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Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)

Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)

Titel: Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Brady
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zum Fenster. Der Anblick, der sich ihr bot, ließ sie nach Luft schnappen. Keine Stadt. Nichts. Hier gab es nichts als Wald und Berge, soweit das Auge reichte. Die Sonne blitzte zwischen den Wipfeln der Bäume hindurch wie ein Karamellbonbon. Der Ausblick ähnelte den Bergen von North Carolina, wo sie aufgewachsen war. Dicht bewachsen von Bäumen, über denen der Morgendunst hing.
    Nika stiegen Tränen in die Augen. North Carolina. Ihre Eltern lebten dort. Hassten sie sie? Vielleicht. Jedenfalls hatte sie das geglaubt, als sie von zu Hause weggelaufen war. Weshalb hatten sie sich gestritten? Ach ja, es war um einen Jungen gegangen. Nika konnte sich nicht mehr an seinen Namen erinnern. Mike? Jeff? Wie merkwürdig, dass sie ihn vergessen hatte.
    Doch seither hatte es viele Männer gegeben. Mit ihren siebzehn Jahren hatte sie bereits mit Dutzenden geschlafen. Vielleicht sogar mit Hunderten.
    Nein, nicht mehr siebzehn. Nika sah sich nach einem Kalender um. Es gab zwar keinen, aber sie wusste, dass die erste Oktoberwoche angebrochen war. Also hatte sie Geburtstag gehabt. Nika war nun achtzehn.
    Eigentlich hieß sie auch nicht Nika Love. Ihr Name war Monika Wheeler. Sie war die Tochter eines Eisenwarenhändlers und einer Hilfslehrerin an einer Grundschule. Und Schwester eines nervigen kleinen Bruders, der ihr am Sonntagmorgen in der Kirche immer in die Rippen boxte. Sie fragte sich, ob Loopy, der Familienhund, wohl immer noch ihr Zimmer nach Stofftieren durchstreifte, wenn wieder jemand die Tür offen gelassen hatte.
    »Monika«, flüsterte sie und lauschte dem Klang ihrer Stimme. Es fühlte sich gut an, ihren Namen zu hören. Er kam ihr vor wie ein alter Freund, den sie vor langer Zeit verloren hatte. Sie schloss die Augen und erinnerte sich an Monikas Herkunft. Sie hatte Eltern. Ein Kinderzimmer und einen Hund. Eine Familie.
    Und jetzt ein Baby. Sie strich über ihren gewölbten Bauch und fragte sich, was ihre Eltern wohl dazu sagen würden. Würden sie Monika wieder bei sich aufnehmen? Nach all dem Gebrüll, den verletzenden Worten, den pubertären Vorwürfen, dass sie sie nicht verstanden oder liebten oder ihnen Wie-hieß-er-noch-gleich egal war? Würden sie das Baby als Familienmitglied akzeptieren? Oder wäre die Scham über das, was aus Monika geworden war, zu groß, und sie würden sie nicht mehr willkommen heißen?
    Ein Geräusch riss sie aus ihren Gedanken. Sie zuckte zusammen und wich zum Fenster zurück. Schwere Schritte kamen eine Treppe herauf. Sie sah sich um, doch es gab nichts, das sie als Waffe hätte verwenden können. Wieder zog sich alles in ihrem Unterleib zusammen. Sie krümmte sich nach vorn und hielt eine Hand unter ihren Bauch, als könnte sie den Schmerz dadurch verhindern.
    Mehrere Türschlösser klapperten, und kurz darauf wurde die Tür aufgestoßen. Der Kerl, dessen Gestalt den gesamten Türrahmen ausfüllte, war der Mann von gestern Abend.
    Monikas Instinkte versetzten sie in höchste Alarmbereitschaft. In den Jahren, die sie Männern zu Diensten gewesen war, hatte sie gelernt, in ihren Gesichtern zu lesen. Und dieser Mann war eiskalt.
    »Wie ich hörte, bist du auf«, sagte er unvermittelt. Offenbar legte er keinen Wert auf Smalltalk. »Ich soll darauf achten, dass es dir gutgeht.«
    Das erleichterte sie ein wenig. Ein gutes Zeichen. »Wo bin ich?«
    »Nennen wir es einen Erholungsort.«
    »Für das Baby? Aber ich habe mich anders entschieden. Ich möchte das Baby nicht weggeben. Ich will nach Hause. Sagen Sie dem Broker, dass ich ihm das Geld zurückzahle. Sagen Sie es ihm.« Monika kämpfte mit den Tränen. »Ich will einfach nur nach Hause.«
    Der Mann verzog das Gesicht zu einem Grinsen – das härteste, kälteste Grinsen, das sie jemals gesehen hatte. »Du dumme Schlampe«, sagte er, bevor er sich wieder der Tür zuwandte. »Du wirst nicht nach Hause gehen«, hörte sie ihn noch hinzufügen.

    Dani verließ das Wohnhaus der Stiftung, checkte im Motel ein, um zu duschen, und machte sich anschließend auf den Weg. Dabei warf sie wiederholt einen Blick über die Schulter und hielt nach einem grauen Sedan Ausschau, obwohl sie wusste, dass Chief Gibson die Interne abgezogen hatte. Andernfalls hätte es für den Einbruch in ihrem Haus Zeugen gegeben.
    Sie rief Tifton an. »Gibson wollte doch mit Ty Craig über Rosie sprechen«, sagte sie. »Was hat er erfahren?«
    » Nada. Wir bekommen Craig nicht zu fassen. Einer von seinen Schlägertypen behauptet, er mache Urlaub in

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