Mädchen im Schnee
machen, dass er vertrauliche Informationen habe durchsickern lassen, war doch mehr, als er ihm zugetraut hatte.
Als das Telefon klingelte, riss er den Hörer hoch und schrie fast seinen Namen.
Am anderen Ende holte eine Frau kurz Luft.
»Hallo, Chrille. Ich bin’s, Magda.«
»Das höre ich«, sagte er kurz.
Am liebsten hätte er den Hörer gleich wieder aufgeworfen.
»Bist du sauer?«
»Du fragst, ob ich sauer bin?«, schnaubte er. »Ist dir klar, wie viel Ärger ich wegen deines Artikels und deiner Schnüffelei gekriegt habe?«
»Oje«, sagte Magdalena sanft. »Das wollte ich nicht.«
»Welch wunderbare Anteilnahme. Wirklich.«
»Es tut mir wirklich leid, wenn du für etwas, das ich gemacht habe, die Schuld in die Schuhe geschoben kriegst. Ist ja wohl klar, dass ich dir keinen Ärger einhandeln will.«
Sie schnurrt wie eine Katze, dachte er. Lernt man so was auf der Journalistenschule?
»Und wieso sollte mir das klar sein? Das Einzige, was dich derzeit interessiert, ist doch dein sogenannter Scoop. Kannst du nicht mal ein bisschen runterfahren und andere Menschen in Ruhe ihre Arbeit machen lassen? Es geht hier doch nicht nur um dich.«
»Aber Chrille.«
»Hör auf! Ich will kein einstudiertes Mitgefühl. Darf man fragen, von wem du diese Informationen hast?«
»Nein, das darf man nicht. Ich schütze …«
»… deine Quellen, ja, genau. ›Warum musst du immer so korrekt sein‹ – waren das nicht deine Worte?«
»Entschuldigung.«
»Weißt du was, ich habe gerade überhaupt keine Lust, mit dir zu reden. Tschüs.«
Ehe Magdalena antworten konnte, hatte Christer aufgelegt.
Dann blieb er völlig regungslos auf seinem Schreibtischstuhl sitzen und starrte auf den Dalavägen hinaus. In der Nacht war es wärmer geworden, und der nasse Schnee lag schwer. Er dachte kurz daran, dass er am Wochenende seinem Vater helfen müsste, das flache Garagendach freizuschippen.
Dieser verdammte Urban, dass er es wagte, ihn zu beschuldigen. Verdammte Magda.
Als es an den Türrahmen klopfte, sah er auf. Die Tür wurde ungewöhnlich langsam aufgeschoben, und Petra steckte den Kopf herein.
»Darf ich reinkommen?«
Petra setzte sich auf den Besucherstuhl an der Wand.
»Wie geht’s?«, fragte sie.
»Könnte besser sein.«
Einen Moment lang war es sonderbar still.
»Ich habe die Infos rausgegeben«, sagte Petra schließlich.
»Was sagst du da?«
Christer wandte den Blick von den Bäumen draußen ab und starrte seine Kollegin an.
»Entschuldige. Gott, es tut mir so leid. Das war superblöd von mir. Ich hätte wissen müssen, dass es dir angelastet werden würde. Magdalena ist verdammt gut darin, einen zum Reden zu bringen.«
Christer sagte nichts und starrte sie fortwährend an.
»Wir waren doch ganz sicher, dass das mit dem Schuss stimmt, und früher oder später würde es sowieso rauskommen. Und da habe ich gedacht, scheiß drauf. Dann soll lieber Magdalena die Info kriegen als jemand anders. Ich mag ihre Art, genau wie du.«
»Was soll das denn heißen, genau wie ich?«
»Ach, hör schon auf. Das sieht man doch sofort, dass du sie magst.«
Christer wich Petras Blick aus und wandte sich wieder der Aussicht auf den Dalavägen zu.«
Das sieht man doch sofort, dass ich sie mag?
»Es tut mir wirklich leid, Christer. Ich tu’s nie wieder. Ich habe gemerkt, dass Urban dich reinzureiten versucht, sowie er eine Gelegenheit dazu findet, aber mach dir einfach nichts draus.«
»Du hast gut reden.«
»Ja, schon klar. Aber wie auch immer, ich bin sicher, dass du Munthers Job kriegen wirst. Er kennt dich und weiß ganz genau, welches deine Stärken sind.«
Christer sah noch immer aus dem Fenster.
Petra beugte sich vor und legte die Hand auf Christers Knie. Sie schien genauso erstaunt über die Geste wie er.
»Es wird nie wieder vorkommen, das verspreche ich.«
»Wir vergessen es«, sagte Christer. »Aber das habe ich wirklich nicht von dir erwartet.«
10
Magdalena faltete die Samstagszeitung zusammen und warf sie aufs Sofa. Sie war nicht zufrieden. Ganz und gar nicht. Sie hatte überhaupt keine neuen Informationen rausklopfen können, sondern hatte sich mit dem Wenigen begnügen müssen, was Sven Munther auf der kurzen Pressekonferenz am Freitagnachmittag preisgegeben hatte. Weder Christer noch Petra waren da gewesen, nur dieser Urban Bratt, und wie sehr sie es auch versucht hatte, war den ganzen Abend lang keiner von den anderen erreichbar gewesen.
Auf Christer als Informationsquelle hatte sie ohnehin
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