Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
eine Dreitausend-Dollar-Matratze auf dich wartet? Soweit ich es beurteilen kann, hast du das erste Mal seit drei Tagen wie ein Murmeltier geschlafen. Ich habe dich hierhergetragen.«
Dani sah kurz an sich hinab. Der oberste Knopf ihrer Bluse stand offen, ihre Kleidung war zerknittert.
Mitch ging auf sie zu und blieb nur wenige Zentimeter vor ihr stehen. »Nein«, sagte er, und seine Augen glitzerten. »Ich habe dich nicht vernascht, während du schliefst.«
»Davon bin ich auch nicht ausgegangen. Mein Gott, daran würde ich mich wohl gerade noch erinnern.«
Er strich ihr mit einem Finger über den Hals. »Das wirst du auch«, versprach er. Von seiner Berührung bekam Dani eine Gänsehaut. Mitch wies in Richtung Flur. »Das Badezimmer ist dahinten. Im Wandschrank findest du eine unbenutzte Zahnbürste. Trinkst du deinen Kaffee immer noch schwarz?«
Dani konnte nicht glauben, dass er Kaffee für sie gekocht hatte. Oder Speck gebraten. Oder irgendetwas anderes getan hatte. »Ich habe meine eigene Zahnbürste dabei. Und meinen Kaffee mache ich mir auch schon seit langem selbst.«
»Weiß ich«, erwiderte Mitch. »Aber das musst du hier nicht.«
Sie ging an ihm vorbei und ignorierte den Schauder, der ihr über den Körper rann. Sie musste cool bleiben. Mitch war in seinem tiefsten Herzen schon immer ein Mann gewesen, der die Probleme anderer lösen wollte – einfühlsam, zuvorkommend und beschützend. Und wenn sie ehrlich war und etwas aus ihren Psychologiekursen gelernt hatte, dann war sie in ihrem tiefsten Herzen jemand, dem das durchaus ein winziges bisschen gefallen könnte. Doch genau das machte ihr Angst. Am Ende würde sie sich noch daran gewöhnen, dass sich jemand um sie kümmerte. Oder würde es mögen. Oder würde sich – der Himmel bewahre – sogar darauf verlassen.
Dani machte sich fertig und ging dann in die Küche. Offenbar hatte Mitch Sanders’ Kühlschrank und die Speisekammer geplündert. Und mit einem Mal war es Dani vollkommen egal, dass sie verwöhnt wurde. Sie verschlang das Frühstück wie ein Mähdrescher.
»Ich höre mich heute mal auf den Straßen um«, sagte sie schließlich, während sie ein letztes Stück Toast mit Erdbeermarmelade aß. »Es gibt ein paar Leute, mit denen ich mich unterhalten möchte.«
»Ich komme mit.«
»Nein«, erwiderte sie. »Wenn du mich begleitest, wird mir kein Mensch auch nur ein Sterbenswörtchen verraten. Ich bin ja nicht allein und mitten in der Nacht unterwegs. Es ist helllichter Tag, unzählige Leute sind auf der Straße, und ich bin trainiert und bewaffnet.« Da Mitch sie misstrauisch ansah, entschloss sie sich, ein offenes Wort mit ihm zu sprechen. »Die Leute kennen dich, Mitch. Du ziehst die Aufmerksamkeit auf dich. Das kann ich nicht gebrauchen.«
»Du meinst, Chief Gibson könnte davon Wind bekommen.«
Das auch. »Ich melde mich später bei dir.« Dani schnappte sich ihre Jacke und ging zur Tür. Mitch folgte ihr. Sie hatte gerade die Wohnungstür geöffnet, als er einen Arm über ihren Kopf hinweg ausstreckte und die Tür wieder schloss. »Du wirst mich jede Stunde anrufen«, verlangte er. »Wenn auch nur eine Stunde vergeht, in der ich nichts von dir höre, lasse ich Gibson und Tifton nach dir suchen.«
»Ich komme schon zurecht, Mitch. Du musst dir keine Sorgen um mich machen.«
Er hielt ihren Kopf mit beiden Händen fest und küsste sie tief und leidenschaftlich. In seinem Kuss lag etwas Drängendes, dachte Dani und geriet ein wenig ins Schwanken.
»Mag sein«, antwortete er, und sein Blick drang ihr bis ins Mark. »Aber ich sorge mich eben.«
Sarah raste wie eine Irre über die Straßen, als legte sie es unbedingt darauf an, von einer Streife angehalten zu werden. Dabei schnatterte sie unentwegt von ihrer Schwester. Das nervte wahnsinnig, aber bald würde es vorbei sein. Sie war soeben auf die Highland-Brücke gefahren.
»O Gott.«
Sarah warf einen Blick neben sich auf den Beifahrersitz. »Was ist los? Fühlen Sie sich wieder nicht gut?«
»Oh.« Ein kleines Aufstoßen. »O nein.«
»Was ist denn?«, wollte Sarah wissen und blickte wiederholt zur Seite, musste sich jedoch wieder auf die Straße konzentrieren. Nur zwei enge Fahrspuren führten über die Brücke. In fünfzehn Metern Höhe.
»Ich … halten Sie an. Ich muss mich übergeben.«
»Aber ich kann hier nicht –«
»Brrch.« Das klang nach einem überzeugenden Würgen. Die Hand schön vor den Mund pressen, als bestünde die Gefahr, dass Sarahs Autositze gleich
Weitere Kostenlose Bücher