Mädchen im Schnee
schloss sich ihr an.
»Hallo, ich heiße Magdalena Hansson und arbeite für das Värmlandsbladet . Offenbar waren Sie es, die die Leiche gefunden hat, nicht wahr?«
Die Frau sah bleich aus und schien unter der Daunenjacke zu zittern.
»Können wir uns einen Moment hinsetzen und etwas reden?«, fragte Magdalena und versuchte, ruhig und vertrauenerweckend zu wirken. »Ich glaube, in meinem Auto ist es immer noch warm.«
Die Frau antwortete nicht, folgte ihr aber dennoch, und als Magdalena die Tür aufmachte, setzte sie sich auf den Beifahrersitz.
»Uh, mir ist so kalt.«
Magdalena ließ den Motor an, nahm den Gang raus und drehte die Heizung bis zum Anschlag auf.
»Wir beginnen am besten mit Ihrem Namen«, sagte Magdalena.
»Ulrica Thellin. Aber in der Zeitung möchte ich anonym bleiben. Das geht doch, oder?«
»Natürlich. Erzählen Sie bitte noch mal, was passiert ist.«
Die Frau schob die Hände unter ihre Oberschenkel, um sie aufzuwärmen, und dachte nach. Dann zuckte sie mit den Schultern.
»Ich weiß gar nicht, wo ich da anfangen soll. Als ich gesehen habe, dass draußen die Sonne scheint, bin ich mit dem Hund hierhergefahren, zu unserer Sommerhütte.«
»Wie spät war es, als Sie hier ankamen?«
»Weiß ich nicht genau. So kurz nach zwölf, würde ich meinen. Vielleicht halb eins. Ich bin ein wenig auf dem Grundstück herumgelaufen, und dann habe ich bemerkt, dass die Tür zum Erdkeller offen steht. Das kam mir komisch vor, denn wir achten sehr darauf, dass sie immer zu ist. Also bin ich hingegangen, und …«
Ulrica verstummte und strich ihre Jeans glatt. Als keine Fortsetzung kam, versuchte Magdalena, den Satz selbst zu beenden.
»Und dann lag sie da.«
»Ja. Als ich in den Keller spähte, habe ich zuerst nur einen Arm und eine Hand gesehen. Es war so dunkel da drinnen. Aber ich habe ein bisschen Schnee weggeschoben und die Tür etwas weiter aufgeschoben …«
Ulrica Thellin schauderte.
»Sie war so klein, dass ich erst dachte, es sei ein Kind. Das Gesicht war blutverschmiert. Vor Schreck hat sich mir gleich der Magen umgedreht.«
»Wie war sie gekleidet?«
»Sie war vollkommen nackt. Das alles war so unwirklich. Wer konnte sie nur dahingelegt haben? Und warum? Das kommt einem so durchdacht und geplant vor, und dann wieder gar nicht.«
Ulrica Thellin sah zur Hütte und dann zu Magdalena.
»Ich weiß nicht, was ich noch sagen soll. Jetzt muss ich gehen. Farouk sitzt schon im Auto.«
»Verstehe«, sagte Magdalena. »Haben Sie vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben. Passen Sie gut auf sich auf.«
Ulrica Thellin murmelte eine Antwort und machte die Autotür vorsichtig hinter sich zu. Magdalena blieb mit dem Block in der Hand sitzen. Sie wusste nicht, was sie von alldem halten sollte.
War es Hedda Losjö, die da in dem Erdkeller lag?
Magdalena schaute auf die Uhr im Armaturenbrett und warf noch mal einen Blick in den Rückspiegel. Es waren schon über zwei Stunden vergangen, seit sie die Zentrale angerufen und um einen Fotografen gebeten hatte, und jetzt war auch schon der Leichenwagen vor Ort. Warum brauchte der Fotograf nur so lange? Mordverdacht sollte doch wohl höchste Priorität haben. Jetzt fehlte nur noch, dass die Länstidningen mit einem ganzen Geschwader ankam, dachte sie und angelte das Handy aus der Jackentasche.
Kein Netz.
Magdalena ließ den Wagen an, fuhr an den Polizeiautos vorbei und wendete ein paar Hundert Meter entfernt an einer kleinen Abzweigung. Dann fuhr sie nach Gustavsfors zurück. Auf halber Strecke kam ihr der Reporter der Länstidningen , Linus Saxberg, entgegen.
»Scheiße, Scheiße, Scheiße«, murmelte sie vor sich hin.
Erst als Magdalena auf die Landesstraße eingebogen und fast den ganzen Weg nach Gustavsfors zurückgefahren war, erwachte das Handy wieder zum Leben und fing an zu summen. Vierzehn Anrufe in Abwesenheit.
Magdalena rief ihre Mailbox an.
»Hallo, hier ist Jens Sundvall, Fotograf. Ich habe versucht, der Wegbeschreibung zu folgen, die du mir gegeben hast, muss aber irgendwie falsch gefahren sein. Ruf mich an … Hallo, noch mal Jens. Ich bin nach Gustavsfors zurückgefahren. Stehe auf einem Parkplatz bei irgendeinem aufgegebenen Laden. Ruf mich an … Hallo, hier ist Jens …«
Magdalena drückte die Nachricht weg, ging auf Unbeantwortete Anrufe, blätterte bis zur Nummer des Fotografen und rief ihn zurück. Ungefähr gleichzeitig entdeckte sie das Auto vom Värmlandsbladet . Sie fuhr gleichauf, hupte und gestikulierte, was
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