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Mädchen im Schnee

Mädchen im Schnee

Titel: Mädchen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Schulman
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Pfanne, um sich noch mehr Hackfleischsoße aufzutun.
    Petra konnte Roy drinnen bellen hören, sah, wie Lasse den Hals reckte und etwas zur Haustür rief, was natürlich völlig vergebens war.
    Die Szene wärmte ihr das Herz. Wie zerbrechlich doch ihr gemeinsames Leben war, dachte sie und legte unterdessen eine alte Plastikdecke über die Windschutzscheibe, um sich am Morgen das Kratzen zu ersparen, und steckte den Stecker für die Standheizung ein. Nur eine dünne Glasscheibe trennte sie von der Dunkelheit, die draußen herrschte.
    Aber sie hatten noch einen Tag gehabt, und noch einen Abend lang würden sie eine Familie sein. Mutter, Vater, zwei Kinder. Zwar waren es inzwischen ziemlich große Kinder, aber doch immer noch Kinder. Keiner von ihnen war je ernsthaft erkrankt, keiner war überfahren oder ermordet worden, keiner war von zu Hause weggelaufen oder spurlos verschwunden. Sie war nie sonderlich religiös gewesen, doch an Tagen wie diesem hatte Petra das Gefühl, einer höheren Macht danken zu sollen, die sie offensichtlich wenigstens noch eine Zeit lang von Unglück verschonen wollte.
    Petra machte die Haustür auf und ging in die Knie, kraulte dem Hund das Nackenhaar und fuhr mit den Lippen über seinen weichen Kopf hin und her.
    »Da ist noch Essen für dich«, sagte Lasse, und schaute demonstrativ auf die Küchenuhr über der Tür, als sie in die Küche kam.
    »Ich weiß«, sagte sie und gab Lasse einen Kuss auf den Mund. »Sag nichts. Ich weiß schon.«
    Die anderen waren schon fertig mit dem Essen.
    »Hattest du nicht einen guten Vorsatz fürs neue Jahr?«
    Lasse kratzte mit dem Messer den letzten Rest auf seinem Teller zusammen und häufte ihn auf die Gabel.
    »Ein sechzehnjähriges Mädchen ist von seinen Eltern als vermisst gemeldet worden«, sagte Petra und nahm sich Teller und Besteck. »Ich musste noch ein paar Sachen nachsehen.«
    »Wenn doch alle Polizisten so wären wie du. Dann gäbe es in diesem Land keinen einzigen ungelösten Fall.«
    Petra setzte sich neben Lasse und streichelte ihm den Oberschenkel.
    »Ja, stell dir vor. Das wär doch gar nicht schlecht.«
    Petra fasste kurz an die Spaghetti – doch, die waren noch warm genug –, und hob sich mit der Gabel einen Schwung auf ihren Teller.
    »Vielleicht kennst du sie ja, Nellie«, fuhr Petra fort. »Hedda Losjö.«
    »Die aus Gustava?«
    Petra nickte.
    »Was, die ist vermisst?«
    »Ja, sie ist seit Neujahr nicht nach Hause gekommen, und jetzt haben ihre Eltern Vermisstenanzeige erstattet.«
    »Gott, was für eine Scheiße! Eigentlich kenne ich sie überhaupt nicht, aber auf dem Wandertag im Herbst habe ich ein bisschen mit ihr geredet. War nett.«
    Nellie fing an, an dem kleinen Silberstab in ihrer Augenbraue zu fingern, und schien ihren eigenen Gedanken nachzuhängen. Petra betrachtete das Schmuckstück und erinnerte sich, wie außer sich sie gewesen war, als Nellie vor einem halben Jahr nach Hause gekommen war und ihr das Piercing gezeigt hatte. Ihre entschiedene Ablehnung war sowohl für Nellie wie auch für sie selbst völlig überraschend gekommen. Normalerweise war sie viel toleranter gegenüber den Ideen der Kinder, doch diesmal nicht. Als sie aber nach einiger Zeit feststellte, dass Nellie immer noch dieselbe war, hatte sie sich wieder beruhigt.
    Inzwischen fand sie den Barbell fast schon schön, aber das hätte sie natürlich niemals zugeben.
    »Danke fürs Kochen«, sagte Hannes und stand auf.
    Auch Nellie erhob sich vom Küchensofa und fing an abzuräumen.
    Petra sah sich in der Küche um. Die Weihnachtssterne, die so üppig und schön gewesen waren, als sie sie gekauft hatte, hatten fast alle Blätter verloren. Wann war das denn passiert? Auf dem Fensterbrett lag Staub; das konnte man erkennen, obwohl nur die längliche Kiefernholzlampe über dem Tisch und die Neonröhren hinten über der Spüle an waren.
    »Wir sollten uns eine Putzfrau zulegen«, sagte Petra.
    »Au ja!«, rief Nellie an der Spüle.
    »Nein, Gott bewahre«, sagte Lasse mit Nachdruck.
    »Aber hier gibt es so viel zu machen, wir kommen einfach nicht nach. Und es wäre schön, wenn man in seinem bisschen Freizeit nicht auch noch putzen müsste.«
    »Aber ich helf doch auch«, sagte Lasse und klang gekränkt.
    Diesmal entschied sich Petra dafür, die Formulierung helfe auch zu überhören.
    »Liebling, du machst wirklich viel im Haushalt, so habe ich das nicht gemeint. Aber ich sehe doch, dass du auch erschöpft bist.«
    Lasse fuhr sich mit der Hand durchs Haar und

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