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Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)

Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)

Titel: Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Brady
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Boden ab und betrat die Wohnung, wobei er den Impuls unterdrückte, laut nach Russ zu rufen. Russ war nicht mehr da.
    Dafür war jemand anderes hier.
    Mitch durchquerte das Wohnzimmer und sah im Schlafzimmer und in dem angrenzenden Bad nach. Dann ging er ins Arbeitszimmer. Es war die Stille, die ihn eintreten ließ, und dort, am Schreibtisch mit einem leeren Glas und einer fast leeren Flasche Scotch, saß Brad.
    »Mein Gott, nicht schon wieder«, entfuhr es Mitch, der die Flasche auffing, bevor Brad sie mit dem Ellbogen umstoßen konnte. »Du solltest dich zusammenreißen, mein Lieber.«
    Brad blickte ihn aus geweiteten Pupillen an. »Mitch, Mitch, Mitch. Der geliebte Sohn. Der nicht einmal sein Sohn war.«
    »Du bist besoffen, Mann«, erwiderte Mitch und wandte sich ab, um Brads Fahne zu entgehen.
    »Du kanntest ihn länger als ich. ›Onkel Russ‹«, lallte Brad. »Witzig, dass sein eigener Sohn ohne ihn aufwuchs, während er sich mit den Sheridan-Jungs zu Familiensonntagen traf, nicht wahr?«
    Mitch legte sich Brads Arme um die Schultern und hievte ihn hoch. »Russ wusste nicht, dass deine Mom mit dir schwanger war, als sie ihn verließ«, antwortete Mitch. »Damit hat meine Familie nichts zu tun.«
    »Das hat er auch immer behauptet«, lallte Brad. »Tut mir leid, mein Sohn, bis jetzt wusste ich nicht, dass es dich gibt. Mitch war für mich wie ein Sohn, doch du bist mein eigen Fleisch und Blut‹, hat er immer gesagt. ›Ich liebe dich.‹ Weißt du, manchmal habe ich ihm fast geglaubt.«
    »Russ hat dich geliebt.«
    »Nicht so sehr wie dich.«
    Mitch schob Brad durch Russ’ Wohnung und das Foyer zu Brads Wohnungstür. Brad würde sich morgen an kein Wort ihres Gesprächs mehr erinnern. Aber das war egal. Sie hatten diese Unterhaltung schon unzählige Male geführt. Vater liebt dich, aber mich akzeptiert er bloß, so lautete Brads ewige Litanei.
    Mit einem Mal gaben Brads Knie unter ihm nach, und er wäre Mitchs Griff um ein Haar entglitten. »Gib mir den Wohnungsschlüssel«, befahl Mitch. Er schloss die Tür auf, zerrte Brad in die Wohnung und ließ ihn auf einen Stuhl fallen. Einen Moment lang blieb er stehen und betrachtete den Mann, den Russell so gern lieben wollte, doch es fiel ihm schwer, Sympathien für ihn aufzubringen. Brad war betrunken, verbittert und rachsüchtig. So etwas wie Mitgefühl war reine Zeitverschwendung.
    »Bis dann, Brad.«
    »Er hätte ihr geholfen.«
    Mitch blieb stehen. »Wie bitte?«
    »Er hat dich angerufen, damit du es für ihn erledigst, und jetzt sind beide tot.« Brad fing an zu kichern, doch es klang mehr wie ein Glucksen, als müsste er sich gleich übergeben. »Das nennt man wohl Ironie. «
    »Wovon sprichst du?« Brad gab ihm keine Antwort. Mitch packte ihn am Kragen und riss ihn vom Stuhl hoch. »Was sollte ich für ihn erledigen?«
    Brad war wie Wackelpudding in Mitchs Händen und schien keinen festen Knochen mehr im Körper zu haben. Eine Sekunde lang wirkte sein Blick konzentriert – seine Iris war nur noch eine dünne Linie um die geweitete Pupille. Er starrte Mitch an. Dann ruckte sein Kopf zurück – und er spuckte Mitch an.
    Ein Teil der Spucke flog an Mitch vorbei, doch der dachte keine Sekunde lang nach, sondern holte aus und schlug mit der geballten Faust zu. Blut spritzte Brad aus der Nase, und er fiel wild um sich schlagend zu Boden und riss einen Stapel Papiere von einem Beistelltisch mit sich. Mitch wischte sich Brads Spucke mit dem Handrücken vom Kinn und holte erneut zum Schlag aus. Wut brannte in seinen Lungen. Doch dann hielt er inne. Brad war bewusstlos. Er hatte mindestens eine Flasche Scotch intus, und das war vermutlich nicht alles. Er bekam nichts mehr mit.
    Mitch fluchte und ließ von ihm ab. Ein letztes bisschen Ehrgefühl zwang ihn, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Er packte Brad am Kragen und lehnte ihn gegen das Sofa. So würde er wenigstens nicht an seinem eigenen Blut ersticken, das ihm durch die Nase in den Rachen lief. Dann sammelte er die Papiere auf und legte sie auf den Beistelltisch zurück. Das obere Blatt, ein Formular von OCIN, war von Brads Blut besprenkelt. Es war noch nicht ausgefüllt worden und trug keine Unterschrift. Brad würde es also nicht neu ausstellen müssen.
    Mitch richtete sich auf und wollte schon Tiftons Nummer wählen, hielt jedoch inne. Nein, das wollte er Dani überlassen.
    Im Flur griff er nach der Tüte mit den Sandwiches und ging nach oben. Dabei hatte er noch immer einen Puls von mindestens 160.

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