Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
sehen, Sergeant Cole?«
Nein, nein, nein. Dani schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Lieber Gott, tun Sie ihm nichts.
»Dann kommen Sie jetzt schön brav mit.« Sie strich Dani übers Haar. »Sie besitzen etwas, das ich mir noch heute Nacht von Ihnen nehmen will.«
Sie waren auf dem Weg zu den Ketterings. In dieser Gegend war Mitch aufgewachsen. Der Golfclub lag gleich um die Ecke, so auch der See hinter den ruhigen Villen. Alles wirkte friedlich in der Dunkelheit. Diese Gegend mit den schmiedeeisernen Straßenlaternen und dem Geräusch der Gänse am Ufer des mondbeschienenen Sees war für Dani stets ein Viertel gewesen, von dem man nur träumen konnte.
Doch jetzt war es zum Alptraum geworden.
Mia wartete, bis Brad in die Garage gefahren war, dann schubste sie Dani vor sich her durch eine Stiefelkammer und die Küche in den Flur des Hauses. Dani dachte fieberhaft nach. Über Mitch und Neil, die feststellen würden, dass sie verschwunden war. Über Mia, deren Mutter Liza, und Kristina. Sie versuchte, aus dem, was sie wusste, schlau zu werden. Und nicht an Terence zu denken. Mitch würde sie schon bald in den Ausstellungsräumen erwarten. Und wenn sie nicht kam …
Bitte, Mitch, geh zurück ins Apartment. Nimm den Weg durch den Tunnel und finde Terence.
»Vorwärts.« Mias Stimme. Der Schalldämpfer ihrer kleinen Derringer bohrte sich in Danis Rücken. Brad ging vor ihr her, aber er schien sich nicht in dem Haus auszukennen. Mia erteilte ihnen die Befehle.
Sie zwang Dani, verschiedene Treppen hinaufzugehen, bis sie den geräumigen Dachboden des Wohnhauses erreichten.
Brad wollte die Tür öffnen, doch sie war verschlossen.
»Hier«, sagte Mia und reichte ihm einen Schlüssel.
Er schloss auf und öffnete. Mia schubste Dani hinter ihm her. Sie zog an einer Schnur, die von der Decke hing.
Ein schmaler Lichtkegel von einer Glühbirne erhellte den Türbereich, aber der Dachboden war so groß, dass Dani nicht viel erkennen konnte. Möbelstücke, Kartons, das übliche Sammelsurium eines Haushalts. Es war kühl hier oben, stellte sie fest, sie überlief eine Gänsehaut. Gern hätte sie sich über die Arme gerieben, aber die Kabelbinder waren so wirksam wie Handschellen und lagen in einer Stiftung für Fotokunst vermutlich in jeder Ecke herum. Dani hatte auf dem Weg hierher unentwegt an den Fesseln gezerrt, aber nichts erreicht, außer dass die Einschnitte in ihre Handgelenke anfingen zu bluten.
Sie dehnte den Hals und hoffte, dass sich das Klebeband weiter lockern ließe, wie schon dank ihres kondensierten Atems. Dabei bewegte sie unentwegt die Lippen. Ihre Wangen juckten.
»Bring sie hier entlang«, befahl Mia.
Brad zerrte Dani hinter Mia her an den Kartons und Möbelstücken vorbei in den hinteren Bereich des Dachbodens, wo es dunkler und kühler war. Mia zog einen Stuhl hervor und warf Brad ein Seil zu. »Fessle sie. Ich will mir ihretwegen nicht den Kopf zerbrechen müssen.«
Nein. Lieber Gott, nein. Dani versuchte, sich Brads Griff zu entwinden – sie durfte nicht zulassen, dass er sie an den Stuhl fesselte –, aber er brachte sie mit einem Bein zum Stolpern. Sie fiel zu Boden und prallte mit der Stirn auf die Dielen. So rasch es ihr ohne Einsatz der Hände möglich war, robbte sie voran und spürte, wie ihr dabei das Kleid über die Hüften rutschte und sich Holzsplitter in ihre Haut bohrten. Doch Brad war genauso schnell über ihr und zog sie zum Stuhl, wo er ihr kräftig mit dem Handrücken ins Gesicht schlug. Benommenheit überfiel Dani, während Mia noch immer die Waffe auf sie gerichtet hielt. Brad schnürte ihre Knöchel an die Stuhlbeine und fixierte ihren Oberkörper mit dem Seil an der Lehne.
Zum ersten Mal bekam es Dani ernsthaft mit der Angst zu tun.
Brad richtete sich auf und wischte sich die Hände an der Hose ab. Er blickte sich um und starrte in die Tiefen des Raums, zunächst ohne etwas zu erkennen. »Was, zur Hölle, ist denn das?«, hörte Dani ihn mit einem Mal ausrufen, sah aber alles nur noch verschwommen. Sie hatte sich bei ihrem Sturz an der Stirn verletzt, und das Blut tropfte ihr in die Augen. Außerdem hatte sie das Gefühl, dass ihre Nase über dem Klebeband ebenfalls blutete. Brad tat ein paar Schritte in die Dunkelheit und kehrte dann langsam zu Mia zurück. Seine Augen waren in dem Schummerlicht, das nur von der Glühbirne über der Tür gespeist wurde, weit geöffnet. Er sah Mia voller Entsetzen und Abscheu an. »Du bist vollkommen durchgedr…«
Fump, machte
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