grube. Den Mann am Steuer erkannte sie sofort – er hatte sie die Treppe hinuntergestoßen. Das Mädchen auf dem Rücksitz hingegen erkannte sie nicht. Sie war damals nicht mit auf dem Parkplatz gewesen.
Magdalena hatte die Kamera im Anschlag und machte eine Bildserie: Wie der Mann ausstieg, dem Mädchen die Autotür öffnete, es vor sich her die Treppe hinaufschob und an die Tür klopfte.
»Jetzt sieh zu, dass du das hinkriegst, Jens«, flüsterte sie.
Ein paar Minuten später ging die Tür wieder auf, und Magdalena machte sich in der Grube so klein wie möglich. Als sie über die Kante lugte, stand der Mann noch draußen und starrte rauchend in die Dunkelheit.
Sie ging sofort wieder in Deckung. Ihre Beine schliefen langsam ein, aber sie wagte nicht, sich zu rühren, ehe die Autotür zugeschlagen wurde und der Motor ansprang.
Vorsichtig streckte sie die Beine aus und versuchte, ihre Füße zu bewegen. Die Kälte drang ihr bis ins Mark, und ihre Knie schmerzten. Wie lang konnte so eine halbe Stunde eigentlich sein? Als sie auf die Uhr schaute, stellte sie zu ihrer Verzweiflung fest, dass erst eine Viertelstunde vergangen war.
Wie es wohl in der Hütte lief?, fragte sie sich. Ob Nils es schaffte?
Endlich hörte sie wieder Schritte die Treppe hinaufgehen. Als der Mann und das Mädchen herauskamen, blickte Magdalena über den Schneewall. Der Mann schob das Mädchen vor sich her zum Auto. Nachdem er sie auf den Rücksitz gestoßen hatte, schlug er die Autotür zu.
Magdalena konnte kaum erwarten, dass das Auto endlich verschwand. Ihre Knie gaben nach, sie hatte einen Krampf im Oberschenkel und in den Zehen kein Gefühl mehr.
Schwankend trat sie auf den Weg und ging zur Hütte zurück. Als sie in die Wärme kam, schoss Jens vom Sofa hoch.
»Es hat geklappt!«, rief er und streckte triumphierend die Arme in die Luft. »Verdammt, Magdalena, es hat geklappt!«
Magdalena musste vor Erleichterung und Freude lachen.
»Ja, wenn bloß die Aufnahme was geworden ist, aber das wird sie wohl«, sagte Jens. »Du hättest das Mädchen sehen sollen.« Er nahm die Kamera aus dem Sessel. »Es sah aus wie ein Skelett. Ganz weiß und blass und mager. Nur der Bauch war dick. Ich frage mich, ob es vielleicht schwanger ist.«
»Meinst du?«, fragte Magdalena und setzte sich aufs Sofa.
»Sicher kann man da nicht sein, aber es sah seltsam aus. Ich habe diesen Zuhälter dazu gebracht, ein bisschen zu erzählen. Sie suchen nach einer neuen Wohnung, und im Moment haben sie vier Mädchen. Es geht alles über die Pizzeria. Ganz im Ernst, Magdalena, das hier hat alle Erwartungen übertroffen.«
Er setzte sich neben sie auf das Sofa und stellte die Kamera auf den Tisch.
»Wenn ich keinen unbefristeten Vertrag bekomme, werde ich deinen Rat befolgen und auf die Schauspielschule gehen«, sagte er. »Jetzt lass uns mal gucken.«
Jens hielt das Display so, dass sie beide sehen konnten.
Magdalena starrte mit zusammengekniffenen Augen auf den kleinen Bildschirm und sah Jens zum Sofa gehen und sich setzen. Bald darauf kam das Mädchen, völlig lautlos. Ohne ein Wort zu sagen, fing sie an sich auszuziehen.
»You don’t have to«, sagte Jens.
Aber das Mädchen schien ihn nicht zu verstehen, sondern zog das Hemd über den Kopf. Obwohl sie so dünn war, war der Bauch unverhältnismäßig rund. Erst als Jens eine Hand hob und mit der anderen ihren Arm ergriff, hielt sie inne.
»Do you speak English?«, fragte er.
Das Mädchen, das jetzt mit nackten Brüsten vor ihm stand, sah nur verständnislos drein. Dann ging sie auf die Knie und begann, seinen Gürtel und seinen Hosenschlitz aufzumachen.
»No«, sagte Jens und nahm ihre Hände sanft beiseite.
Sie
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