Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
Cancún.«
Verdammt. »Das ist Schwachsinn. Craig hasst die Mexikaner. Er würde nicht einmal einen Taco essen. Nie im Leben macht dieser Typ Urlaub in Cancún.«
»Ich meine ja nur.«
»Also hält er uns hin.«
»Sieht so aus.« Tifton schwieg kurz. »Es geht das eine oder andere Gerücht um, dass er versuchen wird, dich an Land zu ziehen, Dani. Jetzt, wo dein Vater nicht mehr ist.«
Sie schloss die Augen. Verdammt noch mal. Es war ihr gleichgültig, was Tifton aufschnappte, schließlich kannte er sie. Doch dass andere Kollegen darüber tuschelten … Manchmal wünschte sie, sie hätte nicht so stur darauf bestanden, Polizistin zu werden. Manchmal wünschte sie, einfach irgendwohin zu verschwinden, wo niemand sie kannte …
Fabelhaft. Dann war ihr Name also in aller Munde. »Tja«, sagte sie, »Gibson hat bereits vorgesorgt, oder? Immerhin geht er nicht das Risiko ein, dass ich Craig zu Rosie befrage.«
»Das war gar keine so dämliche Idee von ihm«, erwiderte Tift. »Denn damit schützt er dich vor Gerüchten, was Craig betrifft, und vor dem Mörder.«
»Hm, wie sage ich in letzter Zeit doch so gern? Ich kann selbst auf mich aufpassen.«
Dani unterbrach die Verbindung. Craig in Cancún – das glaubte sie keine Minute lang. Es war allerdings vollkommen untypisch für ihn, dass er abtauchte. Ty Craig zeigte sich gern in der Öffentlichkeit. Mit fetten Goldketten um den Hals, zwei heißen Frauen an seiner Seite, wie man es von einem Zuhälter erwartete, und zwei Bodyguards, die eines Kredithais würdig gewesen wären. Er lebte in einer Wohnanlage mit Luxusapartments, in der ihm drei Stockwerke gehörten, von denen er eines in ein Übungsgrün fürs Golfspiel verwandelt hatte. Seit dreißig Jahren konnte man ihm schon nichts anhaben, weil er seine dreckigen Machenschaften von Hintermännern erledigen ließ und beträchtliche Summen an gewisse Bürgermeisterkandidaten und hohe Beamte spendete.
Und den einen oder anderen Bullen schmierte. Typen wie Artie Cole und andere, die noch höher in der Hackordnung standen.
Dani verbrachte den Vormittag damit, sich durchzufragen. Sie sprach mit Spitzeln, Hehlern und Huren und suchte ihre Informanten auf. Von jedem hörte sie das Gleiche: Eine Blondine? Keine Ahnung. Ich kenne keine Blondine, die vermisst wird. Rosie habe ich seit Jahren nicht gesehen. Die Bullen haben mich das auch schon gefragt. Und Ty habe ich auch ewig nicht …
Doch dann, es war gegen halb drei am Nachmittag, hörte sie mit einem Mal etwas anderes. Es gab Gerüchte über Drogen, eine Verhaftung und darüber, dass Ty in den Bau wandern würde.
Dani rief Greg Holmes an, den sie zuletzt auf der Beerdigung ihres Vaters gesehen hatte.
»Hallo Nails«, begrüßte er sie, »hast du es dir doch anders überlegt? Wollen wir eine schöne Zeit miteinander verbringen?«
»Du hast doch sicher schon mal den Ausdruck ›Erst wenn die Hölle zufriert‹ gehört, oder?«
»Öfter, als du zählen kannst.«
Sie lächelte. Greg Holmes arbeitete seit fünfundzwanzig Jahren als verdeckter Drogenfahnder, und er spielte seine Rolle mit Leib und Seele. Sein graues Haar hing ihm in fettigen Strähnen um sein wettergegerbtes Gesicht, und er hatte stets eine Kippe im Mundwinkel und gelbe Fingerspitzen vom Rauchen. Seine Klamotten stammten aus dem Secondhand-Laden, und er wusch sie so selten, dass niemand, der auf der Straße lebte, an seiner Rolle gezweifelt hätte. Auf sein Konto gingen mehr Verhaftungen als auf das aller anderen Drogenfahnder zusammen. Das lag vor allem daran, dass er sich nicht damit aufhielt, ständig auf die Dienstvorschriften zu schielen. Für Holmes waren Vorschriften dazu da, missachtet zu werden, und Gesetze waren lediglich Empfehlungen.
»Ich brauche eine Information«, sagte Dani.
»Wie ich höre, bist du im Urlaub.«
»Ich suche Ty Craig.«
»Hast du das Spiel der Ravens am Sonntag gesehen?«
»Hör auf mit dem Quatsch. Wo ist Craig?«
Als Holmes schwieg, stellten sich Dani die Nackenhaare auf. Etwas lag in der Luft. »Wir haben da eine Nummer geplant. Aber von mir hast du das nicht.«
»Was plant ihr?«
»Es gibt ein geheimes Drogenversteck in einem von Craigs Clubs in der Brewer Street. Wenn er bis morgen Nacht nicht aufgetaucht ist, nimmt die Drogenfahndung den Laden auseinander.«
O Gott. »Und hast du ihm das Zeug untergeschoben?«
»Hey, ich bin Polizist. Ich habe geschworen, das Gesetz zu acht…«
»Ob du ihm das Zeug untergeschoben hast, will ich wissen«,
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