Mädchen im Schnee
aber dafür kann sie ja nichts. Vor der musst du dich in Acht nehmen, vor allem, wenn du etwas Ungesetzliches getan hast. Sie schlägt jeden Mann hier im Haus im Armdrücken.«
»Glauben Sie bloß nicht alles, was er sagt«, meinte Petra. »Gegen Folke, unseren neuen Anwärter, habe ich nicht den Funken einer Chance. Soll ich euch auch einschenken?«
Magdalena nickte und hielt ihr die Tasse hin, die Christer ihr gegeben hatte.
»Arbeiten Sie schon lange hier?«, fragte sie.
»Mittlerweile seit fünfzehn Jahren«, erwiderte Petra. »Sie haben ganz frisch bei der Zeitung angefangen, oder? Ich habe Ihre Artikel über Hedda Losjö gelesen.«
»Vorige Woche war mein erster Tag. Aber ich war vor vielen, vielen Jahre schon mal als Volontärin beim VB .«
»Und nun haben Sie sich zurückgesehnt?«
»Ja. Oder besser gesagt, ich habe mich scheiden lassen, und brauchte ein paar neue Perspektiven fürs Leben.«
»Verstehe.«
Petra wollte noch etwas sagen, aber auf dem Flur waren eilige Schritte zu hören.
»Draußen vor Gustavsfors ist eine tote Frau gefunden worden, in einem Erdkeller!«, rief ein Mann, der wie dieser Bratt klang, mit dem sie zuvor telefoniert hatte. »Kommt! So schnell wie möglich!«
Magdalena musste sich zwingen, auf der schmalen, glatten Straße langsam zu fahren. Der Polizeifunk lief, und es fiel ihr nicht schwer, den Weg zu finden. Nach der Karte zu schließen, lag der Hof, der da genannt wurde, ganz in der Nähe der Sommerhütte ihres Großvaters, und da kannte sie sich aus.
Die Dämmerung fiel bereits, und sie hoffte, es würde nicht allzu lange dauern, bis der Fotograf aus Karlstad vor Ort sein würde. Während sie zur Redaktion zurückgerannt war, hatte sie schon in der Zentrale angerufen und Hilfe angefordert, da sie mit ihrer eigenen Fotoausrüstung im Dunkeln nicht sonderlich weit kommen würde.
Da kam endlich die Abzweigung. Magdalena fuhr langsamer und bog ab. Hier im Wald war es richtig finster. Ein paar Kilometer weiter musste sie das Auto anhalten und die Innenbeleuchtung einschalten, um die Karte richtig sehen zu können. Gut, noch ein paar Hundert Meter, dann die erste rechts.
Endlich sah sie zwei Streifenwagen am Straßenrand stehen. Aber keine weiteren Journalisten. Yes!
Als sie ausstieg, entdeckte sie Christer, der zwischen den Bäumen ein Absperrungsband spannte.
»Sorry, Magdalena«, sagte er und lächelte.
»Bitte!«
Magdalena legte den Kopf schief, aber auch das half nichts.
»Okay«, seufzte sie. »Kannst du wenigstens sagen, ob es Hedda Losjö ist?«
Sie holte den Block aus ihrer Tasche.
»Wir sind gerade erst hergekommen, also wissen wir noch nicht viel. Aber in dem Keller da liegt auf jeden Fall ein toter Mensch, so viel kann man schon sagen.«
Christer wanderte mit seiner Banderole weiter.
»Ermordet?«
»Kein Kommentar«, brummte Christer aus dem Dickicht.
Magdalena sah zu dem Erdkeller hinüber, und es schauderte sie. Es war viele Jahre her, dass sie einen Kriminalfall bearbeitet hatte. Beruflich gesehen war es in der letzten Zeit zumeist um Vliestapeten und Diäten gegangen. Jetzt merkte sie, dass ihr sowohl die Routine als auch die Distanz fehlten.
»Alter?«
»Keine Ahnung. Du musst später noch mal kommen.«
»›Kein Kommentar‹ und ›Du musst später noch mal kommen‹. Du klingst wie ein Politiker, Chrille, ist dir das klar?«, rief Magdalena ihm nach und schob den Block wieder in die Tasche.
Mann, war der widerspenstig!
Magdalena sah, dass die Tür zum Erdkeller offen stand und Petra Wilander vor der Hütte mit einer Frau sprach. Sie musste die Leiche gefunden haben, schloss Magdalena, nahm die Kamera zur Hand und machte ein paar Bilder.
Auf dem Display war hauptsächlich trübe Dunkelheit zu sehen. Ich muss versuchen, näher ranzukommen, dachte sie und stapfte am Absperrband entlang durch den harschigen Schnee. Nachdem sie ein Stück weit in den Wald hinaufgegangen war, hatte sie einen besseren Überblick über den Hof gewonnen und machte noch ein paar Bilder. Mit Hilfe des Zooms konnte sie auch die Frau, die Petra gerade verhörte, deutlich sehen.
Zwei Kriminaltechniker, die ihre Lieferwagen hinter Magdalenas Audi abgestellt hatten, kämpften sich mit schweren Taschen durch den Schnee. Kurz darauf leuch tete ein weißes Licht aus dem Erdkeller. Christer und einer der Techniker bauten schnell direkt vor dem Eingang des Kellers ein Zelt auf.
Das Verhör war jetzt offensichtlich beendet, und die Frau ging den Weg hinunter. Magdalena
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